Strittige Szenen am 16. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati

Die nicht gegebenen Elfmeter für Wiesbaden und Großaspach, die Strafstöße für Köln und Großaspach, das Foul von Bischoff an Breitkreuz und der "verfrühte" Abpfiff beim Spiel Lotte-Meppen. Am 16. Spieltag hat sich Ex-FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati für liga3-online.de sieben strittige Szenen genauer angeschaut.

[box type="info"]Hintergrund: 25 Jahre lang war Babak Rafati Schiedsrichter, 2008 schaffte er es sogar auf die FIFA-Liste. Insgesamt leitete der heute 44-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit- und 13 Drittliga-Spiele. Seit Februar 2015 hat er eine neue Aufgabe: Exklusiv für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter jeden Spieltag die strittigen Entscheidungen des Wochenendes. Nach einer Vorauswahl durch die Redaktion sichtet Rafati das Video-Material und gibt eine kurze Einschätzung zu den jeweiligen Szenen ab. [/box]

Szene 1: Alf Mintzel (Wehen Wiesbaden) dringt den Strafraum ein und wird von Joshua Nadeau (Hansa Rostock) weggeblockt. Kein Elfmeter, sagt Schiedsrichter Markus Wollenweber. [TV-Bilder – ab Minute 0:55]

Babak Rafati: Der Schiedsrichter hat freie Sicht und kann den Zweikampf eigentlich sehr gut bewerten. Mintzel legt sich den Ball im Rostocker Strafraum an Nadeau vorbei und wird von diesem anschließend umgerannt. Hier kann nicht davon gesprochen werden, dass ein Zweikampf im Rahmen von Schulter an Schulter vorliegt, vielmehr handelt es sich um einen Bodycheck. Dabei hat Nadeau keine Chance mehr an den Ball zu kommen und hat es somit nur auf den Angreifer abgesehen. Hier hätte es Strafstoß für Wiesbaden geben müssen, sodass eine Fehlentscheidung vorliegt.

Szene 2: Für ein Foul an Patrick Breitkreuz (Wehen Wiesbaden) sieht Hansa-Kapitän Amaury Bischoff Gelb, die Wiesbadener fordern Rot. [TV-Bilder – ab Minute 40:15]

Babak Rafati: Erneut steht der Schiedsrichter sehr gut zum Geschehen. Bischoff geht sehr riskant mit offener Sohle in Richtung Ball und Gegner und trifft von Beidem etwas. Er hat dabei das Glück, dass er Breitkreuz nicht voll trifft, denn dieser kann sofort wieder aufstehen und sich bei seinem Gegenspieler beschweren. Glück für beide Spieler. Hier nur Gelb zu zeigen, ist angemessen und eine richtige Entscheidung des Schiedsrichters.

Szene 3: Im Strafraum wird Manuel Schäffler (Wehen Wiesbaden) von Julian Riedel (Hansa Rostock) an der Wade getroffen und geht zu Fall. Wollenweber lässt das Spiel weiterlaufen. [TV-Bilder – ab Minute 1:55:15]

Babak Rafati: Der Schiedsrichter wäre besser beraten gewesen, wenn er etwas eingerückt wäre, um näher zur Gefahrenzone zu stehen und sich dadurch einen besseren Blickwinkel zu verschaffen. Riedel sieht Schäffler nicht von hinten angelaufen kommen und will eigentlich den Ball spielen. Dabei trifft er aber im eigenen Strafraum den gedankenschnelleren Angreifer kurz und ansatzlos hinten in die Wade – den Ball spielt er nicht. Dadurch kommt der Angreifer zu Fall, sodass es Strafstoß für Wiesbaden hätte geben müssen. Somit liegt eine Fehlentscheidung vor.

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Szene 4: Ahmed Waseem Razeek (Rot-Weiß Erfurt) wird von Joseph-Claude Gyau (Sonnenhof Großaspach) im Mittelfeld gefoult und bleibt liegen, das Spiel läuft weiter. Anschließend erhält Großaspach einen Elfmeter, der zum 1:0 führt. Razeek moniert, dass die Partie hätte unterbrochen werden müssen. [TV-Bilder – ab Minute 4:20]

Babak Rafati: In dieser Szene nimmt Gyau im Mittelfeld seinen Arm zur Hilfe, stößt Razeek einfach weg und lässt ihm dadurch keine Chance an den Ball zu kommen. Ob er sich dabei wirklich derartig wehtut und deshalb zu Fall kommt, kann nicht beurteilt werden. Jedoch hat der Großaspacher seinen Arm regelwidrig eingesetzt, deshalb hätte der Schiedsrichter auf Foulspiel entscheiden müssen. Eine Fehlentscheidung, das Spiel weiterlaufen zu lassen.

Szene 5: Theodor Bergmann (Rot-Weiß Erfurt) bringt Timo Röttger (Sonnenhof Großaspach) im Strafraum zu Fall. Kein Elfmeter, sagt Schiedsrichter Patrick Alt. [TV-Bilder – ab Minute 1:29:20]

Babak Rafati: Der Schiedsrichter steht gut und deutet in seiner Zeichensprache nach dem Zweikampf von Bergmann erst auf Strafstoß – gut erkennbar durch den ausgestreckten Arm Richtung Punkt -, korrigiert sich aber fast zeitgleich und entscheidet schlussendlich auf Schwalbe. Nach Ansicht der Fernsehbilder liegt im eigenen Strafraum kein Kontakt von Bergmann gegen Röttger vor. Warum Röttger in dieser Szene trotzdem zu Fall kommt, ist fraglich. Eine richtige Entscheidung des Schiedsrichters, auf Schwalbe zu entscheiden und Röttger mit Gelb zu verwarnen.

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Szene 6: Nach einem Zuspiel aus abseitsverdächtiger Position gehen Robin Scheu (Fortuna Köln) und Nico Hammann (1. FC Magdeburg) zum Ball, kurz danach kommt der Kölner zu Fall. Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus entscheidet auf Elfmeter für Köln. [TV-Bilder – ab Minute 2:30]

Babak Rafati: Ein komplizierter Sachverhalt für das Schiedsrichtergespann. Das Zuspiel zum Kölner Angreifer kommt von einem Gegenspieler. Das lässt den Assistenten zum Schluss kommen, dass keine Abseitsposition vorliegt, was laut Reglement zunächst einmal auch korrekt ist.

Jedoch kommt in dieser Szene eine Ausnahme zum Tragen. Dadurch, dass das Zuspiel aus meiner Sicht nicht absichtlich erfolgt, sondern vielmehr die Folge einer Abwehraktion ist, wird diese Regel aufgehoben und der Angreifer befindet sich im strafbarem Abseits. Somit hätte es den Strafstoß nicht geben dürfen, da unmittelbar vorher eine Abseitsposition vorlag. Eine Fehlentscheidung, des Schiedsrichtergespanns.

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Szene 7: Nach einem Foul von Matthias Rahn (Sportfreunde Lotte) an Benjamin Girth (SV Meppen) gibt Schiedsrichter Oliver Lossius zunächst Freistoß, pfeift das Spiel kurz danach aber ab. [TV-Bilder – ab Minute 1:57:30]

Babak Rafati: Der Schiedsrichter verhält sich regeltechnisch korrekt. Wenn die Spielzeit abgelaufen ist, muss der Schiedsrichter nur einen Strafstoß ausführen lassen, einen Freistoß jedoch nicht. Sicherlich kann man aber die Frage stellen, ob es clever ist, das Spiel in solch einer Situation abzupfeifen.

   
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