"Wir haben die Schnauze voll": Stimmung bei RWE gekippt

Sie wird immer größer, die Krise bei Rot-Weiss Essen. Beim 0:3 gegen 1860 München kassierte RWE am Sonntag bereits die neunte Niederlage in dieser Saison und steht bei lediglich einem Sieg aus den letzten acht Partien. Die Stimmung bei den Fans ist gekippt, Häme inklusive. Ahmet Arslan verstand diese aber nicht als solche, zudem stärkte er Trainer Christoph Dabrowski, der nun um seinen Job bangen muss, mit einem flammenden Appell den Rücken.

"Die reagieren so, weil die hinter uns stehen"

Ohrenbetäubend laut war es, das Pfeifkonzert von den Rängen unmittelbar mit Abpfiff. Nachdem die Fans ihre Mannschaft lange lautstark unterstützt hatten, zündeten sie in der zweiten Halbzeit nacheinander mehrere Eskalationsstufen. Erst skandierten sie nach dem 0:2 "Wir wollen Euch kämpfen sehen", ehe es nach dem 0:3 "Wir haben die Schnauze voll" von den Tribünen schallte. Und als wäre das nicht schon deutlich genug gewesen, bedachten die Anhänger ihre Mannschaft in der Schlussphase, nachdem es zuvor ruhig gewesen war, auch noch mit hämischem Applaus, wenn etwa ein Torschuss vorbeiging. Viel deutlicher hätten die Fans ihren Frust nicht zum Ausdruck bringen können, Ahmet Arslan interpretierte die Häme aber anders: "Die reagieren so, weil die hinter uns stehen", sagte er bei "MagentaSport".

Dies hätten die Anhänger deutlich gemacht, als die Mannschaft im Anschluss an die Partie vor die Kurve gekommen war. Zunächst war sie dort mit lauten Pfiffen empfangen und zur Rede gestellt worden, ehe sie mit Applaus in die Kabine verabschiedet wurde. "Ich habe schon bei Vereinen gespielt, da nehmen dich die Fans nach so einer Leistung komplett auseinander", sagte Arslan, konnte den Frust von den Rängen aber nachvollziehen: "Die geben jede Woche Geld aus, die begleiten uns überall hin. Sie sind zu Recht sauer. Wenn ich da stehen und die Jungs so sehen würde, dann wäre ich auch sauer. Wir dürften uns nicht beschweren, wenn sie nicht mehr kommen würden."

Arslan brach Lanze für Dabrowski

Einen Boykott – es wäre die nächste Eskalationsstufe – braucht die Mannschaft wohl vorerst zwar nicht befürchten, dennoch ist die Stimmung nun gekippt. Das Team, so Arslans Rat, tue gut daran, den Abstiegskampf anzunehmen und nicht mehr "Hipp-Hipp-Hurra-Fußball" zu spielen. "Und umso schneller es jeder einzelne Spieler versteht, weil die drumherum haben es verstanden, dass es hier um Klassenerhalt geht", desto besser. "Daran müssen wir uns messen lassen." Die Spieler seien nun in der Pflicht, sich an die eigene Nase zu fassen, zumal das Trainerteam und der Staff rund um die Uhr alles für die Mannschaft tun würden. "Wenn irgendjemand aus der Mannschaft die Schuld von sich wegschiebt, der hat es dann nicht kapiert", fand der 30-Jährige deutliche Worte.

Diese wählte Arslan auch im Hinblick auf Trainer Christoph Dabrowski, der angesichts der aktuellen Krise verstärkt unter Druck gerät. "Ich habe selten einen Trainer erlebt, der eine Mannschaft, einen Verein so lebt. Wenn irgendein Spieler in der Kabine darüber redet, ob da vielleicht irgendwas anderes passieren muss, der muss dann auch von uns rasiert werden", brach der Offensivmann in einem flammenden Appell eine Lanze für den Coach.

"So reicht es nicht"

Dabrowski, der zuvor bei den Fans am Zaun war, sprach selbst von einem "bitteren Nachmittag" und einem "sehr fehlerbehafteten" Spiel seiner Mannschaft, der es offensiv einmal mehr an der Durchschlagskraft fehlte. Nur zwei Tore in den letzten vier Partien sprechen eine deutliche Sprache. Nicht zum ersten Mal in dieser Saison lief zudem alles gegen RWE: Erst gab es einen Elfmeter für 1860 (38.), dann ein frühes Gegentor zu Beginn der zweiten Halbzeit (49.) und schließlich auch noch eine rote Karte gegen Kraulich (60.).

Da war das Spiel bereits gelaufen, wenngleich RWE in Unterzahl die beste Phase im Spiel hatte. "Da kommt alles zusammen", hielt der 46-Jährige fest und wollte das Spiel erstmal sacken lassen, musste aber zugestehen: "So, wie wir dann in vielen Phasen in der zweiten Halbzeit aufgetreten sind, reicht es nicht, um Spiele zu gewinnen. Die Menschen hier wollen Emotionen sehen und dass man sich bedingungslos zerreißt." Diese Energie sei jedoch "nicht spürbar" gewesen. "Wir müssen uns die Kritik gefallen lassen, und das fühlt sich für den Moment extrem unbefriedigend an." An den Fans werde es nicht scheitern, "wir sind jetzt gefordert."

Dabrowski muss um Job bangen

Der Ex-Profi räumte ein, dass dem einen oder anderen Spieler die Leichtigkeit fehle, was er auf einen "Zermürbungskampf im Kopf" zurückführte. Essens Coach wünscht sich eine "Scheiß-Egal-Einstellung", in der Form, dass man die Negativerlebnisse abschüttelt und einfach sein Ding macht. Doch das ist natürlich einfacher gesagt als getan. In Gesprächen in den kommenden Tagen soll nun "in alle Richtungen" gedacht werden, etwa was die Grundordnung oder Spielerwechsel angeht. "Das ist mein Job. Ich versuche, die Dinge klar anzusprechen, werde dabei aber nicht wilde Sau spielen", betonte Dabrowski, der nun allerdings um seinen Job bangen muss.

"Fakt ist, wir haben noch zwei Spiele, und da müssen wir Punkte machen", blickte der 46-Jährige auf die Partien gegen Osnabrück und Stuttgart II voraus. Vor allem beim Kellerduell an der Breme Brücke am kommenden Sonntag sind drei Punkte nach nur einem Zähler aus den letzten vier Partien absolute Pflicht. Zumal RWE in der Tabelle mittlerweile auf den drittletzten Rang abgerutscht ist. Neben Kraulich wird dann allerdings auch noch Rios Alonso ausfallen, sodass Dabrowski die ohnehin schon nicht stabile Abwehr gleich doppelt umbauen muss.

   

Das könnte Sie auch interessieren

Auch interessant

Back to top button