Wie geht es weiter? Mehrere Szenarien denkbar
Die nächsten beiden Drittliga-Spieltage sind verlegt, damit haben sich die Klubs und der DFB Zeit verschafft. Im Rahmen einer außerordentlichen Sitzung wollen die Klubs am Montag über das weitere Vorgehen diskutieren. Denn klar ist: Überstanden ist das Coronavirus noch lange nicht – im Gegenteil. Mehrere Szenarien sind nun denkbar.
Szenario 1: Liga vorerst aussetzen
Weil Geisterspiele aus wirtschaftlichen Gründen für die meisten Drittligisten nicht infrage kommen, könnte die Liga vorerst ausgesetzt werden.
Pro: Den Klubs entsteht kein wirtschaftlicher Schaden, denn immerhin machen die Erlöse aus den Ticketverkäufen durchschnittlich 21 Prozent der gesamten Saisoneinnahmen aus.
Contra: Die Teams kommen aus dem Rhythmus, zudem wäre völlig unklar, wann wieder gespielt wird.
Wahrscheinlichkeit: 75 Prozent
Szenario 2: Geisterspiele
Um den Spielbetrieb nicht für Wochen zum Erliegen zu bringen, könnte die Saison vorerst ohne Zuschauer fortgesetzt werdenr.
Pro: Durch die Fortsetzung des Spielbetriebs unter Ausschluss der Öffentlichkeit werden Englische Wochen vermieden, zudem kann sichergestellt werden, dass die Saison wie geplant am 16. Mai abgeschlossen werden würde.
Contra: Geisterspiele sind für die meisten Drittligisten aus finanziellen Gründen keine Option, allein dem MSV Duisburg würden bei jedem Heimspiel ohne Zuschauer Einnahmen in Höhe rund 260.000 Euro verloren gehen. Bei Klubs wie Eintracht Braunschweig und dem 1. FC Kaiserslautern dürfte der Verlust noch höher sein. Ein oder vielleicht auch zwei Spiele ohne Zuschauer könnten die Klubs möglicherweise noch verkraften, doch alles was darüber hinaus geht, wäre existenzbedrohend. Ein Beispiel: Sollten im extremsten Fall alle Partien bis zum Saisonende als Geisterspiele ausgetragen werden, würde das dem MSV rund 1,56 Millionen Euro kosten.
Wahrscheinlichkeit: 5 Prozent
Szenario 3: Saison verlängern
Weil durch die Verlegungen ganzer Spieltage mehrere Englische Wochen in Folge drohen, könnte die Saison um einige Wochen verlängert werden.
Pro: Der Spielplan wird entzerrt und die Belastung der Klubs im April und Mai verringert. Die Kader der Teams sind, anders als in der Bundesliga, nicht darauf ausgelegt, mehrere Englische Wochen hintereinander zu bestreiten. Die Folge wäre eine Verzerrung des Wettbewerbs.
Contra: Weil unmittelbar nach der Saison die Relegationsspiele des Dritten gegen den Drittletzten der 2. Bundesliga anstehen, kann der DFB die Saison nicht im Alleingang verlängern, da sonst ein Nachteil für die Drittligisten entstehen würde. Die DFL müsste mitziehen. Zudem könnte die Saison maximal bis Ende Juni verlängert werden, da es sonst Probleme mit den Verträgen geben könnte, die lediglich bis zum 30. Juni laufen.
Wahrscheinlichkeit: 50 Prozent
Szenario 4: Saison abbrechen
Um ein Terminchaos zu verhindern und die Gesundheit von Fans, Spielern und Mitarbeitern zu schützen, kommt auch die radikalste Lösung in Betracht.
Pro: Die Deutsche Eishokey-Liga (DEL) hat es vorgemacht: Die Playoffs fallen aus, einen Meister gibt es nicht. Weil sich das Coronavirus wohl noch weiter ausbreiten wird, ist auch im Fußball ein Abbruch der Saison nicht mehr unwahrscheinlich. Denn was passiert, wenn ein Spieler – anders als Hannovers Timo Hübers – erst nach dem Kontakt mit den Mannschaftskollegen positiv getestet wird? Die Auswirkungen wären massiv: Das gesamte Team müsste nach den aktuellen Bestimmungen für zwei Wochen in Quarantäne.
Und nicht nur das: Auch sämtliche Mitarbeiter des Vereins könnten infiziert sein, ebenso wie die letzten gegnerischen Mannschaften. Immerhin beträgt die Zeit zwischen der Ansteckung und dem Ausbrechen der Infektionskrankheit 14 Tage. Der Spielbetrieb würde völlig zum Erliegen kommen, Chaos wäre die Folge. Und weil die Zahl der Infizierten in Deutschland immer weiter steigt und wohl noch lange nicht auf ihrem Höhepunkt angekommen ist, scheint es nur eine Frage der Zeit zu sein, ehe sich auch ein Drittliga-Spieler infiziert. Vielleicht ist das sogar bereits der Fall, nur bemerkt wurde es noch nicht. Die NBA hat bereits gehandelt und den Spielbetrieb nach nur einem infizierten Spieler auf unbestimmte Zeit eingestellt – ein kompletter Abbruch scheint nicht ausgeschlossen.
Bliebe die Frage nach dem Auf- und Abstieg. Eine Möglichkeit: Die ersten zwei oder drei Teams der aktuellen Tabelle steigen in die 2. Bundesliga auf, die vier Letzten bleiben drin. Ähnlich könnte man in der 2. Liga verfahren, sodass die Bundesliga auf 20 oder 21 Teams aufgestockt wird. Die zusätzlichen Spiele in der kommenden Saison könnten den wirtschaftlichen Schaden der abgebrochenen Serie etwas kompensieren.
Eine weitere Option wäre, die Auf- und Absteiger über Playoffs zu ermitteln. Das käme zumindest einem sportlichen Gedanken gleich. Fraglich wäre allerdings, wann diese Partien stattfinden sollen. Die vier Aufsteiger aus der Regionalliga könnten ebenfalls über ein Playoff-System ermittelt werden. Oder man lässt fünf Teams aufsteigen, sodass die 3. Liga auf 22 Teams aufgestockt werden würde. Sicherlich keine optimalen Lösungen, aber einen Königsweg gibt es wohl nicht.
Contra: Einfach die Mannschaften aufsteigen zu lassen, die momentan ganz oben stehen, hat wenig mit einem sportlichen Wettbewerb zu tun. Gerade in der 3. Liga werden sich viele Klubs, die nur knapp hinter den oberen Rängen liegen, massiv benachteiligt fühlen – auch, weil es um viel Geld geht. Darüber hinaus würde der Rahmenterminkalender in der kommenden Saison noch enger werden.
Auch wirtschaftlich wäre ein sofortiger Abbruch ein herber Schlag, schließlich würden die noch ausstehenden Heimspiele allesamt wegfallen. Enorme Verluste wären die Folge – und das nicht nur im Hinblick auf die Ticketverkäufe. Auch Sponsoren könnte Gelder für nicht erbrachte Werbeleistungen zurückziehen, ebenso die TV-Anstalten.
Wahrscheinlichkeit: 30 Prozent
liga3-online.de meint
Zunächst gibt es keine andere Option, als die Saison mit ihren elf noch ausstehenden Spieltagen vorläufig aussetzen – zumal in vielen Bundesländern nach aktuellem Stand noch mindestens vier, teilweise sogar fünf Wochen lang keine Großveranstaltungen erlaubt sind. Damit im April und Mai, sollte bis dahin wieder gespielt werden dürfen, nicht Englische Wochen en masse drohen, muss die Saison darüber hinaus um mindestens vier Wochen verlängert werden. Die Absage und die Verschiebung der EM um ein Jahr ist unausweichlich – hier ist nun die UEFA gefordert. Geld hin oder.
Die Saison dagegen sofort abzubrechen, ist nach Lage der Dinge noch zu radikal. Sollte sich das Coronavirus aber stärker ausbreiten als befürchtet und auch Spieler betreffen, ist ein Abbruch trotz aller drohenden wirtschaftlichen Schäden wohl unvermeidlich. Das sonst entstehende Chaos wäre zu massiv – und die Gesundheit aller Beteiligten steht am Ende immer noch im Vordergrund.