"Weltklasse" und "Gänsehaut": So feierte Hannover II den Aufstieg
In einem dramatischen Rückspiel der Aufstiegsplayoffs, in dem die Entscheidung erst im Elfmeterschießen fiel, setzte sich die U23 von Hannover 96 am Sonntag gegen die Würzburger Kickers durch und spielt in der kommenden Saison nun erstmals überhaupt in der 3. Liga. Der Jubel war riesengroß.
Uhlmann behält die Nerven
Viel größer hätte der Druck auf Eric Uhlmann als fünfter 96-Schütze im Elfmeterschießen kaum sein können. Nachdem alle vier vorherigen Hannoveraner verwandelt hatten und Würzburg einmal gescheitert war, lag es am 21-Jährigen, alles klar zu machen. Doch von Nervosität war beim Mittelfeldspieler nichts zu spüren, stattdessen knallte er den Ball in den Winkel und schoss seine Farben damit in die 3. Liga.
Nur Sekunden später stürmten auch bereits die ersten Fans auf den Platz. Zunächst versuchten die Ordner noch, die Anhänger davon abzuhalten, doch nachdem immer mehr Menschen in Richtung Rasen liefen, wurden die Fluchttore geöffnet, woraufhin sich der Platz binnen weniger Minuten mit tausenden Fans füllte. Einige Anhänger hatten zwar nichts Besseres zu tun, als in Richtung der mitgereisten Würzburger Fans zu laufen und diese zu provozieren, doch andere wiederum trösteten auch die am Boden liegenden Würzburger Spieler.
"Einfach atemberaubend"
Auch 96-Coach Daniel Stendel zeigte auf dem Platz ebenfalls Mitgefühl mit den Kickers und musste sich im Interview mit "MagentaSport" dann erstmal sammeln. "Unglaublich, es war ein Auf und Ab. Am Ende hatten wir das Glück des Tüchtigen auf unserer Seite. Ich habe Gänsehaut." Dass seine Mannschaft über 120 Minuten und dann auch noch im Elfmeterschießen durchgezogen habe, sei "Weltklasse", lobte der 50-Jährige, der in der kommenden Saison erstmals in seiner Karriere in der 3. Liga auf der Bank sitzen wird. "Darauf freue ich mich extrem."
Und wie stark ist Stendel im Feiern? "Das werden wir heute testen. Ich denke, dass ich die Sonne morgen früh sehen werde", grinste der 96-Coach, ehe er eine Bierdusche abbekam. "Bisher kannte ich Bierduschen nur aus dem Fernsehen, deshalb bin ich froh, dass ich das heute mal mitmachen durfte."
Über Uhlmann sagte er: "Ich wusste, dass er ihn reinmacht." Der Siegtorschütze selbst berichtete: "Im Moment des Elfmeters war ich so kaputt, ich konnte gar nicht so viel darüber nachdenken. Ich habe mir im Kopf gesagt: 'Hau das Ding rein und gut ist'." Sowas so früh in der Karriere zu erleben, sei "einfach atemberaubend. Wir haben es genossen, wir haben es wortwörtlich gelebt, alles dafür gegeben und werden jetzt ordentlich feiern. Nach dem Jubel war ich begraben unter 50 Leuten. Danach mit den Jungs und den Fans zu feiern – das ist der Grund, warum wir Fußball spielen. Das ist einfach nur geil", sagte der 21-Jährige.
"Jetzt brauche ich erstmal ein Bier"
Julian Börner, der als einer von fünf Profispielern zur U23 beordert worden war, hielt sich indes zurück und setzte sich nach Spielende auf die Bank. "Die Jungs sollen sich feiern lassen, das sind die Hauptdarsteller." Er selbst wird in der kommenden Saison als Führungsspieler jedoch ein Teil der zweiten Mannschaft sein. "Eigentlich war meine Profikarriere vorbei, jetzt geht sie in der 3. Liga doch weiter", stellte der 33-Jährige mit einem Lachen fest, ehe er entspannt in den Sitz zurückfiel. "Jetzt brauche ich erstmal ein Bier." Und als hatte es jemand gewusst, bekam er genau in diesem Moment ein XXL-Bierglas gereicht, aus dem er einen ordentlichen Schluck nahm.
Julian Börner einfach König. #h96fwk pic.twitter.com/ysuxKhhtTB
— Lennart Wermke (@lennartwermke) June 2, 2024
Keeper Weinkauf wird zum Helden
"Einfach nur geil, das ist Fußball, Emotion pur. Das ist eine Riesenerfahrung. Der Support war gigantisch. Dass wir die besten Fans in Deutschland haben, durfte ich die letzten drei Jahre bereits erleben. Dass sie heute auch die U23 so supporten, dass ist unfassbar, das haben sich die Jungs aber auch verdient. Die Jungs haben heute 96-Geschichte geschrieben", so Börner weiter.
Direkt neben ihm saß Torhüter Leo Weinkauf, der im Elfmeterschießen zum Helden avancierte – und das im Duell mit Sané sogar doppelt. Denn weil er beim ersten abwehrten Schuss des Würzburgers zu weit vor der Linie stand, musste der Elfmeter wiederholt werden. Doch auch hierbei blieb Weinkauf Sieger. Der 27-Jährige sprach von einer "riesen Erleichterung" und gab an: "Es braucht jetzt erstmal ein paar Tage, um das zu verdauen." Gleichzeitig dachte er auch an Torhüterkollege Toni Stahl, der während der Saison als Stammkeeper fungierte. "Er hat einen großen Anteil am Aufstieg."
Drehbuch? "Hätte man nicht besser schreiben können"
Durch diesen spielt 96 II nun erstmals in der 3. Liga, darüber hinaus ist zum ersten Mal in der Drittliga-Geschichte die U23 eines Zweitligisten drittklassig. "Die Jungs haben sich das absolut verdient. Sie haben nochmal das aufs Feld gebracht, was sie das ganze Jahr gezeigt haben", befand Sportchef Marcus Mann und meinte: "Dieses Spiel hatte genau einen Sieger verdient – und das waren wir. Auch wenn es mir für Würzburg leidtut. Das Drehbuch hätte man nicht besser schreiben können." In Richtung der 25.000 Fans im Stadion sagte er: "Das war grandios und Werbung für Hannover 96. In den entscheidenden Momenten haben sie den letzten Push gegeben."
Verrückte Dinge wollen die Niedersachsen nach dem Aufstieg ihrer zweiten Mannschaft nun aber nicht machen: "Uns ist bewusst, was uns in der 3. Liga erwartet. Es wird weiterhin um Talentförderung gehen, um Spieler an die Profis heranzuführen." In Person von Top-Torjäger Lars Gindorf (22 Tore), der bei den Aufstiegsspielen nicht dabei war, hat das in der zurückliegenden Serie bereits geklappt. Weitere Akteure sollen folgen. Doch am Sonntag wurde erstmal gefeiert.
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— Ein Hannoveraner (@EinHannoveraner) June 2, 2024