Was aus früheren Drittligisten geworden ist #5: Aachen

In der neuen Saison sind mit Essen, Bayreuth und Oldenburg gleich drei Teams erstmals in der 3. Liga vertreten. Dadurch erstreckt sich das Teilnehmerfeld in der dritthöchsten Spielklasse auf mittlerweile 66 Teams. Während einige Klubs (Union Berlin, RB Leipzig) den ganz großen Sprung nach oben geschafft und sich in der Bundesliga etabliert haben, sind andere Teams von der ganz großen Bühne vorerst verschwunden. Auf diese Vereine blickt liga3-online.de in seiner Serie. Heute: Alemannia Aachen.

Aachen geht in die zehnte Regionalliga-Spielzeit

Ein Jubiläum, das wohl nur die wenigsten Anhänger von Alemannia Aachen feiern: Der Traditionsverein bestreitet in der neuen Saison 2022/2023 bereits die zehnte Spielzeit in Serie in der vierklassigen Regionalliga West. Dabei waren die Schwarz-Gelben lange Zeit aus dem Profi-Fußball kaum wegzudenken. Noch in der Saison 2007/2008 war Aachen in der Bundesliga im Einsatz. Nach dem Aufstieg 1999 aus der damaligen drittklassigen Regionalliga West-Südwest in die 2. Bundesliga war der Turn- und Sportverein sogar bis 2013 durchgängig in einer der drei höchsten Spielklassen vertreten.

Ein Highlight neben der zwischenzeitlichen Rückkehr in das Bundesliga-Oberhaus: Die Teilnahme am UEFA-CUP in der Saison 2004/2005. Als damaliger Zweitligist spielte sich der Klub vom Dreiländereck (Grenze zu den Niederlanden und Belgien) in der Vorsaison bis ins Finale des DFB-Pokals durch. Auf dem Weg ins Endspiel schaltete Aachen FC Rot-Weiß Erfurt (4:3 im Elfmeterschießen), den TSV 1860 München (5:4 im Elfmeterschießen), Eintracht Braunschweig (5:0), den Rekord-Pokalsieger und Titelverteidiger FC Bayern München (2:1) sowie Borussia Mönchengladbach (1:0) aus. Erst bei der letzten Hürde, dem SV Werder Bremen (2:3), wurde der Durchmarsch beendet und damit dem größten Erfolg der Vereinsgeschichte ein Strich durch die Rechnung gemacht. Immerhin qualifizierte sich Alemannia Aachen durch die Finalteilnahme als Zweitligist für den UEFA-Pokal.

Zu den Pokal-Helden von damals gehörten unter anderem Erik Meijer, der nach seiner Karriere auch als Analyst beim Pay-TV-Sender Sky glänzt, Willi Landgraf (heute Co-Trainer bei der U 23 des FC Schalke 04) und Cristian Fiel (Trainer der U 21 des 1. FC Nürnberg).

Vormarsch bis in die KO-Phase des UEFA-Pokals

Auch die anschließende Saison – weiterhin als Vertreter der 2. Bundesliga – war mit der Teilnahme am Europa-Pokal von Erfolg gekrönt. In der 1. Runde des UEFA-Pokals übersprangen die Schwarz-Gelben mit Leichtigkeit die Hürde. Gegen den isländischen Vertreter setzte sich die Alemannia bereits im Hinspiel auswärts souverän 5:1 durch und brachte den Vorsprung im Rückspiel im heimischen (alten) Tivoli (0:0) problemlos über die Zeit.

In einer mit internationalen Größen des europäischen Fußballs besetzten Gruppe (FC Sevilla, OSC Lille, Zenit St. Petersburg und AEK Athen) landeten die zu dem Zeitpunkt von Dieter Hecking trainierten Aachener auf dem dritten Platz und zogen in die KO-Phase ein. In der Runde der letzten 32 Teams gab es gegen den niederländischen Klub AZ Alkmaar (1:2 nach Hin- und Rückspiel) allerdings kein Weiterkommen, sodass der Ausflug im europäischen Pokalwettbewerb nach insgesamt acht Begegnungen beendet war.

Finanzielle Probleme durch Tivoli-Neubau

Große Erfolge – wie die Teilnahme am UEFA-Pokal und auch der Aufstieg in die Bundesliga – bringen bekanntlich auch größere Erwartung mit sich. Unter anderem entschied sich der Verein dazu, mit dem Neubau des Tivoli zu beginnen. Weil die Kosten der neuen Heimspielstätte aber nicht von vorne bis hinten gut durchdacht waren, kam es letztlich zu einem finanziellen Engpass. Die Folge: Leistungsträger mussten verkauft werden, sodass in der Saison 2011/2012 der Abstieg in die 3. Liga nicht mehr verhindert werden konnte.

Gelöst war die Geldnot in Aachen aber auch in der bislang einzigen Spielzeit in der dritthöchsten Spielklasse noch nicht. Ganz im Gegenteil: Im November 2012 beantragte der Verein erstmals die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Die Saison konnte der TSV Alemannia zwar noch zu Ende spielen. Mit lediglich 26 Zählern auf dem Konto landete Aachen allerdings auf dem 20. und damit letzten Platz und setzte sein Abenteuer fortan in der Regionalliga West fort, wo Aachen noch heute vertreten ist.

Zuschauerrekord für die Ewigkeit

Wer nun gedacht hat, dass das Gröbste überstanden sei, liegt falsch. Nachdem Anfang 2014 das erste Insolvenzverfahren beendet wurde, sorgte der Verein nur wenige Jahre später (im März 2017) mit einem weiteren Insolvenzantrag erneut für negative Schlagzeilen. Immerhin: Große Auswirkungen auf den sportlichen Betrieb hatte der zweite finanzielle Engpass zumindest nicht. Trotz eines Abzugs von neun Zählern schloss Alemannia Aachen die Spielzeit 2016/2017 auf dem siebten Tabellenplatz ab.

Unvergessen bleibt allerdings eine Bestmarke, die sich der Tivoli-Klub noch bis heute auf die Fahne schreiben kann. Zum Restrunden-Auftakt der Saison 2014/2015 empfing Alemannia Aachen als Tabellenführer den zu dem Zeitpunkt ärgsten Verfolger Rot-Weiss Essen im heimischen Tivoli. Stolze 30.313 Zuschauer strömten zum Spiel, das die Alemannia letztlich 1:0 für sich entschied und damit die Tabellenführung ausbaute. Bis heute einsame Spitze.

Zur Meisterschaft reichte es aber trotzdem nicht. Am Ende der Spielzeit thronte die U23 von Borussia Mönchengladbach mit einem Punkt vor Aachen an der Spitze. Die Alemannia wurde Zweite. Den Zuschauer-Rekord in der viertklassigen Regionalliga hält der im Jahr 1900 gegründete Traditionsklub aber noch immer. Ein Wert, von dem noch so einige Drittligisten nur träumen können. Und vielleicht kann Alemannia Aachen diese Zahlen eines Tages in der 3. Liga wiederholen. Mit dem Tivoli als Heimspielstätte ist die der Verein zumindest im Bereich der Infrastruktur schon gut aufgestellt.

   

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