Warum der Hallesche FC das Überraschungsteam der Liga ist

Der objektive Beobachter zollt dem Drittliga-Aufsteiger Hallesche FC mächtig Respekt. Größtenteils mit dem Aufstiegskader hat Trainer Sven Köhler es schaffen können, nach acht Spieltagen einen respektablen 7. Rang für das Team aus Sachsen-Anhalt zu erreichen. Je drei Siege und drei Unentschieden ergeben beachtliche 12 Punkte bei einem ungewöhnlichen Torverhältnis von 6:4, welches die Stärken und Schwächen gleichermaßen zum Ausdruck bringen. liga3-online.de analysiert die Stärken und Schwächen der Hallenser und erklärt, warum der HFC so gut aus den Startlöchern kam. 

Bittere Heimpleiten

Es konnten immerhin schon zwei Heimsiege gegen die vor der Saison hochgehandelten Teams aus Offenbach und Erfurt bejubelt werden. Auch beim unbequemen Gegner SV Babelsberg 03 konnte nach einer kämpferisch ansprechenden Leistung ein dreifacher Punktgewinn gefeiert werden. Jedoch mussten auch äußerst bittere Heimniederlagen gegen die besser platzierten Mannschaften aus Münster und Unterhaching verkraftet werden. Drei Unentschieden in Karlsruhe, bei den Stuttgarter Kickers und zuletzt im Derby beim Chemnitzer FC komplettierten die bisherige Zwischenbilanz des HFC, der es hervorragend verstanden hat, die kämpferische Komponente in der Defensive mit der spielerischen Leichtigkeit im Offensivbereich zu kombinieren.

Ansprechende Spielerachse

Ohne Frage ist die Eingespieltheit der Mannschaft, die in Akteuren wie den Torwart-Routinier Horvat, Abwehrspieler Mouaya, Mittelfeld Wagefeld und Angreifer Pichinot die Korsettstangen hat, die auch für die notwendige Stabilität im laufintensiven Spiel der Hallenser sorgen. Daneben gibt es Akteure aus der eigenen Bundesliga-Juniorenvertretung wie Mast, Carl oder auch Lindenhahn. Der Erfolgscoach Sven Köhler begründet diese leichten Korrekturmaßnahmen gegenüber dem kicker: „Die Verstärkungen waren klein, aber fein. Außerdem haben wir erst im Vorjahr einen größeren Umbruch vorgenommen.“

Wagefeld ist die Führungsfigur

Besonders der ehemalige Nürnberger Bundesliga-Spieler Maik Wagefeld hat seinen Anspruch als Führungsspieler mit starken Leistungen untermauern können. Mit drei Treffern konnte der mittlerweile 31-Jährige die Hälfte aller Gesamt-Treffer des HFC erzielen. In der Bild-Zeitung äußert sich der verlängerte Arm von Trainer Köhler auf dem Spielfeld zu verschiedenen Themen. Zum Saisonstart hat er folgendes zu sagen: „Ich habe immer gesagt, wir müssen die 3. Liga gleich annehmen. Das ist uns gut gelungen. Jetzt müssen wir als nächstes Darmstadt zu Hause schlagen, da beißt die Maus keinen Faden ab." Nur sechs erzielte Tore sind für ein Team, welches auch von der potentiellen Offensivkraft lebt, schlichtweg zu wenig. Wagefeld nennt mögliche Lösungen für diese Torkrise: „Ich kann keinem vorwerfen, dass er nicht will, solche Phasen gibt’s einfach. Aber ich bin überzeugt, dass der Knoten bald platzt. Wir müssen das Glück erzwingen."

Torgefahr lässt zu wünschen übrig

Wagefeld ist ein Mannschaftsspieler, der seine Eigeninteressen dem Teamerfolg klar unterordnet. Deshalb ist auch Bescheidenheit Trumpf beim gebürtigen Sachsen: „Christoph Franke (sein Ex-Trainer in Dresden) hat immer gesagt, ein Sechser sollte pro Saison 5 bis 8 Tore machen. Wenn ich bei meinen 3 bleibe und die anderen treffen, ist das aber auch ok." Der Torabschluss wurde in den vergangenen Tagen im Training besonders eingeübt, da die notwendige Zielstrebigkeit vor dem gegnerischen Gehäuse gänzlich fehlt. Sechs erzielte in acht Spielen sind ein Armutszeugnis für Angreifer wie Pichinot, Shala, Preuß oder auch dem überaus talentierten Nachwuchsangreifer Mast. Nominell hat die Hallenser Offensivabteilung durchaus das Potential häufiger erfolgreich zu sein. Vor allem fehlt die notwendige Konzentration im entscheidenden Moment vor dem Tor. Auch der neue Erdgas-Sportpark, der 15 000 Zuschauern Platz bietet, konnte noch keine Festung werden. Die Heimspiele gegen Unterhaching und Münster wurden verloren. Trotzdem sind die HFC-Fans der oft zitierte 12. Mann und peitschen ihr Team leidenschaftlich nach vorne.

Wird Lindenhahn der neue HFC-Spielmacher?

Beim Derby in Chemnitz gab es zuletzt den Versuch mit dem erst 21-jährigen Toni Lindenhahn auf der Spielmacherposition. Für das technisch starke Eigengewächs keine allzu große Umstellung, da er bereits in der A-Junioren Bundesliga als Mittelfeldlenker unterwegs gewesen ist. Trainer Köhler hat Hoffnung, wie er in der Bild erklärt: „Toni sieht sich irgendwann mal auf dieser Position, aber am Wochenende war er nicht die optimale Besetzung dort. Aber die rechte Seite ist er mit seinen Tempodribblings effektiver." Der Spieler selbst erkennt noch Optimierungsbedarf: „Ich hatte zwei, drei gute Aktionen pro Halbzeit, das ist okay, aber ausbaufähig. Generell ist’s mir egal, wo ich eingesetzt werde, Hauptsache, ich spiele." Die Balance hat Halle offenbar noch nicht so richtig gefunden. Dennoch ist dem enorm fleißigen, aber auch begabten Trainer Köhler zuzutrauen, dass er mit intensivem Training, vor allem im Offensivbereich ein Stück weit mehr Unberechenbarkeit erwirkte.

Ist Halle für eine Überraschung gut?

Der Mannschaft ist viel zuzutrauen, wenn an den Defiziten im Torabschluss gearbeitet wird und auch unnötige Platzverweise sowie Verletzungen vermieden werden können. Diese Variablen müssen sich zu Gunsten des HFC entwickeln und dann ist ein Platz im vorderen Mittelfeld durchaus realistisch. Der Aufstieg kommt für den Regionalliga-Aufsteiger jedoch zu früh. Schon im letzten Jahr gegen höher eingeschätzte Kontrahenten wie RB Leipzig und Holstein Kiel konnte sich das Team von der Saale völlig verdient durchsetzen. Die nominellen Aufstiegskandidaten wie Bielefeld, Münster, Osnabrück, Heidenheim oder auch Karlsruhe haben einen deutlich besseren und größeren Kader. Mit mannschaftlicher Geschlossenheit ist Halle aber bei einem optimalen Verlauf vielleicht sogar der Relegationsplatz zuzutrauen.

FOTO: Felix Poltermann

   

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