VfB-Sportdirektor: "Brauchen uns in der 3. Liga nicht zu verstecken"
Im Interview mit liga3-online.de spricht Lübecks Sportdirektor Rocco Leeser über den frühen Vorbereitungsstart, die Kaderplanung und den Verzicht auf Verpflichtungen von Justin Eilers und Lennard Sowah sowie Ziele für das erste Profijahr seit 2004.
Eilers? "Wir behalten ihn im Auge"
liga3-online.de: Während die anderen Drittligisten gerade erst die Saison beendet haben, bereitet sich der VfB Lübeck bereits auf die kommende Spielzeit vor. Was sind die Gründe für den frühen Vorbereitungsstart, Herr Leeser?
Rocco Leeser: Wir hatten als Regionalligist seit Anfang März keinen regulären Trainingsbetrieb und müssen die Zeit jetzt nutzen, um frühestmöglich wieder in den Wettkampfmodus zu schalten. Aufgrund der Corona-Einschränkungen in Schleswig-Holstein ist das aber immer noch nur schwer möglich. Bis zum 9. August dürfen wir hier keine Testspiele gegen Teams absolvieren, die nicht auch auf den Coronavirus getestet wurden.
Hängt der frühe Vorbereitungsbeginn auch damit zusammen, dass der VfB voraussichtlich am 22. August im Rahmen des Finaltags der Amateure gegen Oberligist SV Todesfelde noch um den Einzug in den DFB-Pokal spielt?
Durchaus. Es ist sportlich und wirtschaftlich ein sehr wichtiges Spiel für uns und wir wollen unbedingt in den DFB-Pokal einziehen. Allerdings sagen Sie es ja bereits: Die Partie findet nur voraussichtlich statt. Noch sind einige Fragen zu klären. Können die Spieler des SV Todesfelde ebenfalls umfangreich auf den Coronavirus getestet werden? Wo wird gespielt? Bad Malente als neutraler Spielort ist noch nicht fix. Aber ich möchte nicht anfangen zu jammern. Mit Planungsschwierigkeiten und vielen Unklarheiten hat derzeit jeder Klub zu kämpfen.
Bis zum 22. August wird der Kader wohl stehen, die Planung läuft auf Hochtouren. Mit Justin Eilers war ein prominenter Spieler im Probetraining, verpflichtet wurde er nicht. Grund dafür war auch, dass er sich einen Muskelfaserriss zuzog. Was hat er für einen Eindruck hinterlassen?
Einen sehr guten. Justin war engagiert und wir haben gemerkt, dass er darauf brennt, es noch einmal allen zu beweisen. Er hatte mit seiner Hüfte, die ihm in den letzten Jahren das Leben schwer gemacht hat, überhaupt keine Probleme. Dass er sich dann eine Muskelverletzung zugezogen hat, ist natürlich bitter. Das wirft ihn jetzt wieder einige Wochen zurück.
Da er vereinslos ist, wäre auch eine Verpflichtung nach Ende der Transferfrist am 5. Oktober möglich. Käme das in Frage?
Ausgeschlossen ist eine spätere Verpflichtung nicht. Wir behalten ihn im Auge und beschäftigen uns dann vielleicht noch einmal mit Justin. Klar ist, dass er für jeden Verein in der 3. Liga eine Bereicherung ist, sofern sein Fitnesszustand stabil bleibt.
Auch der ehemalige HSV-Spieler Lennard Sowah, der ebenfalls im Probetraining war, wurde nicht unter Vertrag genommen. Wieso?
Wir sind mit einem anderen Spieler auf der gleichen Position bereits länger in Gesprächen, den Transfer geben wir voraussichtlich in Kürze bekannt. Deshalb haben wir auf der Linksverteidigerposition keinen Bedarf mehr.
"3. Liga wird ein Abenteuer für uns"
Wie ist insgesamt aktuelle Stand, was wird sich am Kader noch tun?
Neben dem Linksverteidiger werden wir in der kommenden Woche wahrscheinlich eine weitere Neuverpflichtung bekanntgeben. Dann hätten wir 19 Feldspieler und drei Torhüter. Plan ist, den Kader noch auf 22 Spieler aufzustocken.
Wie gut sehen Sie sich im Vergleich zur Konkurrenz in der 3. Liga gerüstet?
Ich denke, dass es schwierig ist, als Neuling einen Vergleich mit der Konkurrenz anzustellen. Besonders jetzt, rund zwei Monate vor Saisonbeginn. Was mich etwas stört, ist, dass gerade fast ausschließlich über unsere feststehenden und möglichen Neuverpflichtungen geredet wird. Wir haben insgesamt eine talentierte, hochkarätige Mannschaft, die in einer starken Regionalliga Nord Meister geworden ist. Uns ist es gelungen, mit Ausnahme von Torjäger Ahmet Arslan (jetzt Holstein Kiel, Anm. d. Red.) alle Leistungsträger zu halten. Wir brauchen uns daher in der 3. Liga keinesfalls zu verstecken.
Für den VfB Lübeck wird es die erste Profisaison seit 2003/2004. Mit welchen Zielen geht der Verein die kommende Spielzeit an?
Die 3. Liga wird ein Abenteuer für uns, das natürlich nicht schon nach einem Jahr wieder enden soll. Erst einmal hat der Klassenverbleib Priorität, mittelfristig wollen wir uns wieder als Profiverein etablieren. Der VfB Lübeck gehört mit dem tollen Umfeld, der fantastischen Fanbase und der großen Tradition mindestens in die 3. Liga.
Denken Sie, dass der frühe Vorbereitungsstart bei Saisonbeginn im September ein Vorteil sein kann?
Das wird sich zeigen. Andersherum könnte man auch mutmaßen, dass unsere Spielpause seit Anfang März ein Nachteil sein wird, weil die meisten anderen Klubs die lange Corona-Pause bereits seit mehreren Monaten hinter sich haben. Es ist insgesamt eine Ausnahmesituation, in der man nur schwer abschätzen kann, was Vor- und Nachteile sind. Nach den ersten Saisonpartien werden wir schlauer sein. Unserer Meinung nach war es unabdingbar, früher mit der Vorbereitung zu beginnen, um beim Saisonstart konkurrenzfähig und topfit zu sein.