Uwe Koschinat im Interview: "Bin niemand, der bremst"

Im Interview mit liga3-online.de spricht Saarbrückens neuer Cheftrainer Uwe Koschinat über die Vorbereitung, den veränderten Kader der Saarländer, die Veränderungen in der 3. Liga seit seiner Zeit bei Fortuna Köln und Ziele für die in rund zwei Wochen startende Saison.

"Grundsätzlich ist die Kaderplanung beendet"

liga3-online.de: Die Vorbereitung auf die neue Saison läuft auf Hochtouren, seit dem 21. Juni wird beim 1. FC Saarbrücken wieder trainiert. Welches Zwischenfazit ziehen Sie rund zwei Wochen vor dem Auftakt beim Aufsteiger TSV Havelse, Herr Koschinat?

Uwe Koschinat: Ein sehr positives. Wir steigern uns kontinuierlich und sind auf einem guten Weg. Aber das hatte ich auch erwartet. Ich kannte bereits einige Spieler von früheren Stationen und wusste daher, dass es im Team eine extrem hohe Leistungsbereitschaft gibt. Entscheidend ist auch, dass viele Spieler schon lange für Saarbrücken am Ball sind und wir dadurch eine starke Basis haben, die auch für die schnelle Akklimatisation der Neuzugänge wichtig ist. Dazu zählen Torwart Daniel Batz, Kapitän Manuel Zeitz und Stürmer Sebastian Jacob. Diese bestehende Basis hat mir als Coach ebenfalls den Einstieg vereinfacht. Wobei ich dazu sagen muss, dass ich von meiner Mentalität her ohnehin nie große Probleme habe, mich auf neue Situationen einzulassen und regionale Identifikationen zu verinnerlichen.

Nach zwei Jahren beim Zweitligisten SV Sandhausen sind Sie nun zurück in der 3. Liga, in der sie zuvor lange bei Fortuna Köln gearbeitet hatten. Fühlen Sie sich in der Liga noch immer heimisch?

Das wird sich in den ersten Saisonwochen erst zeigen. Was die Zusammensetzung der Liga angeht, hat sich auf jeden Fall einiges verändert. Dass beispielsweise mit Freiburg und Borussia Dortmund nun zwei U23-Teams dabei sind, verändert viel. Nachwuchsmannschaften spielen eine andere Art von Fußball und haben andere Ziele. Außerdem gibt es viele frühere Traditionsklubs aus dem Osten nicht mehr – Dresden und Rostock kicken jetzt in der 2. Bundesliga, Chemnitz und Erfurt sind abgestiegen. Nach Chemnitz und Erfurt bin ich immer gerne gefahren, weil die Klubs in ihren Städten eine große Bedeutung hatten und dementsprechend die Stadionatmosphäre besonders war. Solche Vereine sind auch aus finanziellen Gründen leider nicht mehr dabei. Dagegen spielen aber Neulinge wie der TSV Havelse und Viktoria Berlin in der 3. Liga, zu denen ich noch nicht allzu viel sagen kann. Aber klar: Insgesamt weiß ich natürlich trotzdem, was mich ungefähr in der 3. Liga erwartet. Die meisten Spieler kenne ich auch deshalb gut, weil es in Sandhausen viele Scoutingmaßnahmen in der 3. Liga gab.

Der 1. FC Saarbrücken startet trotz einer erfolgreichen ersten Saison in der 3. Liga mit Platz fünf mit einem durchaus groß veränderten Kader in die neue Spielzeit. Was sind die Gründe dafür?

Zunächst einmal haben uns einige Leistungsträger in Richtung höhere Ligen verlassen – die Abgänge von Spielern wie Nicklas Shipnoski zu Fortuna Düsseldorf oder Marin Sverko zum holländischen Erstligisten FC Groningen waren schmerzhaft und mussten kompensiert werden. Diese Jungs hatten schließlich einen großen Anteil am Erfolg in der abgelaufenen Saison. Außerdem sind viele Verträge ausgelaufen und gemeinsam mit Sportdirektor Jürgen Luginger haben wir entschieden, dass wir strukturell im Kader etwas verändern müssen, wenn wir in der 3. Liga nachhaltig Erfolg haben möchten. Es ging darum, einerseits körperlich robuste und andererseits sprintstarke Spieler ins Team zu holen. Das ist uns auf jeden Fall gelungen. Stürmer Adriano Grimaldi und Verteidiger Bruno Soares bringen diese Körperlichkeit beispielsweise mit. Insgesamt haben wir jetzt eine gute Mischung im Kader.

Wird sich am Kader denn noch etwas tun?

Grundsätzlich ist die Kaderplanung beendet. Aber Sie wissen ja, wie das läuft: Wir werden in den nächsten Wochen unsere eigene Entwicklung weiter beobachten und gleichzeitig den Markt sondieren. Ich will nicht komplett ausschließen, dass wir noch etwas am Kader verändern.

 

"Mit gesunden Optimismus in die Saison starten"

Sie haben einen Vertrag bis Sommer 2023 unterschrieben. Wie sieht Ihre Zielsetzung bis dahin aus?

Wer mich kennt, weiß: Ich bin niemand, der bremst. Allerdings peile ich auch keine illusionären Ziele an. Es gibt einerseits gute Argumente dafür, bei der Zielsetzung erst einmal Vorsicht walten zu lassen. Wir haben schließlich viele Leistungsträger verloren und das zweite Jahr nach einem Aufstieg ist bekanntlich schwieriger. Anders als noch in der vergangenen Saison gilt der 1. FC Saarbrücken nicht mehr als Underdog, die Spielweise ist mittlerweile bekannt. Andererseits dürfen wir durchaus auch mit einem gesunden Optimismus in die neue Saison starten. Die Basis im Team steht wie gesagt seit Jahren, wir haben uns gut verstärkt und spielen erstmals im neuen Ludwigsparkstadion. Sowohl die Spieler als auch die Fans sind heiß darauf – das zeigt der Dauerkartenvorverkauf.

Was sagen Sie dazu, dass andere Trainer den 1. FC Saarbrücken als Aufstiegskandidaten auf dem Zettel haben?

Damit kann ich leben. (lacht) Die zurückliegende Saison hat gezeigt, welch großes Potential im Verein und in der Mannschaft steckt – auch wenn typischerweise natürlich eher den Absteigern aus der 2. Bundesliga die Favoritenrolle zugeschoben wird.

Einer der Neuzugänge ist mit dem erfahrenen Verteidiger Bruno Soares jemand, der sich in der 2. Bundesliga gut auskennt. Was versprechen Sie sich von ihm?

Bruno zeichnet eine unglaubliche körperliche Präsenz aus. Er macht auf dem Platz keine Gefangenen und hat ein rigoroses Zweikampfverhalten. Wen man seine Vorgeschichte kennt – er kommt aus armen Verhältnissen in Brasilien und hat aus wirtschaftlichen Gründen bereits viele Abenteuer im Fußball erlebt, um seine Familie finanziell zu unterstützen – weiß man auch, woher diese Spielart kommt. Er hat einen ausgeprägten Beschützerinstinkt – und den überträgt er auch auf den Fußballplatz. Bruno kann definitiv ein wichtiger Anker für unseren Erfolg werden.

Für Saarbrücken beginnt die Saison mit Spielen bei Aufsteiger Havelse, gegen Absteiger VfL Osnabrück und gegen den MSV Duisburg. Wie bewerten Sie das Auftaktprogramm?

Auf die Heimspiele gegen Osnabrück und Duisburg im Ludwigspark freuen wir uns natürlich besonders. Vor Zuschauern in der neuen Heimspielstätte direkt gegen zwei so große Traditionsklubs zu spielen, werden besondere Erlebnisse. Aber auch das Auftaktspiel in Havelse sorgt für eine besondere Konstellation. TSV-Trainer Rüdiger Ziehl ist einer meiner besten Freunde – ich freue mich auf das Duell mit ihm. Außerdem darf man gespannt darauf sein, wie sich Havelse nach der ungewöhnlichen Saison in der Regionalliga Nord in der 3. Liga zurechtfindet. Das Team hatte kaum Spiele und nur wenig trainiert – am Ende musste Havelse in der Relegation aber von 0 auf 100 alles in die Waagschale werfen. Umso beeindruckender ist es, dass sich der TSV gegen den 1. FC Schweinfurt aus der Regionalliga Bayern durchgesetzt hat. Es ist schwierig, den Gegner einzuschätzen – aber Havelse wird sicher hochmotiviert sein, direkt ein Zeichen zu setzen.

   
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