Unterberger: "… dann hätten wir das sofort unterschrieben"

Im Interview mit liga3-online.de spricht Unterhachings Coach Marc Unterberger über seine ersten Monate als Cheftrainer, die sportliche Lage auf Tabellenplatz sechs, seinen Vorgänger Sandro Wagner und das Derby bei 1860 München nach der Länderspielpause.
"Wussten alle nicht, inwieweit wir in der 3. Liga bestehen können"
liga3-online.de: Nach 15 Spieltagen rangiert Ihr Team als Aufsteiger auf Platz sechs. Wie bewerten Sie die sportliche Lage, Herr Unterberger?
Marc Unterberger: Wenn uns in der Vorbereitung jemand gesagt hätte, dass wir nach 15 Spieltagen 22 Punkte auf dem Konto haben, hätten wir alle das sofort unterschrieben. Wir wussten alle nicht, inwieweit wir in der 3. Liga bestehen können. Im Rückblick können wir jetzt sagen, dass wir, wenn bei uns alles passt und wir an unsere Leistungsgrenze gehen, gegen nahezu jedes Team in der 3. Liga gewinnen können. Ebenso nehmen wir die eine oder andere Hausaufgabe aus den ersten 15 Spielen mit: Torgefährlichkeit aus dem Spiel heraus und das Verteidigen von Kontersituationen, da haben wir schon noch einen Entwicklungsweg zu gehen.
Bis Sommer waren Sie 13 Jahre Nachwuchstrainer in Unterhaching. Wie groß war der Respekt vor der Aufgabe bei den Profis?
Ich hatte immerhin zwei Jahre, um mich darauf vorzubereiten. Es war ja, nach dem klaren Committment des Klubs, nur eine Frage der Zeit, bis Sandro Wagner als Cheftrainer bei den Profis aufhört und ich sein Amt übernehme. Ich konnte genauer hinschauen, lernen, hospitieren. Dennoch hatte ich Respekt vor der neuen Aufgabe. Es ist ja immer eine Herausforderung, wenn die neue Aufgabe beinhaltet, Verantwortung für eine Gruppe von Menschen, die Erfolg haben will, zu übernehmen. Das verschwindet nie ganz – und das ist auch gut so.
Wie schwer war es, in die Fußstapfen von Sandro Wagner zu treten, der jetzt Co-Trainer von Julian Nagelsmann bei der Deutschen Nationalmannschaft ist?
Ich trete in keine Fußstapfen, ich gehe einfach nur Sandros Weg weiter. Klar: In der Regel übernimmst du eher ein Team als Trainer, wenn es zuvor keinen Erfolg hatte. Bei uns war es anders. Sandro ist mit der Mannschaft aufgestiegen und war sehr erfolgreich. Sandro und ich sind verschiedene Typen mit unterschiedlichen Karrieren und Vorerfahrungen. Während der eine herausragende Spielerkarriere mit dem Gewinn der Champions League und des Confed Cups als Vorerfahrung mitgebracht hat, bin ich schon seit meinem 16. Lebensjahr Trainer. Ich habe nach Sandros Abschied eine tolle funktionierende Mannschaft vorgefunden, die von Zusammenhalt ,einem außergewöhnlich starken Miteinander und einer klaren Spielidee geprägt war. Das half uns beim Einstieg sehr. Gepaart mit einigen neuen Inhalten, die ich eingebracht habe, hat der Übergang problemlos geklappt.
Warum wurden Sie so früh Trainer?
Ich habe nie höherklassig Fußball gespielt und war in der Jugend immer bei meinem Heimatverein SV-DJK Taufkirchen, bei dem auch schon mein Vater gespielt hat. Ich habe jede freie Minute im Verein verbracht, war später dort auch Stadionsprecher. 2010 hat mich dann Manfred Schwabl nach Unterhaching geholt. Von der U11 trainierte ich in Unterhaching fast alle Mannschaften bis zur U19 und war zuletzt Leiter des Nachwuchsleistungszentrums. Ich bin jetzt also mein 14. Jahr hier und durfte den Verein über viele Jahre kennenlernen, bevor ich Cheftrainer wurde. Das ist schon ein außergewöhnlicher, aber gleichzeitig auch sehr nachhaltiger Weg. Wenn du so lange in einem Verein bist, redest und denkst du anders über ihn, kennst die Menschen vor und hinter der Bühne und kannst viele Dinge leichter einschätzen.
"Bewiesen, dass mit uns immer zu rechnen ist"
Haben Sie noch Kontakt zu Sandro Wagner?
Vor der letzten Länderspielpause haben wir uns auf einen Kaffee getroffen und uns ausgetauscht. Ich habe ihm viel Erfolg gewünscht, er hat mir zum starken Start gratuliert. Auch jetzt werde ich mich wieder bei ihm melden und ihm alles Gute für die beiden Länderspiele gegen die Türkei und Österreich wünschen.
Wie fällt Ihr Zwischenfazit nach den ersten Monaten als Coach im Herrenbereich aus?
Sie haben über uns doch schon ein Zwischenfazit gezogen und uns eine 2+ gegeben. (lacht) Das trifft es aus sportlicher Sicht ganz gut. Von den Inhalten her sind die U19 und die erste Mannschaft gar nicht so verschieden. Bei den Profis habe ich mehr Zeit, weil ich den ganzen Tag mit der Mannschaft arbeiten kann. Die Ansprachen sind sicher anders, weil du mit erwachsenen Familienvätern anders sprichst als mit Nachwuchsspielern.
Was war Ihr bisheriges Highlight – und wie sehr hat das Aus beim Pokalfight gegen Fortuna Düsseldorf (3:6 n.V.) geschmerzt?
In der Liga war das Highlight definitiv unser Sieg gegen Ulm. Zur Halbzeit lagen wir nach einem Foulelfmeter in der fünften Minute der Nachspielzeit 1:2 hinten. Wir waren wütend, haben in der zweiten Hälfte zurückgeschlagen und die Partie in der sechsten Minute der Nachspielzeit noch gedreht. Damit haben wir bewiesen, dass mit uns immer zu rechnen ist und wir mental stark sind. Der Erstrundensieg gegen den FC Augsburg im DFB-Pokal zählt sicher ebenfalls zu den Highlights. Die Niederlage gegen Düsseldorf in der zweiten Runde tat ziemlich weh. Wir haben mehrfach geführt und dennoch verloren. Das 3:4 in der 106. Minute hatte uns dann das Genick gebrochen. Nach dem Abpfiff hatte ich gemischte Gefühle. Ich war stolz auf eine klasse Leistung der Mannschaft, aber auch enttäuscht über das unglückliche Aus. Anschließend haben wir es aber auch geschafft, schnell den Fokus wiederzufinden, 3:2 in Lübeck zu gewinnen und nicht bei diesem Negativerlebnis stecken zu bleiben.
Mit Ihrem Team gastieren Sie nach der Länderspielpause am 25. November beim TSV 1860 München. Was erwarten Sie dort für eine Partie?
Es ist ein Derby, das immer enorm elektrisiert. Wir müssen nicht bloß auf elf motivierte Gegenspieler, sondern treffen auch 15.000 Zuschauer, die ihr Team lautstark nach vorne peitschen werden. Da gilt es, als Mannschaft geschlossen zu bestehen. In einem solchen Derby geht es vor allem um Leidenschaft, Emotionen und darum, auch Kleinigkeiten auf die eigene Seite zu ziehen.