Treue Seelen: Die Vereinsurgesteine der 3. Liga
Das Transfer-Karussell dreht munter seine Runden. Knapp einen Monat vor dem Start der Drittliga-Saison 2019/20 vermelden die 20 Klubs zusammen über 350 Zu- und Abgänge. Dass ein Spieler im Alter von 25 Jahren bereits bei drei, vier verschiedenen Vereinen gekickt hat, ist längst keine Seltenheit mehr. Was man in Zeiten von Wandervögeln oder Wappenküssern, die ihrem Klub nach dem nächsten Tor den Rücken kehren, gefühlt mit der Lupe suchen muss: Treue Seelen wie Halle-Urgestein Toni Lindenhahn, die ohne jegliche Unterbrechung nur ein Trikot tragen.
Toni Lindenhahn (Hallescher FC/seit 2003)
Im Juli 2019 gehen Lindenhahn und Halle in ihre siebte Saison in der 3. Liga. Aus dem HFC-Team, das in der Saison 2011/12 den Sprung aus der damals noch dreigleisigen Regionalliga geschafft hatte, ist nur noch der Defensivspezialist mit dem markanten Irokesenschnitt übrig geblieben. Das Hallenser Trikot trägt der heute 28-Jährige (168 Drittliga-Einsätze) ununterbrochen seit seinem 13. Lebensjahr. Kaum ein Fan zweifelt ernsthaft daran, dass sich die Wege irgendwann trennen werden. Insbesondere, wenn ein Spieler seine besondere Verbundenheit zum Verein sogar bei seiner Hochzeit zeigt. Im Erdgas-Sportpark gaben sich der "ewige Toni" und seine Sally das Ja-Wort.
Felix Weber (TSV 1860 München/seit 2004)
Der junge 1860-Kapitän steht Halles Toni Lindenhahn in nichts nach. Vor 15 Jahren schloss sich Felix Weber den Löwen an, durchlief fortan nicht nur sämtliche Jugendteams, sondern auch einige chaotische Zeiten an der Grünwalder Straße. Am Ende der Saison 2016/17 hatte ihm Trainer Vitor Pereira in der Relegation gegen Jahn Regensburg (1:1/0:2) zu seinem Profi-Debüt verholfen – rückblickend wohl eine der besseren Entscheidungen des Portugiesen. Trotz Doppel-Abstieg aus der 2. Liga in die Regionalliga Bayern blieb der Innenverteidiger seinem Klub treu und wurde beim Traditionsklub zu einem der Gesichter des Neuanfangs. In der letzten Saison war Weber mit 24 Jahren der jüngste Kapitän der Liga.
Simon Scherder (Preußen Münster/seit 2006)
Bis Simon Scherder bei den Adlerträgern aus Münster zum Kapitän aufstieg, musste der 26-Jährige einige Rückschläge einstecken. Zweimal riss er sich das Kreuzband und verpasste zwischen 2015 und 2017 insgesamt 78 Spiele. Die Verletzungen schweißten das Band, das den SCP und Scherder seit dessen 13. Lebensjahr verbindet, noch enger zusammen. In der abgelaufenen Saison blieb der Ur-Preuße schließlich verletzungsfrei und stand bei 27 seiner 32 Einsätze in der Startelf. Seine Zukunft sieht Scherder langfristig in Münster: "Ich fühle mich brutal wohl beim SCP. Der Verein ist sehr familiär und mittlerweile kenne ich selbstverständlich jeden."
Shqiprim Binakaj (SG Sonnenhof Großaspach/seit 2008)
Die Erfolgsgeschichte des Klubs aus der 8000-Einwohner-Gemeinde im Schwabenland ist eng mit Shqiprim Binakaj verknüpft. Aus der A-Jugend des benachbarten TSG Backnang zur SG Sonnenhof gekommen, feierte er gleich in seiner ersten Saison (2008/2009) den Aufstieg in die Regionalliga Südwest. Fünf Jahre später ging es für "Ships" und Großaspach nochmal hoch in die 3. Liga. Rein sportlich scheint der 30-Jährige, der schon unter acht verschiedenen Trainern gespielt hat, auf der rechten Außenbahn weiterhin nicht wegzudenken. "Ich möchte so lange wie möglich für Sonnenhof spielen und auch danach dem Fußball erhalten bleiben“, kündigte Binakaj an. Mit insgesamt 339 Einsätzen ist er sogar Martin Cimander (373) auf den Fersen, der von 2000 bis 2017 für die Schwaben aktiv war. 35 Partien fehlen ihm, um Cimander als Rekordspieler in Großaspach abzulösen.
René Eckardt nahm eine Auszeit
Falls nun die Fans des FC Carl Zeiss Jena ihren Kapitän und Publikumsliebling René Eckardt (seit 1998 im Verein) vermissen: Über 20 Jahre Vereinszugehörigkeit am Stück wären in der 3. Liga ein Novum, allerdings pausierte der Mittelfeldmann ab Juli 2013 verletzungsbedingt über ein Jahr. Erst nach seiner Genesung unterschrieb Eckardt im Oktober 2014 wieder einen Vertrag beim FC Carl Zeiss. Eine kurze Unterbrechung oder eine Leihe während einer langen Karriere bei einem Klub kostete auch anderen Drittliga-Spielern einen Platz in unserem Ranking. Auch Orestis Kiomourtzoglou von der SpVgg Unterhaching gehörte ursprünglich zu dieser Liste, allerdings unterschrieb der 21-Jährige nun beim niederländischen Erstligisten Heracles Almelo.