Tim Siedschlag: "Das war ein Anfang heute – mehr nicht"

Wie schon im Hinspiel in Münster verließen die Kieler Störche mit einem 3:0-Sieg den Platz. Zwei Treffer von Marc Heider und ein Tor von Fiete Sykora ebneten den Weg für den ersten Heimsieg seit fast sechs Monaten. Durch die schwache Leistung der Adlerträger, die ihren Vorsprung von drei Punkten auf Holstein Kiel eigentlich zumindest halten wollten, zieht das Team von Trainer Karsten Neitzel in der Tabelle an den Gäste vorbei und reist am kommenden Spieltag als Tabellenfünfzehnter zum Vorletzten nach Burghausen. Der SC Preußen Münster (16.) hat mit der SV Elversberg (14.) ebenfalls einen direkten Konkurrenten im Kampf um den Klassenerhalt vor der Brust.
"Das war ein Anfang heute"
Die Leistung der Kieler wusste Mittelfeldspieler Tim Siedschlag treffend zusammen zu fassen: "Das war ein Anfang heute – mehr nicht. Wir haben meiner Meinung nach auch nicht so viel anders gemacht als sonst. Mit einem Unterschied: den Toren.“ Überraschte der Aufsteiger bisher oft nur durch gefälliges Offensivspiel, münzte das Team von Trainer Karsten Neitzel ihre Feldüberlegenheit auch in Tore um. Gleich drei Mal ertönten im Holstein-Stadion die Toy Dolls, um ein Tor der Störche zu feiern. Ausgerechnet im Hinspiel in Münster erzielten die Männer um Kapitän Rafael Kazior zuletzt drei Treffer. Holstein ließ über die kompletten 90 Minuten keine Zweifel ob des Ausgangs dieses Spiels aufkommen. Nach gewohntem Auftakt mit mehreren Eckbällen in den ersten 15 Minuten und einem schönen Fernschuss von Neuzugang Manuel Schäffler nach zwei Minuten, war es in der 21. Minute Marc Heider (nach Flanke Herrmann), der seine Farben in Front brachte. Die einzige gefährliche Situation für das Tor von Holstein-Schlussmann Niklas Jakusch beschwor Münsters Neuzugang Soufian Benyamina herauf. Von der Straufraumgrenze prüfte Benyamina den 24-Jährigen im Tor der KSV Holstein. Der war jedoch blitzschnell unten und parierte den verdeckten Schuss überragend. Im weiteren Verlauf der Partie brachte Preußen Münster aber keinen Fuß mehr auf den Boden, geschweige denn an den Ball. Die in Scharen angereisten Gästefans sahen einen blutleeren Auftritt ihrer Adlerträger, die quasi mit dem Pausenpfiff durch Fiete Sykora (nach Freistoß Siedschlag) das zweite Tor kassierten. Den Schlusspunkt setzte in der 75. Spielminute wieder Heider (nach Siedschlag-Flanke), der wenige Minuten später unter Standing Ovations den Platz verlassen durfte. Angesprochen auf die sehr gute Leistung der wie verwandelt wirkenden Mannschaft verwies Neitzel auf das Training unter der Woche: „[…] Wir haben eine sehr gute Trainingswoche hinter uns. Die Mannschaft hat einige Abänderungen und Stiche bekommen, die man in so einer Phase erwartet und sehr gut reagiert. Wir lassen das Ergebnis auf uns wirken, wissen aber auch, dass es heute nur eine von 14 weiteren Hürden war, die wir noch überspringen müssen. “
Reflektierte Selbsteinschätzungen nach desolater Leistung
Sportsgeist bewiesen die Münsteraner am Samstag auf und neben dem Platz. Obwohl völlig chancenlos, wurde die Partie nie übermäßig unfair geführt, was dem Team von Trainer Ralf Loose in Anbetracht der Wichtigkeit dieser Partie wohl ebenso hoch anzurechnen ist wie die ehrliche Selbsteinschätzung nach dem Spiel. Deutliche Worte fand der 51-Jährige Fußballlehrer im Hinblick auf die Zukunft des Vereins: "Ich glaube jedem ist klar, dass diese Mannschaft um den Klassenerhalt kämpft. Und das muss jedem bewusst sein und mit so einer Art und Weise wie wir heute aufgetreten sind, wird diese Kiste mal wahnsinnig eng. Ich glaube man muss den Spielern das auch in gewissen Situationen bewusst machen, dass sie da ein Trikot anhaben wo eine riesige Anhängerschaft hinter steht, wo es auch um viele Existenzen, innerhalb der Geschäftsstelle und was da alles dran hängt, geht. Da interessiert es auch nicht, ob einer einen Vertrag hat, der weiterläuft, der ausläuft – da erwarte ich einfach die totale Leidenschaft.“ Nach dem Schlusspfiff standen Münsteraner Fans und Spieler fassungslos, fernab der Heimat, wortwörtlich im Regen.
Eine überraschend einseitige Partie hilft den Kieler aus der Krise
Den Kielern war die Aufbruchsstimmung anzumerken, Coach Neitzel erschien sichtlich gelöst zur Pressekonferenz nach der Partie und freute sich, dass das Abendessen nun wieder ein bisschen besser schmecken würde. Dennoch hielten Trainer und Spieler nach dem Kantersieg den Ball flach und ordneten den „Dreier“ als ersten Schritt auf dem Weg zum Klassenerhalt ein. In Münster sollten nun alle auch vom Kopf her im Abstiegskampf angekommen sein und trotz der Fassungslosigkeit der Spieler und Verantwortlichen nach der desolaten Leistung wirkt der SC Preußen Münster zwar angeknackt, aber nicht so rat- und ideenlos wie ein anderer Klub der derzeit wöchentlich abschenkt. Vergleiche mit dem Hamburger SV wären zu diesem Zeitpunkt unverschämt den Adlerträgern gegenüber.
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