Tim Borowski im Interview: "Meine Erfahrungen weitergeben“

Tim Borowski, sportlicher Leiter von Werder Bremen II, spricht im Interview mit liga3-online.de über sein Aufgabenfeld, den Saisonstart der jungen Bremer und über seinen Standpunkt bezüglich der U23-Teams in der 3. Liga. 

[box type="info"]236 Bundesliga-Spiele bestritt Tim Borowski, 33 Mal war er für die Nationalmannschaft am Ball. Seit dieser Saison ist die Dritte Liga das Arbeitsfeld des früheren Mittelfeldspielers. Als sportlicher Leiter von Werder Bremens zweiter Mannschaft trat Borowski die Nachfolge seines früheren Mannschaftskollegen Frank Baumann an. [/box]

liga3-online.de: Herr Borowski, wie sieht Ihr Arbeitsalltag als sportlicher Leiter aus?

Tim Borowski: Ich kümmere mich um die Mannschaft, mache Verträge fertig, bin für Ausleihgeschäfte und Neuverpflichtungen verantwortlich und generell dicht dran am Team. Bei einer U23-Mannschaft hat man zudem die Verbindung mit Leistungszentrum und Profiabteilung, es gibt einen ständigen Informationsfluss und Austausch.

Wieso hat Sie nach dem aktiven Karriereende der Schreibtisch mehr gereizt als der Trainingsplatz?

Ich wollte nach der Karriere ein bisschen was für den Kopf machen und absolvierte für 18 Monate ein Management-Traineeprogramm beim SV Werder. Dabei beschäftigte ich mich mit dem Fußballgeschäft hinter den Kulissen und erfuhr was nötig ist, damit ein Spieltag so abläuft, wie er abläuft. Zudem absolvierte ich ein Fernstudium im Sportmanagement, auch, um gedanklich etwas frischer zu werden.

Wird der Trainerschein für Sie irgendwann noch zum Thema?

Bestimmt werde ich die B- und A-Lizenz irgendwann machen, aber nicht vordergründig um Trainer zu werden, sondern als weitere Qualifikation. Ich möchte mich aber nicht festlegen, wann genau das sein wird.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Alexander Nouri?

Wir stehen in sehr engem Austausch und sehen uns täglich. Momentan absolviert er sein Praktikum für den Fußballlehrer-Schein hier bei Werder. Ist er beim Lehrgang in Köln intensiviert sich unser Austausch sogar, da er jeden Tag wissen möchte, wie die Mannschaft drauf ist und wie sie sich in den Trainingseinheiten präsentiert.

Werder II startete mit einem Auswärtssieg in Rostock, danach kam die Punkteausbeute ins Stocken. Sehen Sie die Mannschaft in der Liga angekommen?

Ja. In Rostock haben wir ein richtig gutes Spiel gemacht und gleich alle Facetten der Dritten Liga kennengelernt, angefangen bei der Zahl von 15.600 Zuschauern. Das Spiel ging hoch her, es gab viele teilweise hitzige Zweikämpfe. Und unsere spielerischen Elemente kamen gleich zum Vorschein. Auch wenn die Ergebnisse in den letzten Spielen nicht so gut waren, sehe ich uns auf einem guten Weg.

Zuletzt war Ihr Team gegen den Tabellenführer und Aufstiegsfavoriten aus Dresden auf Augenhöhe, teilweise sogar spielbestimmend, verlor aber unglücklich mit 1:2. Welche Erkenntnisse ziehen Sie aus dieser unglücklichen Niederlage?

Die Liga ist eng zusammengerückt und mittlerweile auf einem ganz hohen Niveau, verstecken müssen wir uns vor keiner Mannschaft. Wir hätten uns für unseren Einsatz und das hohe Engagement belohnen müssen. Trotz des Ärgers über die Niederlage hat mir die Art und Weise des Auftretens gut gefallen.

Wer sind momentan die heißesten Kandidaten im Team für den Sprung in die Bundesliga?

Die sind ja im Grunde bekannt, weshalb ich keine einzelnen Namen herausnehmen möchte. Prinzipiell hat jeder der bei uns spielt die Chance, sich so zu entwickeln und zu präsentieren, dass er in der ersten Liga Fuß fassen kann. Insofern sind wir gefragt, die Jungs in allen Bereichen zu unterstützen, nicht nur im sportlichen. Wir wollen sie auf dem Weg in die Bundesliga begleiten, dabei fördern und fordern.

In welchen anderen Bereichen als den sportlichen können Sie den jungen Spielern helfen?

Gerade junge Spieler können Ansprechpartner gut gebrauchen. Ich habe in meiner Karriere alle Facetten, alle Ups and Downs des Profibereichs die dazugehören kennengelernt. Als ich aus der U19 in den Herrenbereich kam war das ein Riesenschritt, und ich fand es extrem wichtig, auch die U23 zu durchlaufen. In der Entwicklung zum Profi kann es immer wieder Punkte geben, an denen man sich hinterfragt, vielleicht auch zu sehr. Dann kann ich meine Erfahrungen weitergeben, ohne lehrerhaft rüberzukommen.

Vor der Saison wurde mit Max Wegner einer der Spieler abgegeben, die wesentlich zum Aufstieg beitrugen – unter anderem mit der Begründung, dass er nicht in die Altersstruktur passe. Dafür wurde mit Rafael Kazior ein wesentlich älterer Spieler geholt. Wie passt das zusammen?

Wir haben im Offensivbereich viele sehr gute junge Talente, die wir mehr fördern möchten. Max hatte einen Riesenanteil am Aufstieg, keine Frage, damit hatte sein Wechsel aber nichts zu tun. Letztendlich war es eher ein logischer Schritt, Max auch die Möglichkeit zu geben, sich selbst woanders weiter zu entwickeln und den nächsten Schritt zu gehen.

Vor der Saison verließ Werder mit Davie Selke ein weiterer Stürmer, der die U23 durchlief und sich sogar bei den Profis durchsetzte. Für ihn konnte eine hohe Ablösesumme eingestrichen werden. War Selkes Wechsel für Werder eine gute oder schlechte Nachricht?

Sowohl als auch. Sportlich brauchen wir nicht darüber zu reden, Davie hat nach anfänglichen Schwierigkeiten einen guten Job gemacht. Als er aus Hoffenheim zu uns kam, haben wir ihm in der U23 eine Basis gegeben, damit er immer trainieren und spielen kann. Dass er sich dann so schnell in der ersten Mannschaft durchsetzte war eine Win-Win-Situation für Spieler und Verein. Und am Ende haben wir sicher auch finanziell von seinem Wechsel profitiert.

Die zweiten Mannschaften sind vielen Fans von Drittliga-Klubs eher ein Dorn im Auge, sie gelten als unattraktiv. Wie stehen Sie dazu?

Ich verweise auf das Spiel gegen Hansa, oder unser Heimspiel gegen Magdeburg, als die Stimmung hervorragend war und wir tolle Spiele gesehen haben. Blendet man die römische Zwei aus, würden danach alle sagen, es hat sich gelohnt mit der Familie ins Stadion zu kommen, sich eine Bratwurst zu gönnen und das Spiel zu genießen.

Sie gehören zu den Profis, die nach dem aktiven Karriereende dem Fußball verbunden blieben. Können Sie sich vorstellen, irgendwann einmal etwas zu machen, das gar nichts mit Fußball zu tun hat?

Mein jetziger Job fordert so viel Zeit und Gedankengut, dass ich mich damit eigentlich nicht beschäftigen möchte. Ausschließen kann man nie etwas im Leben, aber im Moment genieße ich die Aufgabe, die ich hier habe.

   

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