Strittige Szenen am 4. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati
Die gelb-rote Karte für Michael Gardawski, die nicht gegebenen Treffer für Frankfurt und Chemnitz, der Elfmeter für Erfurt sowie ein Foulspiel von Marius Gersbeck: Am 4. Spieltag hat sich Ex-FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati für liga3-online.de sechs strittige Szenen genauer angeschaut.
[box type="info"]Hintergrund: 25 Jahre lang war Babak Rafati Schiedsrichter, 2008 schaffte er es sogar auf die FIFA-Liste. Insgesamt leitete der heute 44-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit- und 13 Drittliga-Spiele. Seit Februar 2015 hat er eine neue Aufgabe: Exklusiv für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter jeden Spieltag die strittigen Entscheidungen des Wochenendes. Nach einer Vorauswahl durch die Redaktion sichtet Rafati das Video-Material und gibt eine kurze Einschätzung zu den jeweiligen Szenen ab. [/box]
Szene 1: Michael Gardawski (Hansa Rostock) setzt sich im Zweikampf gegen Tobias Müller (Hallescher FC) durch und sieht dafür von Schiedsrichter Felix Zwayer Gelb-Rot. [TV-Bilder – ab Minute 2:55]
Babak Rafati: Bei diesem Zweikampf liegt maximal ein Rempeln im Kampf um den Ball vor, was man ahnden und mit einem Freistoß belegen kann. Jedoch ist die gelbe Karte für dieses Vergehen und die damit verbundene gelb-rote Karte absolut überzogen, da man keinesfalls von einem verwarnungswürdigem oder aber auch einem taktischem Foul sprechen kann. Ohnehin liegt – wie erwähnt – selbst eine Freistoßentscheidung im Grenzbereich. Der Schiedsrichter wird nach Ansicht der Fernsehbilder sicherlich selbst zu diesem Ergebnis kommen. Somit liegt eine Fehlentscheidung vor.
Szene 2: Nach einem Laufduell zwischen Stephan Andrist (Hansa Rostock) und André Wallenborn (Hallescher FC) klärt der Rostocker zur Ecke, die HFC-Fans reklamieren Handspiel im Strafraum. [TV-Bilder – ab Minute 1:37:30]
Babak Rafati: Hier liegt zwar ein Handspiel vor, jedoch ist diese nicht strafbar. Der Verteidiger von Rostock grätscht zum Ball und hat dabei eine natürliche Handhaltung. Zudem ist die Distanz zum Ball so kurz, dass er mit seinem Arm nicht einmal mehr ausweichen kann. Eine richtige Entscheidung, hier auf Eckstoß zu entscheiden, da keine Absicht vorliegt.
[box type="info"]Hinweis: Weitere strittigen Szenen aus diesem Spiel konnten aufgrund fehlender TV-Bilder (online) nicht analysiert werden.[/box]
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Szene 3: Sebastian Schachten trifft zum 2:1 für den FSV Frankfurt, Schiedsrichter Patrick Alt gibt den Treffer allerdings nicht. [TV-Bilder – ab Minute 5:00]
Babak Rafati: Beim Schuss von Schachten steht ein Mitspieler von ihm knapp im passiven Abseits. Das sieht man sehr gut an der Distanz des Angreifers zur Fünfmeterraum-Linie im Vergleich zum Verteidiger. Dadurch, dass der Mitspieler des Torschützen in der Sichtbahn des Torhüters steht und diesen behindert, ist die Abseitsposition strafbar. Eine richtige Entscheidung, das Tor nicht anzuerkennen.
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Szene 4: Tim Wendel (Sportfreunde Lotte) blockt im Strafraum den Ball, Schiedsrichter Dr. Robert Kampka entscheidet auf Handspiel, Gelb-Rot und auf Elfmeter für Erfurt. [TV-Bilder – ab Minute 1:22]
Babak Rafati: Wendel bekommt den Ball eindeutig an die Brust, dennoch entscheidet der Schiedsrichter auf Strafstoß. An sich hat der Schiedsrichter eine freie und gute Sicht auf die Szene. Es liegt allerdings ein klarer Wahrnehmungsfehler vor, sonst hätte er nicht auf Strafstoß entschieden. Die gelbe Karte für dieses vermeintliche Handspiel und in der Konsequenz die gelb-rote Karte für ein zweites Vergehen sowie die Entscheidung auf Strafstoß sind somit eine Fehlentscheidung. Weiterspielen wäre hier die richtige Entscheidung.
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Szene 5: Marius Gersbeck (VfL Osnabrück) foult Christian Beck (1. FC Magdeburg) im Strafraum und sieht dafür Gelb. Die Magdeburger fordern Rot. [TV-Bilder – ab Minute 3:00]
Babak Rafati: Durch eine glänzende Position des Schiedsrichters ist es ihm möglich, die Situation richtig einzuordnen. Das Foul von Gersbeck ist unstrittig und somit mit Strafstoß zu ahnden. Seit dieser Saison gibt es eine Regeländerung, die die Dreifachbestrafung beinhaltet. Wenn der Torhüter im Kampf um den Ball den Gegner trifft, liegt keine Notbremse vor, zumal in dieser Szene ein weiterer Verteidiger in unmittelbarer Nähe noch hätte eingreifen können. Somit eine richtige Entscheidung, Gelb statt Rot zu zeigen.
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Szene 6: Daniel Frahn trifft nach Vorlage von Philipp Türpitz zum 3:0 für Chemnitz, Schiedsrichter Günter Perl gibt den Treffer aufgrund einer Abseitsstellung jedoch nicht. [TV-Bilder – ab Minute 1:24:00]
Babak Rafati: An der Rasenmarkierung sieht man sehr gut, dass der Assistent goldrichtig postiert ist, jedoch eine falsche Entscheidung trifft. Auch an der Rasenmarkierung ist nämlich sehr gut zu erkennen, dass zum Zeitpunkt des Zuspiels auf Frahn keine Abseitsposition vorliegt. Somit das Tor hätte anerkannt werden müssen.
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[box type="info"]Hinweis: Strittigen Szenen aus den Partien Duisburg-Mainz II und Paderborn-Bremen II konnten aufgrund fehlender TV-Bilder nicht analysiert werden.[/box]