Strittige Szenen am 37. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati

Das Foul von Krauße an Kolke, die nicht gegeben Elfmeter für Paderborn und Jena, die verwehrten Treffer für Wiesbaden, Paderborn und Halle, das 1:0 für Karlsruhe, die rote Karte für Leist und der Zweikampf zwischen Bröker und Lange. Am 37. Spieltag hat sich Ex-FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati für liga3-online.de neun Szenen genauer angeschaut.

[box type="info"]Hintergrund: 25 Jahre lang war Babak Rafati Schiedsrichter, 2008 schaffte er es sogar auf die FIFA-Liste. Insgesamt leitete der heute 44-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit- und 13 Drittliga-Spiele. Seit Februar 2015 hat er eine neue Aufgabe: Exklusiv für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter jeden Spieltag die strittigen Entscheidungen des Wochenendes. Nach einer Vorauswahl durch die Redaktion sichtet Rafati das Video-Material und gibt eine kurze Einschätzung zu den jeweiligen Szenen ab. [/box]

Szene 1: Robin Krauße (SC Paderborn) will einen Ball erlaufen, trifft dabei jedoch Wiesbaden-Keeper Markus Kolke am Fuß und sieht von Schiedsrichter Robert Kempter Gelb. [TV-Bilder – ab Minute 1:00]

Babak Rafati: Krauße springt Kolke völlig unkontrolliert, mit voller Dynamik und gestrecktem entgegen, trifft ihn zum Glück nicht aber voll, sondern touchiert ihn lediglich leicht, sodass die gelbe Karte eine ausreichende und somit richtige Entscheidung ist.

Szene 2: Marlon Ritter (SC Paderborn) dringt in den Strafraum ein und geht zu Fall. Das Spiel läuft weiter. [TV-Bilder – ab Minute 43:35]

Babak Rafati: Der Schiedsrichter steht sehr gut und hat freien Blick zum Geschehen. Ritter erkennt, dass er den Ball etwas zu weit vorgelegt hat und lässt sich dann einfach fallen. Ein Foulspiel liegt nicht vorher, daher ist Weiterspielen die richtige Entscheidung. Wenn er noch zusätzlich die klare Schwalbe erkannt hätte, wäre es optimal gewesen. Dies hätte dann zur Folge, dass Ritter die gelbe Karte bekommt. Da er bereits verwarnt war, wäre das Spiel für ihn zu diesem Zeitpunkt beendet gewesen.

Szene 3: Nach einem Kopfball von Manuel Schäffler (Wehen Wiesbaden) trifft Sebastian Mrowca zum 1:0 für Wiesbaden, Kempter entscheidet jedoch auf Stürmerfoul und gibt den Treffer nicht. [TV-Bilder – ab Minute 1:30]

Babak Rafati: Beim Kopfball von Schäffler springt dieser seinem Gegenspieler (Strohdiek) mit dem Ellenbogen an den Kopf, sodass dieser zu Fall kommt. Eine richtige Entscheidung, diesen regelwidrigen Zweikampf abzupfeifen und das anschließend erzielte Tor zu annullieren.

Szene 4: Auf der anderen Seite bringt Philipp Tietz (SC Paderborn) den Ball im Tor unter, auch dieser Treffer zählt nicht. [TV-Bilder – ab Minute 2:10]

Babak Rafati: Der Torschütze steht nicht im Abseits. Die entscheidende Frage ist aber, ob Zolinski, der zentral vor dem Torhüter steht, diesen durch seine Position irritiert und somit in das Spielgeschehen eingreift. Auch wenn der Torhüter nicht den Anschein macht, irritiert worden zu sein, was man an seiner passiven Reaktion nach der Torerzielung erkennt, liegt eine richtige Entscheidung vor, auf Abseits zu entscheiden.

 

Szene 5: Nach einer Flanke von Royal-Dominique Fennell trifft Erik Zenga zum 1:0, Schiedsrichter Patrick Schult erkennt den Treffer aufgrund einer vermeintlichen Abseitsposition jedoch nicht an. [TV-Bilder – ab Minute 18:55]

Babak Rafati: Aus TV-Perspektive sieht man, dass bei der Flanke der zweite Verteidiger von Fennell aus gesehen näher zur eigenen Torlinie steht als der anschließende Torschütze. Das Tor hätte daher anerkannt werden müssen, es liegt eine Fehlentscheidung vor.

 

Szene 6: Marvin Pourie (Karlsruher SC) trifft nach einem Freistoß zum 1:0. Aalen reklamiert Abseits, Schiedsrichter Benjamin Cortus gibt den Treffer dennoch. [TV-Bilder – ab Minute 0:35]

Babak Rafati: Zum Zeitpunkt des Abspiels steht Pourie mit dem linken Bein im Abseits, was man an der Spreizung seiner Beine gut erkennen kann. Somit hätte dieser Treffer nicht zählen dürfen, es liegt eine Fehlentscheidung vor.

 

Szene 7: Nach einem Pass von Jannis Nikolaou dringt Orhan Ademi (Würzburger Kickers) in den Strafraum ein und wird von Julian Leist (Sonnenhof Großaspach) gehalten – glatt Rot lautet die Entscheidung von Tim Skorczyk. [TV-Bilder – ab Minute 1:20]

Babak Rafati: Ademi wäre frei auf das Tor zugelaufen und hätte in einer sehr aussichtsreichen Position nur noch den Torwart vor sich gehabt. Er wird von Leist durch ein kurzes und ansatzloses Trikotzupfen am Weiterlaufen gehindert. Da die Aktion des Verteidigers nur dem Gegenspieler gilt und keine Chance für ihn besteht, den Ball spielen zu können und daraus resultierend eine klare Torchance vereitelt wird, ist die rote Karte wegen einer Notbremse die einzig richtige Entscheidung.

 

Szene 8: Jim-Patrick Müller (SpVgg Unterhaching) geht nach einem Zweikampf mit Kevin Pannewitz (Carl Zeiss Jena) im Strafraum zu Fall. Kein Elfmeter, entscheidet Schiedsrichter Eric Müller. [TV-Bilder – ab Minute 2:50]

Babak Rafati: Der Schiedsrichter steht sehr gut zum Zweikampf und kann alles perfekt einsehen. Pannewitz spielt im eigenen Strafraum klar den Ball, anschließend kommt sein Gegenspieler Müller zu Fall. Kein Strafstoß für Unterhaching ist eine richtige Entscheidung. Ideal wäre es sogar gewesen, auf Stürmerfoul zu entscheiden, da Müller etwas zu spät kommt und Pannewitz zu Fall bringt.

 

Szene 9: Thomas Bröker (Fortuna Köln) trifft René Lange (FSV Zwickau) im Gesicht und sieht von Schiedsrichter Markus Wollenweber Gelb. [TV-Bilder – ab Minute 20:20]

Babak Rafati: Diese Aktionen im Laufduell sind für die Schiedsrichter sehr schwierig zu erkennen, da im Bewegungsablauf alles sehr schnell geschieht. Bröker will sich Lange vom Leib halten, nimmt den linken Arm kurz heraus und trifft Lange unglücklich und sicherlich unbeabsichtigt im Gesicht. Hierbei handelt es sich nicht um einen Schlag, sondern um eine Bewegung, die zwar rücksichtslos ist, aber in die Kategorie gelbe Karte fällt. Eine richtige Entscheidung des Schiedsrichters, dieses Vergehen mit der gelben Karte zu ahnden. Prima, dass er überhaupt diese Szene wahrnimmt, auch wenn etwas verzögert. Aber am Ende ist die Entscheidung goldrichtig. Kompliment!

   
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