Strittige Szenen am 34. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati
Drei Elfmeterszenen in Osnabrück, die nicht gegebenen Strafstöße für Stuttgart II und Erfurt, das 2:0 für Hansa Rostock und die Rote Karte gegen Emanuel Taffertshofer. Am 34. Spieltag hat sich Ex-FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati für liga3-online.de sieben Szenen genauer angeschaut.
[box type="info"]Hintergrund: 25 Jahre lang war Babak Rafati Schiedsrichter, 2008 schaffte er es sogar auf die FIFA-Liste. Insgesamt leitete der heute 44-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit- und 13 Drittliga-Spiele. Seit Februar 2015 hat er eine neue Aufgabe: Exklusiv für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter jeden Spieltag die strittigen Entscheidungen des Wochenendes. Nach einer Vorauswahl durch die Redaktion sichtet Rafati das Video-Material und gibt eine kurze Einschätzung zu den jeweiligen Szenen ab. [/box]
Szene 1: Kim Falkenberg (VL Osnabrück) berührt Julian-Maurice Derstroff (FSV Mainz 05 II) im Strafraum leicht, woraufhin dieser zu Fall kommt. Schiedsrichter Sven Jablonski entscheidet auf Strafstoß für Mainz. [TV-Bilder – ab Minute 0:25]
Babak Rafati: Der Schiedsrichter steht eigentlich gut und hat freie Sicht zum Zweikampf, vielleicht nur etwas zu nah. Ein Foulspiel durch Falkenberg ist nicht zu erkennen. Selbst wenn eine leichte Berührung (in die Kniekehle?) vorliegen sollte, reicht das nicht für einen Strafstoß aus. Man sieht wie Derstroff seinen Fuß über den Rasen schleift und dann zu Fall kommt. Vielleicht hat er den nächsten Verteidiger vor sich gesehen und die minimale Berührung dankend angenommen. Hier wäre es richtig gewesen, weiterspielen zu lassen. Eine Schwalbe liegt auch nicht vor, denn es könnte eine leichte Berührung stattgefunden haben, die aber unerheblich wäre. Daher ist es eine Fehlentscheidung, in dieser Szene auf Strafstoß zu entscheiden.
Szene 2: Nach einer Flanke wird Steffen Tigges (VfL Osnabrück) von zwei Mainzer Spielern bei einem Luft-Zweikampf zu Fall gebracht, Jablonski lässt das Spiel weiterlaufen. [TV-Bilder – ab Minute 2:25]
Babak Rafati: Bei diesem Luftkampf ist alles sauber. Man könnte eher ein Stürmerfoul gegen Osnabrück pfeifen, denn Tigges springt den Mainzer Verteidiger von hinten an, nachdem dieser den Ball mit dem Kopf geklärt hat. Weiterspielen zu lassen, ist aber vertretbar. Eine richtige Entscheidung.
Szene 3: Nach einem Schuss von Addy Menga (VfL Osnabrück) bekommt Fabian Kalig (FSV Mainz 05 II) den Ball im Strafraum an die Hand, der Unparteiische lässt erneut weiterspielen. [TV-Bilder – ab Minute 1:36:20]
Babak Rafati: Der Schiedsrichter steht gut und hat freie Sicht. Kalig bekommt den Ball aus kurzer Entfernung und in natürlicher Körperhaltung an den Arm geschossen, sodass überhaupt keine Absicht vorliegt. Der Schiedsrichter pfeift nicht und das ist eine richtige Entscheidung.
.
Szene 4: Christian Dorda (Hansa Rostock) geht mit beiden Beinen in einen Zweikampf und bringt Daniele Gabriele (VfB Stuttgart II) dadurch im Strafraum zu Fall. Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus zeigt jedoch nicht auf den Punkt. [TV-Bilder – ab Minute 0:16]
Babak Rafati: Die Schiedsrichterin steht gut zum Zweikampf und hat freie Sicht. Dorda springt von hinten mit beiden Beinen völlig übermotiviert in seinen Gegenspieler Gabriele und räumt ihn somit förmlich ab. Der Ball ist überhaupt nicht Spielobjekt. Man kann von großem Glück sprechen, dass sich der Angreifer bei dieser Szene nicht schwer verletzt. Hier hätte es einen Strafstoß und eine Rote Karte wegen einer Notbremse geben müssen, denn dem Angreifer wird in aussichtsreicher Position eine klare Torchance verwehrt. Eine Fehlentscheidung.
Szene 5: Nach einem weiten Hereingabe von Melvin Platje (Hansa Rostock) auf Stephan Andrist gewinnt dieser ein Zweikampf gegen einen Stuttgarter und erzielt danach das 2:0. Die VfB-Spieler reklamieren Foulspiel beim Zweikampf, Steinhaus gibt den Treffer dennoch. [TV-Bilder – ab Minute 1:50]
Babak Rafati: Im Fernsehbild kann man nicht erkennen, ob Andrist seinem Gegenspieler im Fußbereich berührt oder nicht. Die Schiedsrichterin steht sehr gut, daher muss man die Entscheidung akzeptieren und somit feststellen, dass eine richtige Entscheidung vorliegt. Zu spekulieren, warum der Verteidiger zu Fall kommt, ist nicht angebracht, denn nur die Wahrnehmung ist entscheidend.
.
Szene 6: Carsten Kammlott (Rot-Weiß Erfurt) dringt in den Strafraum ein und geht nach einem Zweikampf mit Manuel Bihr (Stuttgarter Kickers) zu Boden. Schiedsrichter Christian Dingert lässt weiterlaufen. [TV-Bilder – ab Minute 1:10]
Babak Rafati: Beim Laufduell im Strafraum berührt Bihr seinen Gegenspieler Kammlott minimal. Der Angreifer nimmt diesen Kontakt jedoch zum Anlass, sich fallen zu lassen. Der Schiedsrichter steht gut und lässt richtigerweise weiterlaufen. Somit eine richtige Entscheidung.
.
Szene 7: Emanuel Taffertshofer (Würzburger Kickers) sieht nach einem Foul/einer Grätsche gegenüber Oliver Barth (Aalen) von Schiedsrichterin Riem Hussein glatt Rot. [TV-Bilder – ab Minute 0:13]
Babak Rafati: Die Schiedsrichterin steht gut zum Zweikampf. Taffertshofer wird von seinem Gegenspieler am Fuß minimal getroffen, aber diesen Zweikampf weiterlaufen zu lassen, ist absolut vertretbar. Anschließend ist Taffershofer frustriert, nimmt Anlauf und springt von hinten völlig übermotiviert und unkontrolliert in Richtung des Gegenspielers. Dabei trifft er mit seinem gestreckten Bein zunächst ins Leere, sein "Nachziehbein" trifft Gegenspieler Barth leicht. Natürlich ist das ein Foulspiel, aber eine gelbe Karte ist dabei völlig ausreichend. Eine Fehlentscheidung, eine Rote Karte zu zeigen.