Strittige Szenen am 34. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati
Die Platzverweise gegen Maloney und Glöckner, die nicht gegebenen Elfmeter für Bayern II, Duisburg, 1860, Halle, Münster, Großaspach und Jena, der Strafstoß für Bayern II und ein Foulspiel von Bittroff. Am 34. Spieltag hat sich Ex-FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati für liga3-online.de zwölf Szenen genauer angeschaut.
Hintergrund: Babak Rafati war viele Jahre Bundesliga & FIFA Schiedsrichter. Insgesamt leitete der heute 50-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit-, 13 Drittliga- und zahlreiche internationale Spiele. Exklusiv für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter seit März 2015 jeden Spieltag die strittigen Szenen, die durch die Redaktion im Vorfeld ausgewählt werden. Zudem ist er Kolumnist und TV-Experte für Bundesliga-Spiele. Im Hauptberuf ist Rafati heute Mentalcoach für Profifußballer und Manager sowie ein viel gefragter Referent in der freien Wirtschaft, u.a. bei DAX-Unternehmen zum Thema Stressmanagement und Motivation (www.babak-rafati.de).
Szene 1: Für zwei Aktionen im Duell mit Dominic Baumann (Würzburg) sieht Lennard Maloney (Chemnitz) jeweils Gelb und wird von Schiedsrichter Wolfgang Haslberger vom Platz gestellt. [TV-Bilder – ab Minute 26:25 & 46:40]
Babak Rafati: Bei der ersten Aktion spielt Maloney im Mittelfeld den Ball, anschließend kommt sein Gegenspieler Baumann im normalen Bewegungsablauf über dessen Bein zu Fall. Das kann man als Foulspiel bewerten. Die gelbe Karte ist jedoch überhaupt nicht angemessen, somit eine Fehlentscheidung. Die zweite gelbe Karte ist vollkommen berechtigt, da er im Luftkampf seinem Gegenspieler mit dem Arm/Ellenbogen von hinten anspringt und am Nacken/Kopfbereich trifft.
Szene 2: Wohl für das Wegschlagen des Balls und wegen Meckerns sieht CFC-Trainer Patrick Glöckner direkt hintereinander zweimal Gelb und muss auf die Tribüne. [TV-Bilder – ab Minute 44:35]
Babak Rafati: In den TV-Bildern werden die möglichen Vergehen vom Trainer Glöckner nicht gezeigt, sodass eine Bewertung nicht möglich ist. Generell gilt festzuhalten, dass diese Regelung der Karten gegen Offizielle eine sehr kontraproduktive Erfindung ist und stattdessen mit Kommunikation durch die Schiedsrichter gelöst werden sollte.
Szene 3: Nach einer Flanke in den Strafraum geht Morten Behrens (Magdeburg) zum Ball, trifft aber nur Josip Stanisic (Bayern II) und bringt ihn zu Fall. Kein Elfmeter, sagt Schiedsrichter René Rohde. [TV-Bilder – ab Minute 1:40]
Babak Rafati: Nachdem der Ball in den Strafraum von Magdeburg geflankt wird, kommt es zu einem Luftduell. Dabei ist Stanisic früher am Ball und spielt diesen mit dem Kopf. Keeper Behrens kommt einen Moment zu spät, trifft nur seinen Gegenspieler mit der Faust und rennt ihn zudem um. Das ist ein Foulspiel und hätte einen Strafstoß für Bayern geben müssen. Somit eine Fehlentscheidung.
Szene 4: Julian Weigel (Magdeburg) geht im Strafraum ins Duell mit Kwasi Wriedt (Bayern II) und bringt ihn zu Fall. Elfmeter für Bayern II. [TV-Bilder – ab Minute 2:40]
Babak Rafati: Im Strafraum von Magdeburg kreuzen sich die Laufwege von Weigel und Wriedt. Dabei ist Wriedt entscheidend etwas früher am Ball und spielt diesen. Gleichzeitig kommt Weigel einen Moment zu spät und es kommt zum Kontakt im Fußbereich, sodass zwar beide zu Fall kommen, aber das Foulspiel von Weigel ausgeht. Eine richtige Entscheidung, einen Strafstoß für Bayern zu pfeifen.
Szene 5: Eine Hereingabe in den Strafraum will Aaron Opoku (Rostock) klären, stößt aber Lukas Boeder (Duisburg) zu Boden. Schiedsrichter Harm Osmers lässt weiterlaufen. [TV-Bilder – ab Minute 2:10]
Babak Rafati: Nach einer langen Flanke in den Strafraum von Rostock kommt es zu einem Luftduell zwischen Opoku und Boeder. Dabei will Boeder in einer sehr aussichtsreichen Position den Ball aus der Luft annehmen, wird dabei aber durch seinen Gegenspieler, der überhaupt keine Anstalten macht zum Ball zu gehen, attackiert und zu Fall gebracht. Das hat nichts mit Ballspielen zu tun, sondern ist ein Foulspiel. Hier hätte es einen Strafstoß für Duisburg sowie eine gelbe Karte gegen Opoku geben müssen. Eine Fehlentscheidung, weiterspielen zu lassen.
Szene 6: Im Laufduell mit 1860-Keeper Marco Hiller um den Ball geht Mathias Fetsch (Halle) im Strafraum zu Boden. Kein Elfmeter, sagt Schiedsrichter Patrick Alt. [TV-Bilder – ab Minute 34:20]
Babak Rafati: Bei diesem Laufduell im Strafraum von 1860 München kommt es zu einem Duell zwischen Keeper Hiller und Gegenspieler Fetsch. Beide laufen zum Ball, jedoch ist der Angreifer früher am Ball und spielt diesen auch. Der herausgeeilte Keeper kommt nicht mehr an den Ball, trifft den Fuß von Fetsch und bringt ihn zu Fall. Wenn ein Torhüter aus seinem Tor heraus kommt, muss er immer in Kauf nehmen, dass es zum Kontakt kommen kann und muss sich daher sicher sein, dass er den Ball erreicht. Hier tut er es nicht und somit foult er Fetsch. Auch wenn Angreifer solch einen Kontakt dankend annehmen, hätte es einen Strafstoß für Halle geben müssen. Somit eine Fehlentscheidung.
Szene 7: Nach einem Zuspiel von Nico Karger geht Sascha Mölders (1860) im Strafraum beim Duell gegen Toni Lindenhahn zu Boden. Das Spiel läuft weiter. [TV-Bilder – ab Minute 1:46:45]
Babak Rafati: Mölders wird im gegnerischen Strafraum angespielt, hat freie Schussbahn und wird dabei von seinem Gegenspieler Lindenhahn attackiert und zu Fall gebracht. Bei diesem Zweikampf will Lindenhahn zum Ball und diesen vor dem einschussbereiten Mölders klären, trifft den Ball jedoch nicht. Vielmehr trifft er Mölders entscheidend am Fuß und im Hüftbereich, sodass dieser aus der Balance kommt. Das ist ein Foulspiel und hätte einen Strafstoß für 1860 München geben müssen. Somit eine Fehlentscheidung.
Szene 8: Im Duell mit Yari Otto (Braunschweig) kommt Julian Schauerte (Münster) zu Fall und fordert einen Elfmeter. Diesen gibt es aber nicht, stattdessen sieht er von Schiedsrichterin Katrin Rafalski Gelb für eine Schwalbe. [TV-Bilder – ab Minute 3:00]
Babak Rafati: Bei diesem Zweikampf im Strafraum von Braunschweig will Otto den Ball spielen, kommt aber einen Moment zu spät und trifft Schauerte entscheidend an dessen linken Fuß und hindert ihn am Weiterlaufen, sodass dieser zu Fall kommt. Den Ball hat zuvor nur der Angreifer gespielt. Das ist ein klares Foulspiel und hätte einen Strafstoß für Münster statt einer gelben Karte wegen Schwalbe geben müssen. Somit eine Fehlentscheidung, diesen nicht zu geben. Aus einer besseren Position, nämlich nach links verlagert mit Seitenblick, wäre es optimaler gewesen, diese Szene zu beurteilen.
Szene 9: Im Strafraum wird Marco Königs (Münster) erst von Steffen Nkansah (Braunschweig) gehalten und dann von Felix Burmeister möglicherweise getroffen. Einen Elfmeter gibt es nicht. [TV-Bilder – ab Minute 2:07:45]
Babak Rafati: Königs bekommt den Ball im Strafraum von Braunschweig zugespielt, steht mit dem Rücken zum Tor und wird von zwei Gegenspielern bedrängt. Dabei ist die Aktion von Nkansah im Bereich des Erlaubten. Burmeister allerdings trifft Königs mit dem Fuß und bringt diesen entscheidend zu Fall, nachdem Königs den Ball weitergespielt hatte. Hier hätte es einen Strafstoß für Münster geben müssen. Eine Fehlentscheidung, diesen nicht zu geben.
Szene 10: Nach einer Flanke in den Strafraum von Mannheim berührt Gerrit Gohlke (Mannheim) den Ball mit der Hand. Kein Strafstoß, entscheidet Schiedsrichter Oliver Lossius. [TV-Bilder – ab Minute 2:30]
Babak Rafati: Nach einer Flanke in den Strafraum von Mannheim kommt es zu einem Luftduell. Der Großaspacher Angreifer köpft den Ball auf das gegnerische Tor. Sein Gegenspieler Gohlke hat den Arm über die Schulter hochgerissen und bekommt unmittelbar nach dem Kopfball den Ball an den ausgestreckten Arm. Das ist für den Schiedsrichter in der realen Geschwindigkeit schwer zu sehen. Ein Indiz aber: Der Ball wird druckvoll auf das Tor geköpft. Nachdem er am Verteidiger vorbeifliegt, werden der Druck und die Dynamik des Balles offensichtlich geringer. Wenn der Ball an einem anderen Körperteil geprallt wäre, würde dieser abprallen. Beim Arm ist das nicht so, stattdessen geht der Druck vom Ball verloren. Aufgrund der Armhaltung und der Berührung des Balles hätte es einen Strafstoß für Großaspach geben müssen. Somit liegt eine Fehlentscheidung vor.
Szene 11: Im Strafraum kommt Albert Bunjaku (Köln) gegen René Eckardt (Jena) zu spät und bringt ihn zu Fall. Schiedsrichter Johann Pfeifer lässt weiterlaufen. [TV-Bilder – ab Minute 2:05]
Babak Rafati: Eckardt schießt den Ball im gegnerischen Strafraum auf das Tor und bekommt unmittelbar danach einen Tritt mit offener Sohle vom Gegenspieler Bunjaku auf den Fuß und wird zu Fall gebracht. Das ist ein klares Foulspiel und hätte einen Strafstoß für Jena sowie eine gelbe Karte gegen Bunjaku geben müssen. Eine Fehlentscheidung, weiterspielen zu lassen.
Szene 12: Alexander Bittroff (Uerdingen) räumt Christian Kühlwetter (Kaiserslautern) ab und sieht von Schiedsrichter Arne Aarnink Gelb. [TV-Bilder – ab Minute 1:52:30]
Babak Rafati: Bittroff kommt an der Seitenlinie mit voller Geschwindigkeit angelaufen, grätscht zum Glück nur zum Ball und wird vielleicht Kühlwetter auch ein wenig berührt haben. Das hätte auch böse für beide enden können, wenn er ihn voll getroffen hätte. Kühlwetter wäre schwer verletzt gewesen und Bittroff hätte frühzeitig duschen gehen können. Bei dieser Aktion reicht allerdings die gelbe Karte vollkommen aus. Somit eine richtige Entscheidung.