Strittige Szenen am 27. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati

Der nicht gegebene Treffer für Paderborn, der Platzverweis gegen Strohdiek, das 1:0 für Lotte und das 1:0 für Unterhaching. Am 27. Spieltag hat sich Ex-FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati für liga3-online.de sieben vier Szenen genauer angeschaut.

[box type="info"]Hintergrund: 25 Jahre lang war Babak Rafati Schiedsrichter, 2008 schaffte er es sogar auf die FIFA-Liste. Insgesamt leitete der heute 44-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit- und 13 Drittliga-Spiele. Seit Februar 2015 hat er eine neue Aufgabe: Exklusiv für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter jeden Spieltag die strittigen Entscheidungen des Wochenendes. Nach einer Vorauswahl durch die Redaktion sichtet Rafati das Video-Material und gibt eine kurze Einschätzung zu den jeweiligen Szenen ab. [/box]

Szene 1: Nach einem Schuss von Robin Krauße (SC Paderborn) verlängert Ben Zolinski den Ball zu Sven Michel, der zum 1:1 trifft. Schiedsrichter Sven Jablonski entscheidet auf Abseits und gibt den Treffer nicht. [TV-Bilder – ab Minute 2:25]

Babak Rafati: Man sieht, wie der Schiedsrichter nach dem Tor einige Sekunden zögert und nach einer kurzen Kommunikation mit seinem Assistenten auf Abseits entscheidet. Der Assistent wird womöglich die Abseitsposition erkannt haben, diesen Vorgang dem Schiedsrichter über das Headset gemeldet und sich bei ihm erkundigt haben, ob der Ball zuletzt vom Gegenspieler oder Mitspieler zu Michel weitergeleitet wurde. Die Gestik des Schiedsrichters deutet daraufhin, dass er genau gesehen hat, wie der Ball vom Knie des Mitspielers weitergeleitet wurde – somit stand Michel mit dem Oberkörper im Abseits. Eine vorbildliche Kommunikation und eine richtige Entscheidung, nach einer kurzer Verständigung im Team auf Abseits zu entscheiden.

Szene 2: Christian Strohdiek (SC Paderborn) beschwert sich über einen Pfiff gegen Sebastian Schonlau und sieht Gelb-Rot. [TV-Bilder – ab Minute 2:45]

Babak Rafati: Das gepfiffene Foulspiel gegen Schonlau ist unstrittig. Anschließend kommt Strohdiek und beschwert sich beim Schiedsrichter heftig über diese Entscheidung. Der Schiedsrichter gibt ihm daraufhin eine gelbe Karte und verweist ihn, weil dieser bereits verwarnt ist, mit der gelb-roten Karte vom Platz. Ein Spieler, der bereits verwarnt ist und derartig reklamiert, muss sich an die eigene Nase fassen und sich selbst hinterfragen. Nicht jeder Schiedsrichter wird dafür gleich die gelbe Karte zeigen, trotzdem ist diese persönliche Strafe vertretbar. Vielleicht hat der Schiedsrichter auch den Spielcharakter zu diesem Zeitpunkt sowie das Verhalten von Strohdiek zwischen den beiden ausgesprochenen Karten berücksichtigt, wenngleich diese zweite gelbe Karte auch isoliert an sich betrachtet vertretbar ist.

 

Szene 3: Jaroslaw Lindner trifft nach Vorlage von André Dej zum 1:0 für die Sportfreunde Lotte. Karlsruhe reklamiert Abseits, Schiedsrichterin Dr. Riem Hussein gibt den Treffer dennoch. [TV-Bilder – ab Minute 1:45]

Babak Rafati: Aus dieser Kameraperspektive ist die Frage nach Abseits nicht zweifelsfrei aufzulösen. Tendenziell sieht es aber danach aus, dass das Zuspiel von Dej zum richtigen Zeitpunkt erfolgt und Lindner nicht im Abseits steht. Deshalb und auch, weil es nicht eindeutig zu klären ist, sollte die Entscheidung des Schiedsrichtergespanns akzeptiert werden. Eine richtige Entscheidung, das Tor anzuerkennen.

 

Szene 4: Nach einer Flanke von Orestis Kiomourtzoglou setzt sich Finn Porath (Unterhaching) etwas ruppig gegen Yannick Thermann (Sonnenhof Großaspach) durch und trifft zum 1:0. Der Treffer zählt, sagt Schiedsrichter Henry Müller. [TV-Bilder – ab Minute 1:15]

Babak Rafati: Bei diesem Zweikampf hat der Schiedsrichter eine sehr gute Position und freie Sicht. Porath und Thermann orientieren sich im Strafraum von Großaspach zum Ball. Dabei gehen beide mit korrektem Körpereinsatz in den Zweikampf. Porath geht mustergültig zum Ball, indem er ihm entgegen läuft. Sein Gegenspieler hat ein schlechtes Stellungsspiel, bleibt stehen, wartet auf den Ball, wird dann plötzlich überrascht und fällt mehr aus Verzweiflung als dass man über ein Foulspiel diskutieren sollte auf den Boden. Eine richtige Entscheidung, den Zweikampf als regelkonform einzustufen und das Tor für Unterhaching anzuerkennen.

   

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