Strittige Szenen am 25. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati

Die nicht gegebenen Elfmeter für Magdeburg, 1860 und Rostock, die Strafstöße für Magdeburg und Münster, das 1:2 für Mannheim, die verwehrten Treffer von Zwickau und Köln, der Platzverweis gegen Wriedt, das Foul von Bozic an Früchtl, ein Pass von Elva zu Buntic und ein vermeintlicher Tritt von Thiele. Am 25. Spieltag hat sich Ex-FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati für liga3-online.de zwölf Szenen genauer angeschaut.

Hintergrund: Babak Rafati war viele Jahre Bundesliga & FIFA Schiedsrichter. Insgesamt leitete der heute 48-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit-, 13 Drittliga- und zahlreiche internationale Spiele. Exklusiv für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter jeden Spieltag die strittigen Szenen, die durch die Redaktion im Vorfeld ausgewählt werden. Zudem ist er Kolumnist und TV-Experte für Bundesliga-Spiele. Im Hauptberuf ist Rafati heute Mentalcoach für Profifußballer und Manager sowie ein viel gefragter Referent in der freien Wirtschaft, u.a. bei DAX-Unternehmen zum Thema Stressmanagement und Motivation (www.babak-rafati.de).

Szene 1: Thore Jacobsen (Magdeburg) dringt in den Strafraum ein und wird von Philipp Steinhart (1860) am Trikot gehalten. Schiedsrichter Tobias Fritsch lässt weiterlaufen. [TV-Bilder – ab Minute 1:30:00]

Babak Rafati: Natürlich wird Jacobsen von Steinhart am Trikot gehalten, was er besser auch lassen sollte. Jedoch reicht das nicht für ein Foulspiel oder einen Strafstoß aus. Eine richtige Entscheidung, weiterspielen zu lassen.

Szene 2: Marco Hiller (1860) und Sören Bertram (Magdeburg) gehen im Strafraum im Luftduell zum Ball, Bertram fällt. Fritsch gibt Elfmeter für Magdeburg. [TV-Bilder – ab Minute 1:40]

Babak Rafati: Hiller kommt aus seinem Tor heraus gelaufen und Bertram lupft den Ball über ihn hinweg. Erst danach kommt es zum Zusammenprall, wobei der Keeper keine aktive Bewegung zum Stürmer macht und ihn somit auch nicht foult. Der Kontakt kommt eher zustande, weil Bertram – vielleicht auch vor Schreck – sich in den Torwart hineinwirft. Hier wäre es besser gewesen, weiterlaufen zu lassen, sodass eine Fehlentscheidung vorliegt.

Szene 3: Nach einer Ballannahme von Jürgen Gjasula (Magdeburg) im eigenen Strafraum reklamiert 1860 Handspiel. Fritsch zeigt zunächst auch auf den Punkt, nimmt seine Entscheidung nach Rücksprache mit einem der beiden Assistenten aber zurück. [TV-Bilder – ab Minute 2:40]

Babak Rafati: In dieser Szene liegt kein Handspiel von Gjasula vor. Selbst wenn er den Ball mit der Hand berührt, wäre es unabsichtlich und folglich nicht strafbar, da die Arme in natürlicher Haltung sind und nicht zur Vergrößerung der Körperfläche eingesetzt werden. Eine richtige Entscheidung, die erste Entscheidung zum Strafstoß für München zu revidieren, was bis zur nächsten Spielfortsetzung möglich ist.

 

Szene 4: Nach Vorlage von Valmir Sulejmani trifft Gianluca Korte zum 1:2 für Mannheim. Duisburg reklamiert Abseits, Schiedsrichter Nicolas Winter gibt den Treffer. [TV-Bilder – ab Minute 3:10]

Babak Rafati: Korte steht nach dem Schuss vom Mitspieler Sulejmani mit der Fußspitze im Abseits, sodass der Treffer nicht hätte zählen dürfen. Der Arm vom Duisburger Verteidiger ist nicht relevant, da dieser bei der Abseitsregel nicht berücksichtigt wird. Die Begründung: Mit dem Arm darf man den Ball nicht spielen. Eine Fehlentscheidung, diesen Treffer zu geben, jedoch ist es mit menschlichem Auge auch schwer zu erkennen.

 

Szene 5: Nach einem Zweikampf zwischen Daniel Bohl (Chemnitz) und Kwasi Okyere Wriedt (Bayern II) gehen beide zu Boden. Wriedt will aufstehen und reißt sein Bein los, was Schiedsrichterin Dr. Riem Hussein als Tätlichkeit ahndet und Wriedt mit Rot vom Platz stellt. [TV-Bilder – ab Minute 1:50]

Babak Rafati: Wriedt wird gefoult und kommt mit seinem Gegenspieler Bohl zu Fall. Danach zieht er im Liegen sein Bein, das unter dem Gegenspieler eingeklemmt ist, heraus. Bei dieser Aktion liegt kein Tritt oder eine Tätlichkeit vor. Daher ist es nicht nachvollziehbar, warum die Schiedsrichterin auf Rot gegen Wriedt entscheidet. Eine Fehlentscheidung.

Szene 6: Dejan Bozic (Chemnitzer FC) setzt nach einem Laufduell im Kampf um den Ball gegen Christian Früchtl (Bayern II) nach, tritt ihn ans Bein und sieht Gelb. [TV-Bilder – ab Minute 2:40]

Babak Rafati: Keeper Früchtl hat den Ball schon geklärt, als Bozic kommt, ihm heftig gegen das Schienbein tritt und ihn zu Fall bringt. Der Ball ist nicht mehr Spielobjekt, da dieser bereits 4-5 Meter entfernt ist. Der Tritt ist damit nur gegen den Torwart gerichtet und somit eine brutale Spielweise, die nur Rot nach sich ziehen kann. Im Strafmaß mit der vorherigen roten Karte liegt keine einheitliche Regelauslegung vor. Eine Fehlentscheidung, es nur bei Gelb zu belassen.

 

Szene 7: Einen Schuss von Nico Neidhart (Rostock) bekommt Peter Kurzweg (Ingolstadt) im Strafraum an den Arm. Kein Elfmeter, entscheidet Schiedsrichter Justus Zorn. [TV-Bilder – ab Minute 2:10]

Babak Rafati: Nach dem Schuss von Neidhart wehrt Kurzweg den Ball aktiv mit dem Arm ab und verhindert dadurch, dass der Ball auf das Tor oder sogar ins Tor geht. Das ist ein strafbares Handspiel und hätte einen Strafstoß für Rostock sowie die gelbe Karte gegen Kurzweg geben müssen. Somit liegt eine Fehlentscheidung vor. Rot deshalb nicht, weil hinter Kurzweg noch Verteidiger standen, die den Ball womöglich noch hätten abwehren können.

Szene 8: Caniggia Elva (Ingolstadt) klärt einen Angriff von Rostock, Keeper Fabijan Buntic nimmt den Ball auf. Rostock reklamiert Rückpass, das Spiel läuft weiter. [TV-Bilder – ab Minute 1:32:00]

Babak Rafati: Elva will mit einem Abwehrversuch den Ball aus dem eigenen Strafraum klären, jedoch trifft er den Ball nicht voll. Das Spielgerät wird dadurch nur leicht berührt und bleibt fast liegen. Diesen Ball nimmt dann Keeper Buntic auf. Eine richtige Entscheidung, weiterspielen zu lassen, denn es handelt sich hierbei nicht um ein kontrolliertes Zuspiel von Elva zum Torwart.

 

Szene 9: Gerrit Wegkamp erläuft einen von Maurice Hehne abgeblockten Ball und trifft zum 1:0, wird jedoch von Schiedsrichter Wolfgang Haslberger aufgrund einer Abseitsposition zurückgepfiffen. [TV-Bilder – ab Minute 1:30]

Babak Rafati: Aus der vorliegenden Kameraperspektive kann man erahnen, dass die Abseitsentscheidung richtig sein müsste, da Wegkamp näher zur Markierung am Halbkreis vor dem Strafraum steht.

Szene 10: Nach einem Foul an Can Coskun (Zwickau) tritt Timmy Thiele (Kaiserslautern) leicht nach. Eine Karte sieht er nicht. [TV-Bilder – ab Minute 3:20]

Babak Rafati: Thiele trifft seinen Gegenspieler nicht und daher sollte man nicht spekulieren und mehr daraus machen als es wirklich ist. Eine richtige Entscheidung, keine Karte zu zeigen.

 

Szene 11: Lukas Cueto (Münster) geht gegen Christian Dorda (Uerdingen) im Strafraum zu Fall, Schiedsrichter Alexander Sather gibt Elfmeter für Münster. [TV-Bilder – ab Minute 0:50]

Babak Rafati: Dorda spielt im eigenen Strafraum den Ball und trifft im Bewegungsablauf auch ein wenig seinen Gegenspieler Cueto. Da der Ball aber Spielobjekt ist und dieser entscheidend gespielt wird, ist der Zweikampf sauber und somit kein Foulspiel. Eine Fehlentscheidung, einen Strafstoß für Münster zu geben.

 

Szene 12: Simon Handle (Köln) wird auf der Außenbahn in Szene gesetzt und leitet den Ball dann zu Albert Bunjaku weiter. Dieser trifft zum 2:0, allerdings hatte Schiedsrichter Patrick Hanslbauer die Situation aufgrund einer vermeintlichen Abseitsposition bereits abgepfiffen. [TV-Bilder – ab Minute 1:43:55]

Babak Rafati: Handle steht zum Zeitpunkt des Zuspiels von seinem Mitspieler nicht im Abseits und wird dennoch zurückgepfiffen. Da der Assistent nicht konzentriert genug ist, hat er eine nicht optimale Position zum Vorgang. Er steht nämlich circa einen Meter zu weit vorne und eben nicht auf Höhe des vorletzten Verteidigers (Torwart inbegriffen). Dadurch kommt es zu optischen Verschiebungen. Das sieht man sehr gut an der Rasenmarkierung. Eine Fehlentscheidung, auf Abseits zu entscheiden und den anschließenden Treffer für Köln zu annullieren.

 

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