Strittige Szenen am 24. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati

25 Jahre lang war Babak Rafati Schiedsrichter, 2008 schaffte er es sogar auf die FIFA-Liste. Insgesamt leitete der heute 44-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit- und 13 Drittliga-Spiele. Nun hat Rafati eine neue Aufgabe: Für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter jeden Spieltag die strittigen Entscheidungen des Wochenendes. Nach einer Vorauswahl durch die Redaktion sichtet Rafati das Video-Material und gibt eine kurze Einschätzung zu den jeweiligen Szenen ab und erklärt bei falschen Entscheidungen zudem, wie die Unparteiischen auf dem Platz hätten reagieren müssen. Am 24. Spieltag hat er sich sechs Szenen einmal genauer angeschaut.

Szene 1: Daniel Frahn (Chemnitzer FC) sieht nach einer Rudelbildung Rot. Schiedsrichter Frank Willenborg deutet einen Würgegriff an. [TV-Bilder]

Babak Rafati: Wenn wir die TV-Bilder sehen, wird deutlich, dass Daniel Frahn seinen Gegenspieler nicht würgt, sondern lediglich im Bereich des Halses mit der Hand wegschubst. Diese Unsportlichkeit ist nur gelbwürdig und stellt keine Tätlichkeit dar. Wir brauchen dafür jedoch, wegen der Unübersichtlichkeit der Rudelbildung, Zeitlupen und Einkreisungen… Der Schiedsrichter hat es jedoch schwer, da er auf dem Platz und in der Hektik alles in realer Geschwindigkeit wahrnehmen muss. Auch wenn hier eine Fehlentscheidung vorliegt, kann man dem Schiedsrichter keinen Vorwurf machen, sondern der Spieler muss sich selbst hinterfragen, ob er sich in dieser Szene clever verhalten hat.

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Szene 2: Florian Esdorf (Hansa Rostock) bringt Edisson Jordanov (Stuttgarter Kickers ) zu Fall, Schiedsrichter Johann Pfeifer entscheidet auf Elfmeter für die Kickers. [TV-Bilder – ab Minute 0:25]

Babak Rafati: Der Rostocker Verteidiger kommt im eigenen Strafraum einen Moment zu spät und trifft Jordanov am Fuß. Man kann zwar deutlich erkennen, dass dies keine Absicht war, jedoch ist dies unerheblich. Der Schiedsrichter entscheidet sofort und souverän vollkommen berechtigt auf Strafstoß.

Szene 3: Bajram Nebihi (Stuttgarter Kickers) bekommt den Ball im Strafraum an Hand und trifft danach zum 2:0. Der Treffer zählt. [TV-Bilder – ab Minute 4:15]

Babak Rafati: In dieser Szene steht der Schiedsrichter optimal zum Geschehen und kann den Vorgang durch freie Sicht genau sehen. Der erste Spieler spielt den Ball mit der Brust und der anschließende Torschütze, Nebihi, bekommt den Ball gegen den Bauch. Somit ist alles sauber und korrekt und der Treffer wird zurecht anerkannt.

Szene 4: Nach einer Hereingabe von Maximilian Ahlschwede (Hansa Rostock) wird der Ball von Hendrik Starostzik (Stuttgarter Kickers) in Richtung Tor abgefälscht, der Stuttgarter schießt den Ball aber von der Torlinie zurück ins Spielfeld. Schiedsrichter Pfeifer gibt den Treffer nicht. [TV-Bilder – ab Minute 4:45]

Babak Rafati: Anhand der TV-Bilder ist sehr gut zu erkennen, dass der Ball die Torlinie nicht vollständig überquert hat. Kompliment an den Assistenten, denn in der 3. Liga gibt es noch nicht die Torlinientechnologie, sodass das menschliche Auge stark gefordert ist.

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Szene 5: Alexander Dercho (VfL Osnabrück) läuft im Strafraum auf Valentin Cretu (Energie Cottbus) auf und fordert Elfmeter, Schiedsrichter Thorben Siewer gibt diesen jedoch nicht. [TV-Bilder – ab Minute 4:45]

Babak Rafati: Dercho läuft im Strafraum in den Verteidiger von Cottbus, Cretu, was aber von beiden kein Vergehen darstellt. Der Verteidiger kann sich nicht in Luft auflösen und macht aber auch keine Anstalten, dass er seinen Gegenspieler regelwidrig aufhält. Hier ist Weiterspielen die richtige Entscheidung.

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Szene 6: Marco Pischorn (Preußen Münster) wird im Strafraum zu Fall gebracht, danach trifft Mainz zum 2:2 – Schiedsrichter Sven Waschitzki gibt den Treffer. [TV-Bilder – ab Minute 1:35]

Babak Rafati: Bei diesem Luftduell im Strafraum kann man von einem Grenzfall sprechen. Hier weiterspielen zu lassen, ist im Bereich des Möglichen und als absolut fußballtypisch auszulegen, wenngleich jeder Schiedsrichter derartige Zweikämpfe anders auslegen wird. Ich bin der Meinung, dass der Verteidiger den Kontakt zum Anlass nimmt sehr theatralisch zu fallen. Hier muss ein Verteidiger den Angreifer "stellen", wie es jeder Trainer lehrt und den Körper hinhalten. Eine richtige Entscheidung des Schiedsrichters.

   

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