Strittige Szenen am 23. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati

25 Jahre lang war Babak Rafati Schiedsrichter, 2008 schaffte er es sogar auf die FIFA-Liste. Insgesamt leitete der heute 44-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit- und 13 Drittliga-Spiele. Nun hat Rafati eine neue Aufgabe: Für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter jeden Spieltag die strittigen Entscheidungen des Wochenendes. Nach einer Vorauswahl durch die Redaktion sichtet Rafati das Video-Material und gibt eine kurze Einschätzung zu den jeweiligen Szenen ab und erklärt bei falschen Entscheidungen zudem, wie die Unparteiischen auf dem Platz hätten reagieren müssen. Am 23. Spieltag hat er sich sieben Szenen einmal genauer angeschaut.

Szene 1: Torben Rehfeld (Bremen) trifft für Werder II zum 1:1, Schiedsrichter Michael Weiner gibt den Treffer nach kurzer Diskussion jedoch nicht. [TV-Bilder – ab Minute 5:12]

Babak Rafati: Warum die Entscheidung erst ein paar Sekunden nach Torerzielung getroffen wird, bleibt offen und kann nur spekuliert werden. Vermutlich hat der Assistent nach Torerzielung den Schiedsrichter über das Headset befragt, ob eine Berührung vom Spieler, der zum Kopfball hochspringt, vorgelegen hat – der Schiedsrichter hat dies wohl bejaht. Diese Tatsache wäre vom Gespann prinzipiell gut gelöst. Aber die entscheidende Frage ist, ob der Torschütze unabhängig davon im Abseits stand. Nach den vorliegenden Fernsehbildern ist eine Abseitsposition nicht erkennbar, demnach liegt eine Fehlentscheidung vor.

Szene 2: Steffen Puttkammer (1. FC Magdeburg) bekommt den Ball nach einem Freistoß an die Hand, Weiner gibt Elfmeter für Bremen. [TV-Bilder – ab Minute 6:55]

Babak Rafati: Bei diesem Handspiel geht der Arm des Verteidigers aktiv zum Ball. Zudem liegt keine natürliche Körperhaltung vor, denn der Verteidiger vergrößert seine Körperfläche. Auch ist eine ausreichende Distanz gegeben, sodass der Verteidiger den Arm hätte wegziehen können. In dieser Szene entscheidet der Schiedsrichter zurecht auf Strafstoß, sodass die Entscheidung richtig ist.

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Szene 3: Christopher Gäng (Sonnenhof Großaspach) kommt aus dem Kasten und reißt Niklas Weissenberger (Würzburger Kickers) um, Lasse Koslowski pfeift auf Strafstoß für Würzburg. [TV-Bilder – ab Minute 1:40]

Babak Rafati: Der Torwart trifft den Gegenspieler bei seiner Abwehraktion ins Gesicht, sodass ein Foulspiel vorliegt. Auch wenn der Ball bereits geköpft wurde und der Kontakt danach geschieht, ist dieser Sachverhalt nicht relevant. Somit ist die Strafstoßentscheidung richtig.

Szene 4: Robert Wulnikowski (Würzburger Kickers) bringt Michele Rizzi (Sonnenhof Großaspach) im Strafraum zu Fall. Koslowski entscheidet erst auf Elfmeter, nimmt diese Entscheidung aber kurz danach wieder zurück. [TV-Bilder – ab Minute 3:00]

Babak Rafati: Der Schiedsrichter steht sehr gut zum Geschehen und hat zudem freie Sicht. Der Assistent steht ca. 35 Meter entfernt zum Zweikampf, sodass diese Entscheidung nur dem Schiedsrichter obliegt. Zudem muss eine zweifelsfrei eindeutige Fehlentscheidung des Schiedsrichters vorliegen, um sich in diese Vorgänge einzuschalten. Das ist Kompetenzüberschreitung. Wenn man den Zweikampf sieht, mit welcher Dynamik der Torwart in den Zweikampf herein rauscht, erkennt man, dass ein Kontakt vorliegt und dadurch der Angreifer zu Fall kommt. Strafstoß wäre die richtige Entscheidung gewesen, somit liegt eine Fehlentscheidung vor.

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Szene 5: Marc Endres (Chemnitzer FC) bekommt den Ball an die Hand, Schiedsrichter Peter Sippel entscheidet auf Freistoß für Kiel, wodurch das 2:1 fällt. [TV-Bilder – ab Minute 2:20]

Babak Rafati: In dieser Szene verschätzt sich der Verteidiger bei seiner Kopfballabwehr und nimmt eine unnatürliche Körperhaltung ein und dadurch in Kauf, den Ball mit allen Mitteln aufzuhalten. Der Schiedsrichter entscheidet richtigerweise auf Handspiel.

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Szene 6: Petar Sliskovic (Stuttgarter Kickers) bringt seine Farben mit 1:0 in Führung, Schiedsrichter Patrick Ittrich gibt den Treffer aufgrund einer vermeintlichen Abseitsposition jedoch nicht. [TV-Bilder – ab Minute 3:20]

Babak Rafati: Der Verteidiger schießt bei seinem Abwehrversuch den Stürmer an und von dort geht der Ball ins Tor. Da der Torschütze beim Zuspiel zuvor im Abseits stand, liegt eine richtige Entscheidung vor, denn es handelt sich um die gleiche und nicht um eine neue Spielsituation.

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Szene 7: Marco Grüttner (VfB Stuttgart II) trifft zum 1:1, Schiedsrichter Christian Dietz gibt den Treffer jedoch nicht. [TV-Bilder – ab Minute 3:30]

Babak Rafati: Nach den vorliegenden Bildern kann nicht zweifelsfrei aufgelöst werden, ob ein Foul an den Torhüter vorliegt oder nicht. Die Entscheidung muss man daher akzeptieren.

 

 

   

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