Strittige Szenen am 22. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati

Die nicht gegebenen Elfmeter für Erfurt, Magdeburg und Münster, das 2:1 und 3:1 für Rostock, ein verwehrter Freistoß für Magdeburg, das 1:2 für Osnabrück und der verwehrte Treffer für Jena. Am 22. Spieltag hat sich Ex-FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati für liga3-online.de neun strittige Szenen genauer angeschaut.

[box type="info"]Hintergrund: 25 Jahre lang war Babak Rafati Schiedsrichter, 2008 schaffte er es sogar auf die FIFA-Liste. Insgesamt leitete der heute 44-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit- und 13 Drittliga-Spiele. Seit Februar 2015 hat er eine neue Aufgabe: Exklusiv für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter jeden Spieltag die strittigen Entscheidungen des Wochenendes. Nach einer Vorauswahl durch die Redaktion sichtet Rafati das Video-Material und gibt eine kurze Einschätzung zu den jeweiligen Szenen ab. [/box]

Szene 1: Bastian Kurz (Rot-Weiß Erfurt) geht nach einem Kontakt von Oliver Hüsing (Hansa Rostock) im Strafraum zu Boden, Schiedsrichter Thorben Siewer lässt das Spiel weiterlaufen. [TV-Bilder – ab Minute 4:25]

Babak Rafati: Der Schiedsrichter steht nah am Geschehen und kann den Zweikampf sehr gut sehen. Hüsing fährt sein Bein aus, trifft Kurz am Schienbein und bringt ihn dadurch zu Fall. Dieser Kontakt ist strafwürdig, es hätte Elfmeter für Erfurt geben müssen. Eine Fehlentscheidung des Schiedsrichters, in dieser Szene weiterspielen zu lassen.

Szene 2: Nach einem Distanzschuss von Marcel Hilßner (Hansa Rostock) lässt RWE-Keeper Klewin den Ball nur abprallen, Pascal Breier trifft per Abstauber zum 2:1. Erfurt reklamiert Abseits. [TV-Bilder – ab Minute 2:45]

Babak Rafati: Aus den vorliegenden Bildern kann man nicht endgültig auflösen, ob die Entscheidung richtig oder falsch ist. Daher sollten wir die Entscheidung des Schiedsrichters akzeptieren.

Szene 3: Bryan Henning (Hansa Rostock) bringt den Ball aus dem Halbfeld in den Strafraum, Pascal Breier nimmt ihn an, dreht sich und trifft zum 3:1. Erneut reklamiert Erfurt Abseits. [TV-Bilder – ab Minute 11:05]

Babak Rafati: Beim Torschuss kann man sehr gut sehen, dass ein Erfurter Verteidiger spät heraus rückt und somit zusätzlich zum Torhüter näher zur eigenen Torlinie steht als Breier. Eine richtige Entscheidung des Assistenten, nicht auf Abseits zu entscheiden und somit das Tor anzuerkennen.

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Szene 4: Julius Düker (1. FC Magdeburg) geht nach einem Kontakt von Steffen Puttkammer (SV Meppen) im Strafraum zu Boden. Kein Elfmeter, sagt Schiedsrichter Patrick Alt. [TV-Bilder – ab Minute 1:15]

Babak Rafati: Hier stellt sich nur die Frage, ob der Schiedsrichter auf Schwalbe gegen Düker entscheiden sollte. Weiterspielen zu lassen, ist jedoch die richtige Entscheidung. Natürlich liegt ein leichter Kontakt von Puttkammer vor, jedoch ist dieser im grünen Bereich und somit rekelkonform.

Szene 5: Nach einem langen Ball bekommt Fabian Senninger (SV Meppen) das Spielgerät vor dem Strafraum an die Hand, die Partie läuft weiter. [TV-Bilder – ab Minute 10:25]

Babak Rafati: Der Ball ist lange in der Luft und wird anschließend von Senninger klar und absichtlich mit der Hand gespielt. Der Schiedsrichter ist etwas zu weit vom Spielgeschehen entfernt, was aber auch dem "langen Ball" geschuldet ist. Der Assistent ist ebenfalls zu weit weg. Es liegt jedoch ein strafbares Handspiel vor und somit hätte es einen Freistoß für Magdeburg sowie eine gelbe Karte wegen Unsportlichkeit gegen Senninger geben müssen. Eine Fehlentscheidung, in dieser Szene weiterspielen zu lassen.

 

Szene 6: Tim Danneberg (VfL Osnabrück) trifft nach einem Freistoß zum 1:2, Köln reklamiert, dass der Ball beim Freistoß bereits im Aus war bzw. das eine Abseitsposition vorlag. Schiedsrichter Dr. Martin Thomsen gib den Treffer. [TV-Bilder – ab Minute 2:05]

Babak Rafati: Ob eine Abseitsposition vorliegt, kann man nicht endgültig auflösen. Daher lässt der Assistent richtigerweise im Zweifel weiterlaufen. Durch das Standbein des Osnabrückers kann man indes sehr gut sehen, dass der Ball nicht im Toraus gewesen sein kann. Daher ist es eine richtige Entscheidung, den Treffer für Osnabrück anzuerkennen.

 

Szene 7: Martin Kobylanski (Preußen Münster) wird von Maximilian Ahlschwede (Würzburger Kickers) im Strafraum zu Fall gebracht, Schiedsrichter Christian Dietz lässt das Spiel weiterlaufen. [TV-Bilder – ab Minute 1:40]

Babak Rafai: Man sieht sehr gut, wie der Schiedsrichter dem Spielgeschehen schnell folgt, um in der Gefahrenzone präsent zu sein. Somit "erläuft" er sich eine gute Ausgangsposition. Ahlschwede spielt klar den Ball und trifft den Gegner überhaupt nicht – auch wenn dieser anschließend sehr theatralisch zu Boden geht. Der Schiedsrichter signalisiert sofort auf Weiterspielen, womit er absolut richtig liegt.

Szene 8: Nach einem langen Ball wehrt Dennis Mast (Würzburger Kickers) den Ball mit dem Unterarm ab, einen Elfmeter gib es nicht. [TV-Bilder – ab Minute 2:10]

Babak Rafati: Mast wird der Ball aus kurzer Distanz an den Arm gespielt. Die entscheidende Frage ist, ob der Arm eine natürliche Haltung hat und ob dieser zur Verlängerung der Körperfläche eingesetzt wird. In dieser Szene ist es sehr grenzwertig, jedoch muss man schon die Frage stellen, ob der Arm so weit oben sein muss. Hier wäre es besser gewesen, einen Strafstoß zu pfeifen, wobei man nicht von einer glasklaren Fehlentscheidung sprechen kann, sondern vielmehr von einer Kann-Entscheidung.

 

Szene 9: Thiele trifft zum 3:1 für Jena, Schiedsrichter Tobias Reichel gibt den Treffer aufgrund einer vermeintlichen Abseitsposition nicht. [TV-Bilder – ab Minute 3:50]

Babak Rafati: Die entscheidende Frage in dieser Szene ist, ob der Ball, bevor er zu Thiele kommt, zuvor im Mittelfeld von Mitspieler René Eckardt berührt/verlängert wird oder nicht. Wenn ja, dann wäre die Entscheidung richtig, denn Thiele würde zum Zeitpunkt der Kopfballverlängerung im Abseits stehen. Wenn keine Berührung vorliegt, würde zum Zeitpunkt des vorigen Kopfballs keine Abseitsposition vorliegen. Eine Entscheidung, die man in beiden Varianten akzeptieren sollte, da es nicht endgültig aufzulösen ist.

   

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