Strittige Szenen am 19. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati

25 Jahre lang war Babak Rafati Schiedsrichter, 2008 schaffte er es sogar auf die FIFA-Liste. Insgesamt leitete der heute 44-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit- und 13 Drittliga-Spiele. Nun hat Rafati eine neue Aufgabe: Für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter jeden Spieltag die strittigen Entscheidungen des Wochenendes. Nach einer Vorauswahl durch die Redaktion sichtet Rafati das Video-Material und gibt eine kurze Einschätzung zu den jeweiligen Szenen ab und erklärt bei falschen Entscheidungen zudem, wie die Unparteiischen auf dem Platz hätten reagieren müssen. Am 19. Spieltag hat er sich sieben Szenen einmal genauer angeschaut.

Szene 1: Manuel Farrona-Pulido (1. FC Magdeburg) wird von Lukas Billick (Würzburger Kickers) im Strafraum zu Fall gebracht, Schiedsrichter Benjamin Bläser lässt die Partie aber weiterlaufen. [TV-Bilder – ab Minute 1:50]

Babak Rafati: Billick trifft den Angreifer von Magdeburg, Pulido, im Laufduell deutlich in die Beine und bringt ihn dadurch im eigenen Strafraum zu Fall. Der Schiedsrichter steht sehr nah zum Zweikampf. Durch diese sehr nahe Distanz verkleinert sich der Blickwinkel des Schiedsrichters und somit ist die Sicht etwas eingeschränkt, um den gesamten Ablauf des Zweikampfes sowohl im Oberkörperbereich als auch beim Fußvergehen wahrnehmen zu können. Es hätte Elfmeter geben müssen, somit liegt eine Fehlentscheidung vor.

Szene 2: Christopher Bieber (Würzburger Kickers) nimmt den Ball unmittelbar vor dem 1:1 durch Royal-Dominique Fennell mit dem Arm an. Bläser gibt den Treffer dennoch. [TV-Bilder – ab Minute 7:00]

Babak Rafati: Bei dieser Vorlage zum Torschützen nimmt Bieber den Oberarm regelwidrig zur Hilfe und verschafft sich dadurch einen Vorteil. Da der Armeinsatz auf der abgewandten Seite des Schiedsrichters erfolgt, ist es für ihn schwierig diese Szene wahrzunehmen. Eigentlich steht der Schiedsrichter gut, aber in dieser Szene wäre es besser gewesen, sein Positionsspiel flexibel anzupassen und weiter nach rechts zu rücken. Der Treffer hätte nicht zählen dürfen und hätte stattdessen mit einer gelben Karte geahndet werden und das Spiel mit einem direkten Freistoß für Magdeburg fortgesetzt werden müssen. Somit liegt eine Fehlentscheidung vor.

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Szene 3: Fabian Schnellhardt (Holstein Kiel) trifft zum 2:0, die Erfurter reklamieren jedoch auf Abseits durch René Guder. Schiedsrichter Felix-Benjamin Schwermer gibt den Treffer dennoch. [TV-Bilder – ab Minute 7:00]

Babak Rafati: Bei der Torvorlage des Kieler Spielers René Guder steht dieser eigentlich deutlich in Abseitsposition – der Treffer hätte nicht zählen dürfen. Eine Fehlentscheidung.

Szene 4: Carsten Kammlott (Rot-Weiß Erfurt) zu Fall gebracht, sieht aber aufgrund einer Schwalbe Gelb. [TV-Bilder – ab Minute 3:35]

Babak Rafati: Bei diesem Laufduell vor dem Strafraum von Kiel kommt der Erfurter Spieler Kammlott zu Fall. Es kommt zwar zum Kontakt, jedoch orientiert sich der Kieler Spieler nur zum Ball und es liegt keinesfalls ein Foulspiel vor. Hier wäre es optimal gewesen, das Spiel weiterlaufen zu lassen, denn man kann nicht von einer klassischen Schwalbe sprechen. Somit liegt eine Fehlentscheidung vor.

Szene 5: Marco Höcher (Rot-Weiß Erfurt) foult Fabian Schnellhardt (Holstein Kiel) im Strafraum, Elfmeter für Kiel. [TV-Bilder – ab Minute 3:35]

Babak Rafati: Beim Laufduell im Strafraum von Erfurt trifft Höcher seinem Gegenspieler Schnellhardt eher ungewollt in die Beine und bringt ihn dadurch zu Fall. Beim Foulspiel ist die Absicht aber nicht relevant, sodass diese Strafstoß-Entscheidung richtig ist.

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Szene 6: Marc Lorenz (Wehen Wiesbaden) bringt den Ball zum 1:0 für den SVWW im Tor unter, Schiedsrichter Justus Zorn gibt den Treffer aber nicht. [TV-Bilder – ab Minute 0:20]

Babak Rafati: Nach den vorliegenden Fernsehbildern ist nicht zweifelsfrei zu klären, ob der Ball im Tor ist. Im Zweifel lässt der Schiedsrichter richtigerweise weiterspielen. 

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Szene 7: Elia Soriano (Stuttgarter Kickers) leistet sich einen Ellenbogenschlag gegen Nils Röseler (Chemnitzer FC), eine Verwarnung bzw. eine Karte gibt es von Schiedsrichter Patrick Schult aber nicht. [TV-Bilder – ab Minute 0:20]

Babak Rafati: Der Schiedsrichter kann diese Szene nur mit viel Glück sehen, denn er schaut noch kurz vor dem Ellenbogenschlag zu diesem Pärchen, um im nächsten Moment die richtige Ausführung des Einwurfes zu überwachen. Hier ist es besonders erforderlich, dass alle vier im Schiedsrichterteam diese Pärchenbildung konzentriert beobachten. Natürlich erfolgt ein kurzer, ansatzloser Schlag mit dem Ellenbogen des Stuttgarter Spieler gegen den Chemnitz. Dass der Trainer seinen Spieler kurze Zeit später auswechselt, hat natürlich seine Gründe. Hätte der Schiedsrichter diese Szene gesehen, wäre das eine Tätlichkeit und mit Rot zu ahnden. Dem Schiedsrichter kann man keinen Vorwurf machen.

   

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