Strittige Szenen am 10. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati

25 Jahre lang war Babak Rafati Schiedsrichter, 2008 schaffte er es sogar auf die FIFA-Liste. Insgesamt leitete der heute 44-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit- und 13 Drittliga-Spiele. Nun hat Rafati eine neue Aufgabe: Für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter jeden Spieltag die strittigen Entscheidungen des Wochenendes. Nach einer Vorauswahl durch die Redaktion sichtet Rafati das Video-Material und gibt eine kurze Einschätzung zu den jeweiligen Szenen ab und erklärt bei falschen Entscheidungen zudem, wie die Unparteiischen auf dem Platz hätten reagieren müssen. Am 10. Spieltag hat er sich drei Szenen einmal genauer angeschaut.

Szene 1: Niklas Brandt (Magdeburg) bringt Michael Gardawski (Rostock) im Strafraum zu Fall, Schiedsrichter Sven Jablonski lässt weiterspielen. [TV-Bilder – ab Minute 104:40]

Babak Rafati: Nach der Flanke in den Strafraum orientiert sich Brandt zwar auch zu seinem Rostocker Gegenspieler Gardawski, geht dabei aber völlig korrekt in den Zweikampf. Dabei ist alles sauber und im Bereich des Erlaubten. Es liegt keinesfalls ein Foulspiel vor, auch wenn der Arm eingesetzt wird. Solch ein Kontakt ist fußballtypisch. Der Schiedsrichter ist sehr gut postiert und bewertet die Situation völlig richtig. Somit trifft er eine richtige Entscheidung und lässt weiterspielen.

[box type="info"]Hinweis: Zum nicht gegebenen Tor von Stephan Andrist aus der 77. Minute liegen keine passenden TV-Bilder vor. Somit konnte die Szene hier nicht bewertet werden. [/box]

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Szene 2: Nach einer Ecke für Cottbus ist Kiel-Keeper Zentner zunächst am Ball, kann diesen aber nicht festhalten – Kauko staubt zum 1:1 ab. [TV-Bilder – ab Minute 2:20]

Babak Rafati: Eine sehr undurchsichtige Aktion im Gewühl. Zunächst einmal gilt es festzuhalten, dass der Torwart seit einigen Jahren keinen besonderen Sonderstatus mehr im eigenen Torraum genießt. Er darf jedoch generell von den Gegenspielern nicht attackiert werden, wenn einige Voraussetzungen erfüllt sind. In diesem Fall wäre z.B. relevant, ob der Torwart den Ball in der Hand hält. Halten heißt nach der Regel, dass er den Ball mit beiden Händen festhält oder kontrolliert oder ihn mit einer Hand gegen eine Oberfläche hält, z.B. am Boden oder gegen den eigenen Körper.

Konkret in diesem Fall ist die entscheidende Frage: Hat der Torwart den Ball überhaupt kontrolliert? Wurde er im Moment der Ballkontrolle (nur dieser zählt, weil der Torhüter sonst wie jeder andere Feldspieler beurteilt wird) bedrängt? Oder hat er den Ball nicht richtig fangen können und selbst wieder aus der Hand geworfen? Eine sehr grenzwertige Situation. Hier kann sich jeder Mal ein eigenes Bild machen und entscheiden. Ich kann die Regelinterpretation des Schiedsrichters nachvollziehen und hätte tendenziell in diesem Gewühl wahrscheinlich auch weiterspielen lassen.

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Szene 3: Anton Fink (Chemnitz) trifft nach Vorlage von Reagy Ofosu zum 1:1, zuvor wurde jedoch der Stuttgarter Torwart Uphoff angegangen – Schiedsrichter Daniel Schlager gibt den Treffer. [TV-Bilder – ab Minute 1:10]

Babak Rafati: Ofosu steht knapp innerhalb des Strafraums von Stuttgart mit dem Rücken zum Tor und wird vom Mitspieler hoch angespielt. Dabei läuft der Torwart von Stuttgart aus seinem Tor Richtung Ofosu heraus und wehrt den Ball mit beiden Händen ab. Der Stürmer orientiert sich nur zum Ball und keinesfalls zum Torwart, somit ist alles korrekt. Selbst wenn es zu einem erheblichen Kontakt gekommen wäre, wäre die Aktion vom Torwart ausgegangen und hätte dann sogar gegen diesen ausgelegt werden müssen. Also eine richtige Entscheidung.

 

[box type="info"]Hinweis: Weitere Szenen konnten aufgrund zum Teil fehlender TV-Bilder nicht bewertet werden.[/box]

   
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