Sportlicher Erfolg vs. finanzielle Notlage

Seitdem Rot Weiss Ahlen am 14. Oktober am Amtsgericht Münster den Antrag auf Insolvenzverfahren stellte, ist in der Wersestadt viel passiert. Am Auffälligsten ist jedoch der zunehmende spielerische Erfolg seit Bekanntwerden der finanziellen Situation. Wie schon berichtet, muss der Sportverein aus dem Westen ein Sanierungskonzept für 2,2 Millionen Euro Verbindlichkeiten erarbeiten, um eine Zukunft und einen Spielbetrieb über den 30. November hinaus, zu sichern. Nur bis zu diesem Zeitpunkt sind Gehälter und laufende Kosten durch Insolvenzgelder gedeckt. Insolvenzverwalter Michael Mönig, sowie der Vorstand der Rot Weissen halten sich bedeckt und hüllen sich in Schweigen.

Stadt Ahlen lehnte Hilfe ab

Fest steht aber wohl, dass nur neue Sponsoren und private Investoren in Frage kommen, den finanziellen Kollaps abzuwenden. Die Stadt Ahlen, an die der Verein pflichtbewusst herangetreten ist, hat bereits einige Hilferufe und Finanzierungspläne abgelehnt. So sollte zum Beispiel das Wersestadion der Stadt für 2 Millionen Euro überlassen werden. Der Verein hätte im Gegenzug in den nächsten 20 Jahren jeweils 100.000 Euro an die Wersestadt gezahlt. Der Stadtrat lehnte das Angebot ab und auch eine Übertragung des Erbbaurechts an den Verein als Sicherheit für Banken, die dann wiederum als Vorfinanzierer in Frage kommen würden, wurde aus rechtlichen Gründen abgelehnt, da ein solcher Vorgang gegen das gültige Gemeinderecht verstoße.

Ärger über Zuschüsse für Handball-Leistungszentrum wächst

Zum Aufschrei unter Fans, Unterstützern und Bewohnern der Stadt im Münsterland kam es dann endgültig als im Rat mit einer Stimme Mehrheit dem Bau eines Handball-Leistungszentrum der Ahlener SG und damit der Übertragung des Erbbaurechts an die Sportgemeinschaft zugestimmt wurde. Zur Erklärung sei gesagt, dass der Profibereich der ASG im vorigen Jahr mit dem der Stadt Hamm zusammen gelegt wurde, die Ahlener SG aber weiterhin mit den Jugend- und Nachwuchsmannschaften besteht. Die Kosten für den Bau einer neuen Halle belaufen sich auf 2,8 Millionen Euro, von denen 20 Prozent von der Stadt getragen werden müssen. Der Rest wird durch Zuschüsse vom Land NRW finanziert.

Demo am letzten Samstag

Kurzerhand organisierten Fans zum ersten Mal in der Ahlener Sportgeschichte einen Protestmarsch vom Bahnhof, über den Marktplatz bis hin zum Rathaus, an dem symbolisch ein Kranz mit der Aufschrift „Wir dürfen nicht sterben!!! Rettet unseren Rot Weiss Ahlen“ niedergelegt wurde. Ziel dieser Demonstration war es, den Unmut über die ungerechten Entscheidungen im Stadtrat, sowie den Zusammenhalt von Ahlenern, Fans und Verein zu verdeutlichen und zu zeigen, dass es sich bei RWA nicht nur um 22 Profi-Fußballspieler, sondern um einen Werbeträger, Arbeitgeber und Jugendförderer handelt.
Bürgermeister Benedikt Ruhmöller glänzte mit Abwesenheit und ließ sich von seiner Stellvertreterin und Stadtkämmerer Klaus Muermans vertreten. Letzterer stellte allein den Rückkauf des „Zweit-Sportplatzes“ Südenkampfbahn, sowie eine eventuelle Finanzspritze von 50.000 € in Aussicht. Abgestimmt werden soll darüber wohl Anfang Dezember. Ob es den Verein dann noch gibt, steht wie oben genannt in den Sternen. Ein Schelm, wer böses dabei denkt.

Vier Ahlen-Siege in Folge

Den Zusammenhalt der Fans nehmen sich wohl auch die Spieler von Rot Weiss Ahlen zum Vorbild. Ausgerechnet seit Bekanntgabe des erwähnten Antrags auf ein Insolvenzverfahren zeigt die Mannschaft der Westfalen Spitzenleistungen auf dem Platz. Kam es zwei Tage nach Verkündung noch zu einem 1:1-Unentschieden gegen den SV Sandhausen, folgten danach 4 Siege in Folge. In Bayern trennte man sich mit 3:2 gegen die zweite Mannschaft des aktuellen deutschen Meisters, Wehen Wiesbaden schickte man mit einem ausdrucksvollen 4:1-Erfolg nach Hause und in Regensburg reichte es zu einem 2:1-Vorsprung. Im letzten Spiel gegen die Aalener aus Baden Württemberg holte die Elf aus Ahlen sogar einen 0:2 Aufstand auf und ließ sich am Ende mit einem 4:2 von den heimischen Fans feiern.

Sehr gute Ausgangslange für den Abstiegskampf

Sportlich gibt es also im Moment keinen Grund zur Beschwerde. Aus dem Abstiegskampf ging es hinauf auf einen 9. Platz der Tabelle mit sieben Punkten Vorsprung auf die Abstiegsränge und einem noch ausstehenden Nachholspiel gegen die Amateure des VfB Stuttgart. Interessant ist die Suche nach Gründen für den plötzlichen Erfolg. Liegen sie darin, dass in der momentanen Situation die Spieler noch enger zusammen rücken und man mit noch mehr Kampfes- und Siegeswille auf den Platz geht? Setzte die Leistungssteigerung dadurch ein, dass einfach der Knoten platzte? Schlecht gespielt wurde auch vorher nicht, doch fehlte es einfach an ausreichend Toren für mehr Siege. Möglich wäre sicher auch, dass die Spieler von Rot Weiss Ahlen ihren Job gefährdet sehen und sich daher jetzt schon durch ihr Auftreten auf dem Spielfeld für andere Vereine anbieten.

Entgültige Entscheidung folgt in einer Woche

Gegensätze, wie man sie normalerweise wohl nicht für möglich hält. Die sportliche Leistung steht ganz klar im Gegensatz zur finanziellen Situation. In knapp einer Woche wird es die Entscheidung geben, ob der Verein nun wirklich den Weg in die Insolvenz antritt und damit aufgelöst und aus dem Vereinsregister gelöscht wird, ob man in die so genannte Planinsolvenz geht, die Saison zu Ende spielt und danach in einer unteren Liga weiter macht oder ob man mit einem geeigneten Konzept dem Tod noch einmal von der Schüppe springen kann.
Zusammenfassend kann man den Zustand folgendermaßen ausdrücken: In Ahlen fahren die Gefühle zurzeit Achterbahn. Zur Freude über die sportlichen Erfolge mischen sich Angst und Ungewissheit um ein Überleben von Rot Weiss Ahlen.

   

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