Saisonprognose #4: Essen, Verl, Viktoria Köln und Rostock

Die 18. Drittliga-Saison steht vor den Türen. Doch wer sind eigentlich die Aufstiegskandidaten, wer muss um den Klassenerhalt bangen? Und wer hat das Zeugs zur Überraschungsmannschaft? In fünf Teilen nimmt liga3-online.de alle Teams unter die Lupe. Im vierten Teil untersuchen wir Essen, Verl, Viktoria Köln und Rostock.

Ausgangslage: Hinrunde Flop – Rückrunde Top. Selten trifft eine solch klare Unterteilung so sehr zu wie auf die vergangene Spielzeit von Rot-Weiss Essen. Nachdem die Mannschaft in der Hinrunde tief im Tabellenkeller feststeckte und bereits einige Abstiegssorgen die Runde machten, startete Essen unter Neu-Trainer Uwe Koschinat nach Weihnachten einen beeindruckenden Lauf. Platz zwei in der Rückrundentabelle und ein lange Zeit undenkbarer achter Platz in der Gesamtabrechnung belegen den Aufschwung eindrucksvoll.

Entsprechend groß fällt die Euphorie rund um den Deutschen Meister von 1955 aus. Zahlreiche gute Transfers und eine geplante Erweiterung des Stadions an der Hafenstraße tun ihr Übriges. Bester Ausdruck der neu entfachten Begeisterung sind die 2.000 Fans, die die Ruhrpott-Elf für eine Neuauflage einer Europapokalpartie gegen Hibernian Edinburgh nach Schottland begleiteten und dort für eine beeindruckende Atmosphäre sorgten. Im vierten Drittligajahr strebt RWE nach mehr: Nur allzu gerne würden die Fans die Rückkehr in die 2. Bundesliga feiern.

Transfers: Der größte Erfolg auf dem Transfermarkt ist zweifellos, dass bis auf Julian Eitschberger, der nach erfolgreicher Leihe zu Stammverein Hertha BSC zurückkehrt, kein einziger Stammspieler abgegeben werden musste. Anders als im Vorjahr kann Essen also auf ein bestehendes Gerüst zurückgreifen, das zudem gezielt verstärkt wurde. Da wäre zum Beispiel Marvin Obuz, der nach einem Jahr in Köln, an seine alte Wirkungsstätte zurückkehrt, wo ihm in der Spielzeit 23/24 beeindruckende 21 Scorer gelangen.

Mit Luca Bazzoli (Münster) konnte zudem ein Zweitliga-Stammspieler von einem Wechsel an die Hafenstraße überzeugt werden. Aber auch von Franci Bouebari (Freiburg II), Jannik Hofmann (Nürnberg II), Jaka Cuber Potocnik (Köln), Michael Kostka (Legnica) und Marek Janssen (Meppen) versprechen sich die Verantwortlichen einiges. Und damit nicht genug: Die Vereinsführung arbeitet gerade daran, weitere Mittel für hochklassige Verstärkungen freizumachen. So soll Vincent Vermeij aus Düsseldorf noch kommen.

Testspiele: Und auch die Testspielbilanz der Rot-Weissen kann sich sehen lassen: Mit hohen Siegen gegen Landesligist VfB Bottrop (10:0) und Bezirksligist Frohnhausen (8:1) startete RWE torhungrig in die Vorbereitung. Auch gegen Oberligist Schwarz-Weiß Essen (5:1), Regionalligist Fortuna Köln (5:0) und Zweitligist Magdeburg (5:2) überzeugte die Koschinat-Truppe in der Offensive. Eine Niederlage gab es lediglich gegen Europapokal-Starter Hibernian Edinburgh (2:3). Vor dem Ligastart gegen 1860 München testet Essen am Freitag noch doppelt gegen den FC Augsburg.

Prognose: Die Vorzeichen sind vielversprechend: Starke Transfers, kaum Abgänge und viel Euphorie im Umfeld. Entscheidend wird sein, wie die Koschinat-Truppe und das anspruchsvolle Umfeld reagieren, wenn es mal nicht läuft. Erweist sich RWE als krisenresistent, sind die Rot-Weissen ein heißer Aufstiegsanwärter. Platz 2-5.

 

Ausgangslage: Und jährlich grüßt das Murmeltier: Wieder einmal spielte der SC Verl aller negativen Prognosen zum Trotz eine bockstarke Saison – passend zum 100-Jährigen Bestehen gar die beste der Vereinsgeschichte. Und wieder einmal muss der Sportclub im darauffolgenden Sommer einen herben Umbruch verkraften. Nicht nur verließen zahlreiche Leistungsträger den Verein, sondern mit Erfolgstrainer Alexander Ende und Sportvorstand Sebastian Lange auch die beiden Architekten des Erfolgs.

Immerhin hatte Lange noch vor seinem Wechsel nach Paderborn die Kaderplanung weit vorangetrieben und mit Tobias Strobl (zuvor Augsburg II) einen Trainer verpflichtet, der sich nahtlos in die Verler Philosophie einfügen soll. Auch die Nachfolgeregelung in der sportlichen Leitung fällt Verl-like aus: Ex-Spieler Zlatko Janjic steigt intern auf und übernimmt als neuer Sportvorstand. Eine weitere positive Nachricht: Mit Torwart-Talent Philipp Schulze und Topscorer Berkan Taz konnten zumindest zwei umworbene Säulen (bislang) gehalten werden.

Transfers: Was haben Sturmtank Lars Lokotsch, die beiden Organisatoren Marcel Benger und Tom Baack und die Abwehrspieler Patrick Kammerbauer, Daniel Mikic und Tim Köhler gemeinsam? Sie alle verließen den SCV im Verlauf des Sommers und hinterlassen klaffende Lücken. Die meisten zog es in die 2. Bundesliga – ein Beleg für die herausragende Arbeit in der beschaulichen ostwestfälischen Kleinstadt.

Doch mit solchen Abgängen kennt man sich an der Poststraße aus. Getreu dem Motto, sich die neuen Stützen selbst auszubilden, fischte der Sportclub bei der Suche nach neuen Helden vor allem in der Regionalliga: Fabian Wessig und Alem Japaur kamen aus Würzburg, Joshua Eze von Fortuna Köln und Almin Mesanovic aus Offenbach. Abwehrtalent Ethan Kohler wurde bei Bremen II ausfindig gemacht, Sturmtalent Alessio Besio bei Freiburg II. Etwas höherklassige Erfahrung bringen Martin Ens (Paderborn) und Dennis Waidner (Unterhaching) mit. Ein bis zwei weitere Neuzugänge könnten folgen.

Testspiele: Verl startete mit klaren Siegen gegen Sechstligist Kaunitz (7:0) sowie die beiden Regionalligisten Oberhausen (5:1) und Gütersloh (2:0) in die Vorbereitung, musste sich danach jedoch Preußen Münster knapp geschlagen geben (0:1). Gegen Regionalligist Bocholt (2:1) gelang ein Pflichtsieg, gegen Premier League-Aufsteiger Leeds United setzte es eine 1:4-Niederlage. Das letzte Testspiel gegen den niederländischen Zweitligisten Venlo steht noch aus, ehe es zum Ligaauftakt zu Waldhof Mannheim geht.

Prognose: Umbrüche ist man in Verl längst gewohnt, doch dieser hat es mit der gleichzeitigen Neubesetzung der Kommandobrücke besonders in sich. Entsprechend sind die Schwarz-Weißen in der neuen Saison eine schwer auszurechnende Wundertüte. Wie schlagen die Neuen aus der Regionalliga ein? Wie macht sich Strobl als neuer Trainer? Für den Klassenerhalt wird es erneut reichen, eine Wiederholung der hervorragenden Vorsaison scheint aber unrealistisch. Platz 9-13.

 

Ausgangslage: Chapeau Viktoria Köln! Etlicher schmerzhafter Abgänge zum Trotz legte die Viktoria in der abgelaufenen Saison eine beeindruckende Performance hin und liebäugelte zwischendurch sogar mit dem erstmaligen Aufstieg in die 2. Liga. Am Ende lief die von Olaf Janßen perfekt eingestellte Mannschaft auf einem starken sechsten Platz über die Ziellinie – die beste Platzierung der Vereinsgeschichte.

Nun wartet ein neues Kapitel Höhenberger: Nach viereinhalb Jahren übergab Janßen den Staffelstab an Co-Trainer Marian Wilhelm. Für den 36-Jährigen, der seit 2010 mit kurzen Unterbrechungen in verschiedensten Funktionen bei der Viktoria tätig ist, bedeutet das die erste Cheftrainerrolle im Herrenbereich. Doch nicht nur auf der Trainerbank gab es einen Wechsel – auch der Kader wurde kräftig durcheinandergewirbelt: 18 Abgänge sorgen dafür, dass die Viktoria in der kommenden Saison ein völlig neues Gesicht haben wird. Dennoch konnte zumindest eine Achse an Leistungsträgern gehalten werden.

Transfers: Knapp eineinhalb Jahre spielte Said El-Mala den Verteidigern der 3. Liga Knoten in die Beine – nun wird sich das hochtalentierte Viktoria-Eigengewächs beim großen Effzeh in der Bundesliga versuchen. Neben El-Mala haben unter anderem auch Edeljoker Semih Güler (Darmstadt), die Abwehrtalente Zoumana Keita (für 500.000 Euro zu Anderlecht), Sidny Cabral (Estrela Amadora) und Niklas May sowie Spielmacher Donny Bogicevic (beide nach Wiesbaden) den Verein verlassen.

Positiv: Der heiß umworbene Topstürmer Tyler-Lex Lobinger konnte (Stand jetzt) gehalten werden. An seiner Seite soll künftig David Otto (Sandhausen) für Gefahr sorgen. Mit Raphael Ott (1860), Leonhard Münst (Stuttgart II), Leander Popp (Unterhaching/Fürth) und Lucas Wolf (Sandhausen) kam weitere Offensivpower aus der 3. Liga. Die Defensive wurde mit Verthomy Boboy (Lüttich), Meiko Sponsel (1. FC Köln II) und Tim Kloss (1860) verstärkt – allesamt junge, entwicklungsfähige Spieler, die in Köln den nächsten Schritt gehen wollen.

Testspiele: Die Vorbereitung der Viktoria verlief durchwachsen. Auf ein 5:0 gegen Sechstligist VfB Linz folgten ernüchternde Ergebnisse gegen die Regionalligisten Wiedenbrück (1:2) und Bonn (1:1). Zwar setzte sich die Wilhelm-Elf anschließend mit 6:4 gegen den FSV Frankfurt durch, war danach jedoch beim 0:3 gegen den niederländischen Zweitligisten VVV-Venlo chancenlos. Das letzte Testspiel steigt am kommenden Wochenende bei Preußen Münster, ehe die Saison mit einem Heimspiel gegen Schweinfurt startet.

Prognose: Der Umbruch ist groß und die Vorbereitung zeigt, dass sich die neue Viktoria – insbesondere in der Defensive – erst noch finden muss. Dennoch steckt weiterhin viel Talent im Kader. Die Viktoria ist eine Wundertüte, die erneut für mehr positive als negative Schlagzeilen sorgen wird. Platz 8-12.

 

Ausgangslage: Was wäre gewesen, wenn Daniel Brinkmann schon im vergangenen Sommer das Traineramt beim F.C. Hansa Rostock übernommen hätte? Eine Frage, die im Nachhinein nur hypothetisch zu beantworten ist. Fakt ist allerdings, dass der junge Ostwestfale die Kogge nach einem Fehlstart schnell wieder auf Kurs brachte und bis in die Aufstiegszone manövrierte. Für den ganz großen Wurf fehlte Hansa am Ende der letzte Punch – und so muss Rostock in dieser Saison einen neuen Anlauf nehmen, diesmal von Beginn an mit Brinkmann am Steuer.

Damit dieser Anlauf ein erfolgreicher wird, fahndete Sportdirektor Amir Shapourzadeh auf fast allen Positionen nach gezielten Verstärkungen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Der neue Kader kommt noch ausgewogener daher als in der Vorsaison und weist zudem eine beachtliche Tiefe auf. Kurzum: Auf dem Papier erscheint der Kader aufstiegsreif. Das sehen auch die Trainer der Drittligakonkurrenz so: 16 der 20 Übungsleiter nominierten Hansa als Aufstiegsfavorit – nur 1860 München (17 Nominierungen) wurde häufiger genannt.

Transfers: Mit Alexander Rossipal, Nils Fröling (beide nach Dresden) und Sigurd Haugen (Aarhus/1860) verließen nur drei Stammspieler den Verein. Dem gegenüber steht eine ganze Reihe an potentiellen neuen Stammspielern. Im Sturm soll der erfahrene Andreas Voglsammer (Hannover) für neue Wucht sorgen, an seiner Seite könnte künftig Regionalliga-Torjäger David Hummel (Homburg) stürmen. Für neues Tempo und neue Kreativität sollen Maximilian Krauß (Cottbus) und Paul Stock (Elversberg) sorgen. Im Zentrum bringt Kenan Fatkic (Neuchâtel) Stabilität, während Lukas Wallner (Hannover II), Florian Carstens (Wiesbaden) und Leon Reichardt (Stuttgart II) die Defensive verstärken. Womöglich ist die Kaderplanung mit diesen Transfers aber noch gar nicht abgeschlossen. Ein Linksaußen als Ersatz für Kevin Schumacher (Osnabrück) könnte noch kommen.

Testspiele: Die Hanseaten präsentierten sich in starker Frühform: Sieben Siege in sieben Testspielen, darunter ein 3:1-Erfolg gegen Aston Villa, sind ein Statement. Weitere Siege gab es gegen die unterklassigen Lokalrivalen Rostocker FC (7:0) und Anker Wismar (3:2) sowie gegen die Regionalligisten Phönix Lübeck (6:0), Magdeburg II (4:1) und Greifswald (3:2). Mit Hannover 96 und Eintracht Braunschweig warten noch zwei echte Gradmesser, bevor es in gut einer Woche gegen Erzgebirge Aue ernst wird.

Prognose: Nachdem es letzte Saison knapp nicht reichte, scheint die Kogge jetzt reif: Der Kader wurde gezielt verstärkt, die Frühform in der Vorbereitung ist beeindruckend. Der Kurs scheint klar – in Richtung Aufstieg. Platz 1-3.

 

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