Saisonprognose #3: Aachen, 1860, Ingolstadt, Wiesbaden

Die 18. Drittliga-Saison steht vor den Türen. Doch wer sind eigentlich die Aufstiegskandidaten, wer muss um den Klassenerhalt bangen? Und wer hat das Zeugs zur Überraschungsmannschaft? In fünf Teilen nimmt liga3-online.de alle Teams unter die Lupe. Im dritten Teil schauen wir auf Aachen, 1860, München, Ingolstadt und Wiesbaden.
Ausgangslage: Eigentlich herrschte Eitel Sonnenschein in Aachen. Die Alemannia hatte die Saison als Aufsteiger trotz einiger Widerstände mit einem beachtlichen 12. Platz abgeschlossen, sich im Saisonverlauf kontinuierlich gesteigert und für eine gewaltige Begeisterung im Umfeld gesorgt. Doch dann die bittere Nachricht: Trainer Heiner Backhaus verabschiedete sich trotz vorangegangener Liebesbekundungen Mitte Juni in Richtung Braunschweig. Ein herber Schlag für die Schwarz-Gelben, die nach der Trennung von Sascha Eller zudem auch noch ohne Sportdirektor dastehen.
Der technischer Direktor Erdal Celik entschied sich bei der Trainersuche schließlich für Benedetto Muzzicato, der die 3. Liga bereits von seiner Zeit bei Viktoria Berlin kennt. Der Deutsch-Italiener steht für einen sehr mutigen und attraktiven Fußball und soll die Alemannia nach dem kampfbetonten Spielstil unter Backhaus spielerisch auf ein neues Niveau bringen. Ein ambitioniertes Vorhaben, schließlich war die Mannschaft bis dato auf den Backhaus-Fußball ausgelegt.
Transfers: Mit Soufiane El-Faouzi (für 200.000 Euro zu Schalke) und Patrick Nkoa (noch vereinslos) musste Aachen nur zwei Leistungsträger ziehen lassen. Ansonsten trennte sich die Alemannia vor allem von Spielern aus dem Regionalligakader, die in der 3. Liga kaum eine Rolle spielten. Im Fokus der Kaderverstärkung stand die größte Baustelle der Vorsaison: der Sturm. Mit Valmir Sulejmani (Hannover II), Kwasi Wriedt (Sanliurfaspor) und Fabio Torsiello (Unterhaching/Darmstadt) wurden gleich drei neue Angreifer verpflichtet – ein weiterer Stürmer soll noch folgen. Für zusätzliche Stabilität in der Defensive soll Jeremias Lorch (Sandhausen) sorgen. Darüber hinaus stießen mit Marc Richter (Mainz II), Joel da Silva Kiala (Frankfurt II) und Matti Wagner (Essen/Fürth) drei vielversprechende Talente zum Team. Damit ist die Kaderplanung allerdings noch längst nicht abgeschlossen. Mit Rachid Azzouzi steht zudem ein neuer Sportdirektor in den Startlöchern.
Testspiele: Los ging die Vorbereitung mit zwei klaren Erfolgen gegen unterklassige Gegner: Gegen die Stadtauswahl Übach-Palenberg gab es einen 12:0-Sieg und gegen den SV Dessau ein 6:1. Einen Sieg gelang zudem gegen Rot-Weiß Erfurt (2:1), gegen die beiden Zweitligisten Roda Kerkrade aus den Niederlanden (0:2) und Patro Eisden aus Belgien (0:4) setzte es dann allerdings deutliche Niederlagen. Dazwischen gelang immerhin ein knapper 1:0-Erfolg beim Regionalliga-Aufsteiger Bonner SC. Die Generalprobe vor dem Ligaauftakt gegen den VfL Osnabrück steigt am Samstag gegen Fortuna Düsseldorf.
Prognose: Wartet das verflixte zweite Jahr auf die Alemannia? Die Entwicklung schien positiv, doch der Backhaus-Abgang trifft die Kaiserstadt im Mark. Bei der Nachfolgerwahl bewiesen die Verantwortlichen Mut: Muzzicato steht wie kaum ein zweiter für einen attraktiven und modernen Fußball. Doch ist der Kader dazu in der Lage, die Ideen umzusetzen? Tendenziell überwiegen die Fragezeichen – eine schwere Saison wartet auf den TSV, zumal Kapitän Mika Hanraths nach einer schweren Muskelverletzung monatelang ausfallen wird. Platz 14-17.
Ausgangslage: Was für ein ereignisreicher Sommer! Schon zu Ostern kündigten die beiden Promis Kevin Volland und Florian Niederlechner die Rückkehr zu ihrem Herzensverein an, beide verzichten freiwillig auf große Teile ihres Gehalts. Der Startschuss für eine beachtliche Transferoffensive. Mit viel Geschick verpflichtete Sports-Geschäftsführer Dr. Christian Werner für jeden Mannschaftsteil hochklassige Spieler und formte dabei eine auf dem Papier äußerst schlagkräftige Truppe, die nach den beiden enttäuschenden Vorsaisons endlich wieder einen Angriff nach oben ermöglichen soll. Die Wettanbieter und Drittliga-Trainer sind sich einig: der TSV ist mit diesem Kader der Topfavorit auf den Aufstieg.
Die gewaltige Euphorie rund um den bayerischen Traditionsverein erreichte ihren Höhepunkt, als der Ausstieg des umstrittenen Investors Hasan Ismaik vermeldet wurde. Ein wahrgewordener Traum für viele Fans, der knapp zwei Wochen später wie Seifenblasen zerplatzte – der Verkauf war gescheitert. Das altbekannte Chaos in der Vereinsführung ist damit zurück. Eine Schlüsselfrage ist nun, inwiefern es Trainer Patrick Glöckner gelingt, die politischen Unruhen von seiner Mannschaft fernzuhalten.
Transfers: Vereinslegende Marco Hiller (KAS Eupen), Mittelfeld-Ass Julian Guttau (Aue) und Eigengewächs Lukas Reich (für 500.000 Euro zu Greuther Fürth) wurden so wie elf weitere Spieler bewusst abgegeben, um Platz für eine Kaderumstrukturierung zu schaffen. Und diese gelang auf beeindruckende Weise: Sports-Geschäftsführer Werner lotste unter anderem mit Thomas Dähne (Kiel), Manuel Pfeifer (Hartberg), Siemen Voet (Bratislava), Max Christiansen (Hannover) und Sigurd Haugen (Rostock/Aarhus) etliche namhafte und höherklassig erprobte Neuzugänge nach München Giesing. Die Königstransfers Volland und Niederlechner heben das Team zusätzlich auf ein neues Niveau. Das Ergebnis ist ein auf dem Papier sehr hochwertiger Kader, der auf allen Positionen doppelt besetzt ist und Trainer Glöckner vor die Qual der Wahl stellt.
Testspiele: Die Vorbereitung der Löwen, die in einem neuen 3-4-1-2-System auflaufen, verlief durchaus vielversprechend: Auf zwei zweistellige Kantersiege gegen Bezirksligist TSV Grafenau (10:0) und Kreisligist TSV Weyarn (15:0) folgten zwei 5:0-Erfolge gegen Oberligist Eintracht Bamberg und den österreichischen Erstligisten SV Ried. Auch die SKU Amstetten (österreichischer Zweitligist) und der FC Vaduz (Schweizer Zweitligist) wurden besiegt – jeweils mit 1:0. Einzig der tschechische Erstligist Slovan Liberec konnte die Münchner bezwingen (0:1). Im bayerischen Landespokal gab sich die Glöckner-Elf wiederum keine Blöße und siegte mit 6:0 gegen den SC Reichmannsdorf. Bevor in gut einer Woche das Saisoneröffnungsspiel gegen Rot-Weiss Essen ansteht, testet der TSV am kommenden Samstag noch gegen Ligakonkurrent Jahn Regensburg.
Prognose: Mit diesem Kader ist 1860 zweifellos ein heißer Aufstiegsanwärter. Doch können die Löwen mit der Rolle als Aufstiegsfavorit umgehen? Wie managt Glöckner die vielen drohenden personellen Härtefälle? Und wie geht die Mannschaft mit vereinspolitischen Störfeuern um? Einige offene Fragen, die maßgeblich über den erfolgreichen Ausgang der Saison entscheiden werden. Platz 1-4.
Ausgangslage: Offensivspektakel ja – Aufstieg nein. So plakativ wie zutreffend lässt sich die abgelaufene Saison des FC Ingolstadt zusammenfassen. Unter Sabrina Wittmann spielten die Schanzer einen sehr ansehnlichen Fußball, zudem überzeugte die erste Cheftrainerin im deutschen Profifußball mit einer starken Einbindung der Jugend. Doch just in der entscheidenden Saisonphase ging den Oberbayern die Luft aus, und der eigentlich anvisierte Aufstieg wurde deutlich verpasst.
So geht der FCI jetzt schon in seine vierte Drittliga-Saison seit dem Wiederabstieg. Ein Umstand, der die Audistädter zu deutlichen Kosteneinsparungen (25 Prozent) zwingt, die sich wiederum in der Kaderplanung niederschlagen: Gleich 16 Spieler verabschiedeten die Schanzer im Verlauf des Sommers – und kassierten dafür geschätzte zwei Millionen Euro an Einnahmen. Auf der Zugangsseite agierte Ingolstadt dagegen deutlich zurückhaltender. Statt prominenter Spieler liegt der Fokus mittlerweile klar und deutlich auf jungen Talenten, die in der Donaustadt ihren nächsten Entwicklungsschritt gehen sollen.
Transfers: Deniz Zeitler, Sebastian Grönning, Felix Keidel, Mladen Cvjetinovic, Benjamin Kanuric, David Kopacz, Pelle Boevink und Pascal Testroet – sie alle hatten in der vergangenen Saison wichtige Rollen inne und sie alle sind mittlerweile nicht mehr Teil des FC Ingolstadt. Stattdessen sollen die hauseigenen Talente in die Bresche springen – und zwei neue Stürmer aus Dänemark: Mads Borchers und Frederik Christensen setzen nach Grönning und Tobias Bech die dänische Tradition beim FCI fort. Außerdem wurde der talentierte Deutsch-Schwede Dennis Kaygin von Rapid Wien abgeworben. Zudem kommen Kai Eisele und Julian Kügel (beide aus Unterhaching) sowie Linus Rosenlöcher (Aue). Hohe Erwartungen haben die Verantwortlichen an Yann Sturm, der von Freiburg II ausgeliehen wurde.
Testspiele: Auf klare Siege gegen die Regionalligisten Eichstätt (5:0) und Bayreuth (6:1) folgte eine 2:4-Pleite gegen Zweitligist Greuther Fürth. Ein Achtungserfolg gelang anschließend gegen Serie-A-Klub FC Turin (1:1). Im bayerischen Landespokal tat sich der FCI gegen dagegen gegen Kreisligist FSV Harthof München richtig schwer und mühte sich zu einem 2:1-Sieg. Ein abschließender Test gegen Heidenheim steht noch aus, ehe am 2. August der Ligaauftakt gegen Jahn Regensburg ansteht.
Prognose: Szenenwechsel in Ingolstadt: Statt teuren Investments in einen aufstiegsreifen Kader heißt die Devise mittlerweile Jugend forsch. Der neue Kader bringt viel Entwicklungspotential mit, muss sich nach diesem XXL-Umbruch aber erstmal finden. Keine leichte Aufgabe für Wittmann, die die Schanzer trotzdem mindestens ins untere Mittelfeld führen wird. Platz 11-14.
Ausgangslage: Als Maus bezeichnet zu werden, mag ganz charmant sein, wenn es sich dabei um den Partner oder die Partnerin handelt. Im Fußball ist die Konnotation dagegen weniger positiv – erst recht nicht in Verbindung mit dem Adjektiv "grau". Als eine solche graue Maus galt zuletzt der SV Wehen Wiesbaden, der in der Vorsaison nach einem ordentlichen Saisonstart schnell ins Mittelfeld abrutschte und dort mit einer unattraktiven Spielweise vor sich hinvegetierte.
In der neuen Saison soll es daher in der hessischen Landeshautstadt wieder weiter nach oben gehen. Am besten sogar ganz nach oben, denn das seit Jahren ausgerufene Fernziel des Vereins ist es, zum 100-jährigen Vereinsjubiläum im Jahr 2026 wieder in der 2. Liga spielen. Schlüssel zum Erfolg soll dabei die Konstanz sein. Der Kader wurde größtenteils zusammengehalten und gezielt verstärkt. Auch Trainer-Eigengewächs Nils Döring bekam weiter das Vertrauen ausgesprochen.
Transfers: Schmerzhaft sind vor allem die Abgänge der langjährigen Leistungsträger Thijmen Goppel (Bali United) und Florian Carstens (Rostock) sowie der Wechsel von Mittelfeld-Ass Nick Bätzner (Paderborn). Neuer Fixpunkt in der Offensive soll Lukas Schleimer werden, der aus Nürnberg in den Taunus wechselt. Mit Donny Bogicevic (Köln), Robin Kalem (Hannover II) und Simon Stehle (Saarbrücken) konnte Sports-Geschäftsführer Uwe Stöver drei weitere spannende Offensivakteure neu dazugewinnen. Für die Defensive kamen der Belgier Jordy Gillekens (Borains) und Niklas May (Viktoria Köln). Die wichtigste Meldung auf dem Transfermarkt ist aber zweifelsohne, dass Torschützenkönig Fatih Kaya trotz mehreren Interessenten wohl gehalten werden kann.
Testspiele: Die Döring-Truppe startete mit drei Siegen in die Vorbereitung: Auf einen 10:0-Kantersieg gegen Kreisligist TSG Wörsdorf folgte ein 3:0 gegen Drittliga-Aufsteiger Hoffenheim II und ein 3:2-Achtungserfolg gegen Schalke. Danach kam es jedoch zu einem Bruch: Gegen die Südwest-Regionalligisten Kickers Offenbach und Steinbach-Haiger setzte es zwei 0:1-Niederlagen. Die Generalprobe steigt am Samstag gegen Vitesse Arnheim, ehe der SVWW am 3. August mit einem Heimspiel gegen SSV Ulm 1846 in die neue Drittliga-Saison startet.
Prognose: Auf dem Papier verfügt der SV Wehen sicherlich über einen ordentlichen Kader, dennoch scheint der Döring-Truppe etwas zu fehlen. Die Hessen müssen ihren Trott als graue Maus verlassen, um wieder in Fahrt zu kommen. Ansonsten droht anstelle des erhofften Angriffs nach oben eine ungemütliche Saison. Platz 14-17.
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