Nach Vorfällen im Pokal: Verbannt der HFC Fangruppierungen?

Der Landespokal ist seit jeher eine Veranstaltung für sich. Nicht nur, dass der Gewinn zur lukrativen Teilnahme am DFB-Pokal berechtigt und es immer wieder zu Ligen übergreifenden, traditionsträchtigen Duellen längst vergessener Kultvereine kommt – auch für Ordnungsdienste und Polizei sind diese Partien oft wahre Reifeprüfungen. In der letzten Saison benahmen sich die Drittligisten Alemannia Aachen und Hansa Rostock bei ihren Finalniederlagen gegen unterklassige Teams gewaltig daneben, in dieser Saison kam es in Thüringen und Sachsen-Anhalt zu DEN ultimativen Landesderbys. Während es in Jena beim Spiel von Carl Zeiss gegen Rot-Weiß Erfurt, trotz der 0:5 Niederlage der favorisierten Erfurter, verhältnismäßig ruhig blieb, gab es in Halle in der Partie zwischen dem HFC und dem 1. FC Magdeburg das volle Pokalprogramm: Choreo, Pyrotechnik, Spielunterbrechung.

Knackpunkt 115. Minute

Nachdem die Gastgeber vom HFC zu Spielbeginn noch klar als die klassenhöhere Mannschaft zu identifizieren waren, legten die Gäste aus der Landeshauptstadt spätestens ab der zweiten Halbzeit mächtig nach und gingen in der anschließenden Verlängerung nicht unverdient mit 1:0 in Führung. Zuvor war man am Pfosten und per Elfmeter an HFC-Keeper Pierre Kleinheider (verlängerte seinen Vertrag beim HFC am Donnerstag um 2 Jahre) gescheitert. Nach der Führung des FCM gab der HFC zwar kurzfristig nochmal Vollgas, scheiterte aber ebenso an Magdeburgs Torwart und der Abseitsregel. In der 115. Minute dann der Knackpunkt: Magdeburgs Fuchs überlupft den herausstürmenden Kleinheider frech zum 2:0. Noch während er jubelt beginnt es in der HFC-Fankurve massiv zu brodeln. Auf mehrere Böller folgen Bengalos und zahlreiche Leuchtspurraketen, die unkontrolliert auf die jubelnden Magdeburger Spieler, aber auch in Richtung der eigenen Mannschaft fliegen. Schiedsrichter Kluge unterbricht das Spiel für fünf Minuten, danach trifft der FCM für die meisten nahezu unbemerkt noch zum 3:0-Endstand für den Pokalsieg.

Kreative Choreographie vor dem Spiel – Hinterhalt in der Verlängerung?

Nach dem Spiel folgte vor allem aufgrund der Szenen rund um die 115. Minute die große Ernüchterung. Vor diesem Siedepunkt waren die HFC-Fans, anders als die Gäste, vor allem positiv aufgefallen. Die Choreographie vor dem Spiel war – der HFC-Fankurve typisch – durchdacht, provokant und farbenfroh. Es war nicht das erste Mal, dass sich die aktive Fanszene der Hallenser in ihrer optischen Spielvorbereitung überdurchschnittlich kreativ zeigte – und auch nicht das erste Mal, dass man im Verein auch zuhause bei einem milden Einsatz von Rauch- und Pyrotechnik beide Augen zudrückte. Was so bei anderen Vereinen undenkbar ist, sieht man in Halle häufiger. Kritiklos, was den Anschein erweckt, die HFC-Fanszene und der Verein stünden da in einem guten Kontakt. Der Pyroeinsatz in der Verlängerung hingegen war von einem anderen Kaliber und, laut „Mitteldeutscher Zeitung“ auch konspirativ geplant und eingefädelt. Während einzelne Hallenser mit dem Versuch, in den Gästebereich zu gelangen den Ordnungsdienst in Aufruhr versetzt haben sollen, sollen währenddessen die verbotenen Gegenstände an den nun spärlich bewachten Eingängen hineingeschmuggelt worden sein, so die Zeitung. Die HFC-Fanszene e.V. verurteilte die Ereignisse auf das Schärfste und kündigte an, derartige Vorfälle nicht mehr zu dulden, um zukünftig weiteren materiellen und imateriellen Schaden vom HFC abzuwenden.

Vorbild Lok Leipzig?

Dieser gerissene Trick führt nun dazu, dass sich vor allem in der Nachbereitung des Spiels so ziemlich alle wichtigen Personen zu Wort meldeten. So sei es laut HFC-Präsident Schädlich nicht undenkbar, dass man zur kommenden Saison im ERDGAS-Sportpark ganze Gruppen und/oder deren Sektionen ausschließen werde. Dabei handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um die hallesche Ultragruppierung „Saalefront“. Ähnlich hatte es der Regionalligist 1. FC Lokomotive Leipzig im vergangenen Sommer gehandhabt und nach einem Freundschaftsspiel und einer Regionalligapartie, bei denen es zu Ausschreitungen kam, die gewichtige Ultragruppierung „Scenario Lok“ aus dem Stadion verbannt. Mitglieder vom „Scenario“ wurden danach regelmäßig in der Fankurve der befreundeten Fans aus Halle beobachtet, auch der massive Raucheinsatz in Chemnitz ging laut vieler anwesender Hallenser von Leipzigern aus.

Ein Vorbild mit Verantwortung

Ob auch der Pyroeinsatz im Pokalfinale „fremdgesteuert“ war, wäre hingegen eine Spekulation ohne Beleg. Die Vorgänge dort waren und sind ein hallesches Problem. Schon nach der Partie in Chemnitz wurde aus Fankreisen gefordert, dass innerhalb der HFC-Fankurve und auch innerhalb der „Saalefront“ gründlich aussortiert werden sollte. Denn auch, wenn die Bilder vom Pokalfinale anders anmuten: Der HFC braucht Gruppen wie die „Saalefront“! Ihre Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ist gerade in einer sozial kritischen Stadt wie Halle unabdingbar, ihr Name als Institution an Wänden als Graffiti oder auf dem Banner im Stadion ebenso. Allerdings sollte man sich im Umkehrschluss auch dieser Verantwortung bewusst sein; Vorbild sein für einen lautstarken, farbenfrohen HFC. Und man sollte, wenn man sich schon in einem nur sanft begrenzten Rahmen bewegt, diese schmalen Grenzen wenigstens einhalten.

FOTOS: Marcus Bölke

   

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