Offener Brief: Hansa-Fans sorgen sich um ihren Verein

Vor gerade ein Mal vier Jahren spielte der FC Hansa Rostock noch in der 1. Bundesliga. Nach zwei Jahren in der 2. Bundesliga ging es 2010 erstmals in die 3. Liga, dann direkt wieder hoch in das Bundesliga-Unterhaus. Zu guter Letzt stieg der FCH am Ende der vergangenen Saison wiederum direkt in die Drittklassigkeit ab. Einige Fans von Hansa Rostock nehmen diesen Bilanz und den bisher schwachen Saisonstart zum Anlass, ihre Sorge um den FCH in einem offenen Brief ausdrücken – er wurde auf der Fanpage hansafans.de veröffentlicht. liga3-online.de druckt den Brief im Folgenden vollständig ab:

Symptome dürfen nicht kaschiert werden

Mit tiefer Sorge und steigendem Befremden beobachten wir, Mitglieder und Fans aus allen Teilen unseres großen Fanspektrums, seit geraumer Zeit den Leidensweg des FCH, die wachsende Bedrängnis im sportlichen, finanziellen und infrastrukturellen Bereich. Seit dem Jahre 2005 befindet sich der FCH in einer stetigen, nur von 2 umgehend wieder zunichte gemachten Aufstiegen unterbrochenen Abwärtsspirale. In diesen 7 Jahren des Abstiegs vom Bundes- zum Drittligisten haben 10 Trainer und 4 Vereinsvorsitzende versucht, die negative Entwicklung vor allem im sportlichen und finanziellen Bereich zu stoppen und umzukehren. Jedoch befinden wir uns aktuell weiterhin noch nicht mal auf dem Niveau des Tiefpunktes vom 30.06.2010 bzw. September desselben Jahres. Der FCH drohte in jüngster Zeit wieder einmal, im Postenchaos zu versinken und ist mittlerweile zum Bittsteller an die öffentliche Hand verkommen. Schuldzuweisungen allgemeiner Art erachten wir als unzulässig, Fakten und Tatsachen müssen aber klar benannt werden. Es hilft unserem Verein nicht, die Symptome zu kaschieren und die Ursachen in allenfalls homöopathischen Dosen zu bekämpfen. Mit großem Jubel und Euphorie haben viele Fans und Unterstützer weltweit die schwierige und verantwortungsvolle Entscheidung der Rostocker Bürgerschaft erleichtert aufgenommen. Eine große Welle von Sympathiekundgebungen und Hilfsbereitschaft ließ viele das klägliche Saisonende verdrängen, das letzte Spiel mit Folge des erneuten Abstiegs in die 3. Liga zur Nebensache werden.

Euphorie wurde nicht mitgenommen

Zwar ist nunmehr mit dem Wechsel der Person des Cheftrainers in den Augen vieler Anhänger ein richtiger und längst überfälliger Schritt getan worden, jedoch muss dieser aus dem vorhandenen Potential schöpfen und das Ziel kann derzeit nur lauten, das Beste aus dem wenig überzeugenden Saisonstart zu machen. Eine ehrliche Analyse der Rückrunde der letzten Saison hätte aber nicht dazu führen dürfen, mit der bis dahin gezeigten Spielkultur einen Neuanfang zu wagen. Diese setzte sich nunmehr nahezu nahtlos in den ersten Spieltagen der neuen Saison fort, obwohl vom Vorstandsvorsitzenden der sofortige Wiederaufstieg als Saisonziel formuliert wurde. Hier wurden in Hinblick auf den Bürgerschaftentscheid vom 9.5. reine Opportunitätsentscheidungen sowohl in der Trainer- als auch der Managerfrage getroffen, um ein geschlossenes Führungsbild zu zeichnen, das es in der Form nach Darstellung des Vorstandvorsitzenden weder vorher noch im Nachgang so gab. Der ehrlichen Abwägung von zustimmenden und auch ablehnenden Argumenten der Bürgerschaft hätte man auch ehrlich die personellen Konsequenzen aus dem sportlichen Abstieg gegenüberstellen müssen. Statt die Euphorie und den positiven Schwung der Kampagne "Ja zum FCH" mit in die neue Saison zu nehmen und einen echten, auf breiter Ebene angelegten neuen Anlauf zu nehmen, wurde die wenig erfolgreiche Tendenz der letzten Saison über den 30.6.2012 hinaus in der Position des Cheftrainers zementiert. Zu diesem Zeitpunkt hätte eine Bilanz und ein Schlussstrich gezogen werden müssen, zumal der jetzt vorgestellte neue Cheftrainer bereits zu diesem Zeitpunkt verfügbar war. Dies schlägt sich nunmehr, über den finanziellen Aspekt hinaus, in der gesamten weiteren Saison nieder. Eine Chance zur Mitnahme der Aufbruchstimmung und der positiven Motivation im Umfeld des FCH am Ende der letzten Saison ließ man ungenutzt verpuffen.

Ein Manager fehlt

Maßgeblich beteiligt an den kaum veränderbaren Parametern, die wesentlich den weiteren sportlichen Verlauf bestimmen, war nach Aussage des Vorstandsvorsitzenden der Manager der Lizenzspielerabteilung. Wohlwissend, dass dieser bereits weit vor Ende der abgelaufenen Saison signalisiert hat, Verantwortung für das sportliche Abschneiden in der abgelaufenen Saison zu übernehmen und seine Arbeit nicht über das Saisonende hinaus fortsetzen zu wollen. Diese wichtige Position ist bis zum heutigen Tag nicht adäquat wiederbesetzt worden und die Gestaltungsmöglichkeiten sind nunmehr beschränkt. Zudem ist nicht nachzuvollziehen, dass sportlich weitreichende und damit existenzielle Entscheidungen einem Vorstand (mit-)übertragen wurden, der das Ende seiner Tätigkeit bereits mitgeteilt hatte. Unmittelbar vor der Trennung vom bisherigen Cheftrainer verließ den FCH ein weiterer vertragsloser Spieler, namentlich Tobias Jänicke, der bis kurz zuvor signalisiert hatte, gerne weiter für den FCH spielen zu wollen. Dies wurde ein weiteres Mal von Trainer und Vorstandvorsitzenden abgelehnt und zwar nicht aus finanziellen, sondern aus sportlichen Gründen. Der Spieler erhielt einen Vertrag bei einem Zweitligisten und fand dort sogleich Berücksichtigung in der Aufstellung.

Lage in den Nachwuchsmannschaften kritisch

Vehement wurde sich dagegen für die Verpflichtung eines Spielers aus der Regionalliga ausgesprochen, die deshalb Geschmack hat, weil der Vater den Sohn als Spielerberater vertritt und zeitgleich Trainer des FC Hansa Rostock war. Hier hat man ohne Not eine Belastung für den Spieler und eine schwierige Situation innerhalb des Teams geschaffen, obwohl es Bedenken gab und diese auch vorgetragen wurden. Dies um so mehr vor dem Hintergrund, dass die finanzielle Lage des Vereins alles andere als rosig ist und man sich nicht dem Verdacht aussetzen sollte, in der Not gewährte öffentliche Gelder in fragwürdige Spielertransfers zu investieren. Wir kritisieren an dieser Stelle nur den Fakt dieses ungewöhnlichen Transfers, nicht die Person des Spielers. Ebenso kritisch stellt sich derzeit die Lage in mehreren Nachwuchsmannschaften dar, ein zuvor oft lobend erwähntes und von vielen anderen Vereinen gern genutztes Aushängeschild des FC Hansa Rostock. Im Fall des Nachwuchstalentes Tommy Grupe, inzwischen gewechselt, wurden vom ehemaligen Trainer und auch vom Vorstandsvorsitzenden diesem öffentlich eine Forderung auf einen Stammplatz vorgeworfen. Wenn überhaupt, wurde diese Behauptung lediglich halbherzig dementiert und vorgeschoben, um den Abgang eines unserer besten Abwehrtalente auf Kosten des Spielers öffentlich darstellbar zu machen und sich selbst ins rechte Licht im Kampf gegen überzogene Spielerforderungen zu setzen. Die aufgeführten Beispiele definieren wir als Hauptkritikpunkte an der bisherigen Arbeit des Vorstandes in der abgelaufenen und laufenden Saison auf sportlicher Ebene. Sie führt uns zum dem Schluss, dass es bei allen Entscheidungen Handlungsalternativen gegeben hätte. Insbesondere die Personalie des Cheftrainers hätte viel früher mit dem gleichen Ergebnis und ohne finanzielle Mehrbelastung umgesetzt werden können. Wir sind nicht überzeugt davon, dass in Zukunft derart eklatante Fehlentscheidungen ausbleiben werden, die die Kogge weiter hinunter in ohnehin schwierigem Fahrwasser treiben lassen.

Wir werden daher weiter in loser Abfolge die Ursachen des Niedergangs unseres Fussballvereins, des FC Hansa Rostock, aus unserer Sicht darstellen und versuchen aufzuarbeiten. Denn jede Wiederholung und damit weitere Verschlimmerung alter und neuer Fehler zehrt doppelt an der Existenzfähigkeit des FC Hansa Rostock. Dies ist nach vielen Jahren herber Enttäuschungen, Provisorien, Selbstdarstellungen und Misswirtschaft nicht mehr unwidersprochen hinnehmbar.

Mit einer Vision, Mut, Tatkraft und Zusammenhalt einen Neuanfang wagen!
Keine Chancen und Möglichkeiten mehr vergeuden.

Besorgte Fans, Unterstützer & Mitglieder.

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Quelle: http://www.hansafans.de/aktuelles/kommentar/11718-in-tiefer-sorge-offener-brief.html

FOTO:  Sebastian Ahrens / rostock-fotos.de

 

   
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