Neue BTSV-Präsidentin Kumpis spürt "Aufbruchstimmung"

Seit knapp zwei Wochen ist Nicole Kumpis neue Präsidentin von Eintracht Braunschweig. Im interview mit der "FAZ" gibt sie interessante Einblicke in das Wahlverfahren und die Debatte um Frauen in Führungspositionen.

Erste Präsidentin seit 30 Jahren

Wie viele Jahre dauerte es, bis in Nicole Kumpis wieder einmal eine Frau an die Spitze eines Profifußball-Klubs gewählt wurde? Eigentlich klingt das nach einer abstrusen Wissensfrage bei "Wer wird Millionär". Die Antwort "30 Jahre" repräsentiert aber ganz gut die Gemengelage im deutschen Fußball. Dennoch gibt es zarte Tendenzen, dass die männerlästige Bastion in Spitzengremien des Fußballs langsam aufgebrochen wird. In Donata Hopfen gibt es eine DFL-Chefin, im neuen DFB-Präsidium sind fünf Frauen vertreten. Nach Auffassung von Kumpis ist dies jedoch noch kein Signal einen "Zeitenwende", da weiterhin "95 Prozent" aller Führungspositionen mit Männern besetzt seien.

Dabei entstammt Kumpis Sportleidenschaft aus sehr bodenständigen und natürlichen Wurzeln. Früher ging sie gerne auf den Kreisliga-Sportplatz, vor ihrer Präsidentschaft stand sie am liebsten in der Fankurve mit einem Bier. Das raue und männerdominierte Klima, was einem im Stadion oder auf dem Sportplatz entgegenschlägt, sollte sie also sie aus dem Effeff kennen. Und offenbar hat Kumpis die richtigen Mittel und Inhalte gewählt, um sich mit ihrem Team im Wahlkampf der Eintracht gegen den Unternehmer Axel Ditzinger durchzusetzen. Paradoxerweise hätten ausgerechnet viele Männer sie zu dem Schritt ihrer Kandidatur ermutigt, "in die erste Reihe zu gehen".

Von "Aufbruchstimmung" und "Vorbildfunktion"

Eine definierte Frauenquote gibt es in der Brauschweiger Satzung dabei nicht. Doch was hätte sie von einer solchen Quote gehalten? Im Wahlkampf hätte sie dies als "abschreckend" empfunden. Dabei lehne Kumpis die Frauenquote nicht von Haus aus ab, schließlich könne "eine Quote dabei helfen, Frauen zu ermöglichen, in reine Männergremien reinzukommen". Letztlich gehe es aber immer um "Kompetenzen und Fähigkeiten". Doch woher habe sie dieses Selbstbewusstsein genommen? Hauptberuflich arbeite sie beim Deutschen Roten Kreuz und trage sie als Sprecherin der Wohlfahrtsverbände "Verantwortung für mehr als 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter". Das mache sie stark.

Darüber hinaus kenne sie viele "hervorragende" Abteilungsleiterinnen, die sich aber den Schritt in die erste Reihe noch nicht trauen würden. Neben der geringen Repräsentanz von Frauen im Fußball ständen auch generelle Rollenbilder wie Kinderbetreuung sei Frauensache und eine schlechtere Bezahlung gegenüber Männern auf dem Prüfstand. Für dieses Unterfangen möchte Kumpis als "Vorbild" vorangehen und so viele Frauen und Mädchen bei der Eintracht "mitnehmen". Seit ihrer Wahl spüre sie "eine Aufbruchstimmung in der Stadt und Region". Ein erster Schritt sei gemacht, im Braunschweiger Präsidium sitzen nun zwei weibliche Vertreterinnen, der Aufsichtsrat besteht zu einem Drittel aus Frauen.

   

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