Muzzicato im Interview: "Neue und besondere Situation für mich"

Dreieinhalb Jahre nach seiner Zeit als Trainer von Viktoria Berlin ist Benedetto Muzzicato zurück in der 3. Liga. Der 46-jährige Deutsch-Italiener startet am 2. August mit Alemannia Aachen beim VfL Osnabrück in die neue Saison. Mit liga3-online.de spricht Muzzicato über die Zeit nach seiner ersten Station in der 3. Liga, den Wechsel nach Aachen und Erwartungen an die in wenigen Wochen startende Spielzeit.

"Der Support ist unglaublich"

liga3-online.de: Wie intensiv haben Sie die 3. Liga in den letzten Jahren verfolgt, Herr Muzzicato?

Benedetto Muzzicato: Während meiner bewusst genommenen Trainerpause für den ​​Pro-Lizenz-Lehrgang habe ich nicht allzu viele Spiele geschaut, um mich voll darauf fokussieren zu können. In der zurückliegenden Saison als Regionalligatrainer der U23 des SC Freiburg hat sich das dann wieder geändert.

Mit welchem Gefühl gehen Sie in Ihre zweite Zeit in der 3. Liga?

Mit einer großen Vorfreude. In der 3. Liga steckt viel Profifußball, und ich bin Trainer in einer Stadt, die den Verein lebt. Das ist für mich eine neue und deshalb auch besondere Situation. Der Support in Aachen für die Alemannia ist unglaublich, und ich kann unsere Heimspiele im Tivoli kaum abwarten.

Ist Ihre Herangehensweise als Coach nach dem abgeschlossenen Pro-Lizenz-Lehrgang nun eine andere?

Auf jeden Fall. Ich habe noch einmal eine andere Sicht auf den Fußball erhalten und weiß jetzt besser, welchen Stil ich spielen lassen möchte. Auch die Zeit bei einem detailversessenen Klub, wie es der SC Freiburg ist, hat mir dabei geholfen. Ich denke, dass ich noch einmal einen wichtigen Schritt als Trainer gemacht habe.

Zuletzt trainierten Sie die U23 des SC Freiburg in der Regionalliga Südwest, baten im Dezember 2024 aber um eine vorzeitige Vertragsauflösung. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Es waren verschiedene Kleinigkeiten. Sicherlich lag es nicht am Klub oder an der Vereinsführung. Für mich war es wie ein Ritterschlag, den Job in Freiburg zu erhalten und mich gegen viele Konkurrenten durchzusetzen. Meine Ideen und Ansichten waren fast deckungsgleich mit denen des SC Freiburg. Aber eben nur fast. Vor allem habe ich gemerkt, dass ich mich als Trainer einer zweiten Mannschaft mit einem sehr akademischen Ansatz einfach nicht wohlfühle. Ich brauche das Gefühl, mehr Einfluss nehmen zu können. In Aachen kann ich das nun.

Sie haben einen ambitionierten Traditionsverein übernommen. Was hat Sie am meisten überzeugt, um bei der Alemannia Trainer zu werden?

Die Gespräche mit unserem Technischen Direktor Erdal Celik waren außergewöhnlich gut. Es hat sehr schnell gemacht. Hinzu kommt die Wucht, die Aachen mitbringt. Ich finde es spannend zu sehen, wie diese Wucht den Fußball, den wir spielen, positiv beeinflusst. Außerdem ist der Verein dazu bereit, Fußball neu zu denken und zu verändern. So kann ich als Trainer Einfluss nehmen und meine Ideen verwirklichen.

Was beeindruckt Sie nach den ersten Wochen am meisten?

Die große Aufmerksamkeit der Fans. Es ist allein schon beeindruckend, wie viele Leute beim Training dabei sind. Und klar: das Stadion fasziniert. Der Tivoli ist ein Fußballtempel, und es ist jeden Tag ein tolles Gefühl, hier aufzutauchen. Darüber hinaus spüre ich im Team eine sehr positive Energie.

 

"Wollen in allen Bereichen noch aktiv werden"

Worauf liegt der Fokus in der Vorbereitung?

Zunächst einmal ist mir wichtig, dass wir nicht vergessen, was das Team in der letzten Saison stark gemacht hat. Das Spiel gegen den Ball war sensationell. Nur zwei Teams hatten weniger Gegentreffer – und die spielen jetzt in der 2. Bundesliga. Das hohe Pressing ist dementsprechend eine Konstante, die wir beibehalten wollen. Beim Spiel mit dem Ball gibt es Luft nach oben – und vor allem hier setzen wir mit meinen Ideen an. Das macht bisher viel Spaß, weil die Jungs extrem Bock haben, sich zu verbessern. Fakt ist, dass wir torgefährlicher werden und bessere Entscheidungen im letzten Drittel treffen müssen. Und natürlich geht es auch um das Kennenlernen. Deshalb stehen einige Einzelgespräche an, bevor wir in die Saison starten.

Einige Neuzugänge sind im Kader, darunter der frühere Drittliga-Torschützenkönig Kwasi Okyere Wriedt. Was versprechen Sie sich von ihm – kann er an seine Erfolge in der  3. Liga anknüpfen?

Das Potential dazu hat er. Seine Präsenz in der Box ist außergewöhnlich. Aber er hat ein schwieriges Jahr in der Türkei hinter sich, das nicht nach seinen Vorstellungen gelaufen ist. Wir wollen ihm helfen, mental und physisch zu alter Stärke zurückzufinden, und sind davon überzeugt, dass er mit seinen Abschlussqualitäten ein wichtiger Spieler werden kann.

Folgen noch weitere Neuverpflichtungen?

Der Plan ist definitiv, in allen Bereichen noch aktiv zu werden. Bis zum Ende des Transferfensters am 1. September werden voraussichtlich noch einige Spieler zum Kader dazustoßen.

Mit welchen Zielen starten Sie am 2. August in die Saison?

Wir sind noch nicht so weit, um von klaren Zielen zu sprechen. Das ist insgesamt in der 3. Liga nicht einfach. Jeder kann jeden schlagen, und die Ergebnisse entsprechen nicht immer der Leistung. Daher müssen wir das unbedingt differenziert betrachten. Wichtig ist, dass wir unsere Fußball-Idee auf den Platz bekommen und uns dabei auch etwas Zeit geben. Ich sage dazu gern: Trust the process.

Wie schätzen Sie die Konkurrenz ein – auf was für eine Saison stellen Sie sich ein?

Die 3. Liga bleibt eine sehr physische Liga. Daher erwarte ich viele zweikampfbetonte Spiele. Und: Jedes Match ist eine Challenge. Wenn du nicht bei 100 Prozent bist, verlierst du. Und wenn du mal nur eine Sekunde nicht “online” bist, reicht das manchmal schon aus, um das Feld als Verlierer zu verlassen. Die 3. Liga hat eine große Qualität – und deshalb ist zu jeder Zeit voller Fokus gefragt.

   

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