Kommentar zur Trainerentlassung in Darmstadt

Konsequent

Nach weniger als einer halben Saison ist die Ära Jürgen Seeberger am Böllenfalltor nun also bereits Vergangenheit. Der Wunschkandidat von SV98-Präsident Rüdiger Fritsch ist gescheitert. So manch einer in Darmstadt mag sich da heute an den früheren Trainer Gino Lettieri erinnert fühlen. Kaum da, war er nach Querelen und Unstimmigkeiten mit Präsidium und den Fans auch schon wieder weg. Es hat halt einfach nicht gepasst, ist man geneigt zu sagen. Doch wo liegen die Hintergründe? Ohne Frage ist Jürgen Seeberger ein anerkannter Fachmann. Seine Erfolge in der Schweiz, in Aachen und Stuttgart beweisen, dass der gebürtige Konstanzer in der Lage ist, aus geringen Mitteln viel zu machen. Also eigentlich einer, der unter diesen Voraussetzungen perfekt nach Darmstadt passt. „Hier riecht´s nach Fußball“, sagte er noch bei seinem Amtsantritt, lässig in Sakko und Sportschuhen.

Natürlich mag es ein schweres Erbe gewesen sein, welches der nach außen stets höflich und zurückhaltend wirkende Fußballlehrer von seinem Vorgänger Kosta Runjaic angetreten hatte. Doch den richtigen Draht zu seinem Team fand Seeberger nie. Konsequent versuchte er, die Mannschaft in sein Defensivkonzept zu drücken. Mit bescheidenem Erfolg. Die Mannschaft verstand ihren Trainer nicht, der Trainer nicht sein Team. Ständig wechselnde Aufstellungen und Formationen sorgten dabei eher für Verunsicherung als für Stabilität im ohnehin schon fragilen Gesamtzustand der Mannschaft. Und schon sehr bald bekam die noch zarte Liaison erste Risse. Gerüchte über eine große Unzufriedenheit im Team machten nach einem Zeitungsinterview mit Torhüter und Kapitän Jan Zimmermann die Runde. Zunehmend dünnhäutiger wirkte Darmstadts Trainer in den vergangenen Wochen, gepaart mit zunehmender Ratlosigkeit. Nach dem desaströsen 0:3 bei Preußen Münster am vergangenen Samstag musste der Club nun die Reißleine ziehen, um das Ruder möglicherweise noch einmal herumreißen zu können.

Die Entlassung Seebergers zu diesem Zeitpunkt mag alle Seiten schmerzen. Sie ist jedoch ein konsequenter und nachvollziehbarer Schritt. Sie ist keine Niederlage für Darmstadts Präsidenten Rüdiger Fritsch. Denn ob eine Zusammenarbeit letztlich Früchte trägt oder nicht, lässt sich stets erst im Nachhinein beantworten. Fritsch hat, wie auch schon bei der Verpflichtung von Seeberger, alles richtig gemacht. Nämlich die zum jeweiligen Zeitpunkt sinnvollste Entscheidung getroffen. Nicht für sich, nicht für den Trainer oder die Fans – sondern einzig und allein für den SV Darmstadt 98.

FOTO: Frank Leber

   

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