Kommentar zu Fan-Disput bei RWE: Unnötige Baustelle aufgemacht
Es waren irritierende Szenen, die sich am Freitagabend im Stadion an der Hafenstraße abspielten: Obwohl Rot-Weiss Essen gegen Erzgebirge Aue gerade den ersten Saisonsieg eingefahren hatte, wurde die Mannschaft ausgepfiffen und beschimpft. Nicht zuletzt durch mangelnde Kommunikation wurde eine unnötige Baustelle aufgemacht. Gleichwohl war die Reaktion der Fans übertrieben. Ein Kommentar.
Mannschaft hätte Aktion ankündigen müssen
Sie wollten einfach nur mit der Mannschaft feiern, die Fans von Rot-Weiss Essen. Doch als die Spieler vor die Kurve kamen, bedankten sie sich nur kurz und mit einigem Abstand, drehten dann ab und verschwanden wenig später in der Kabine. Ein gellendes Pfeifkonzert war die Folge – weil die Anhänger nicht wussten, was los ist. Erst später (zu spät!) wurden die Fans am Zaun aufgeklärt (siehe Foto), während Simon Engelmann die TV-Zuschauer im Interview bei "MagentaSport" dagegen schon kurz nach Einsetzen der ersten Pfiffe darüber informierte, dass ein Übergriff auf die eigenen (!) Fans nach dem Spiel in Bayreuth auf einem Rastplatz der Grund für die Reaktion der Mannschaft war.
Dass die Spieler klare Kante gegen Gewalttäter in der eigenen Anhängerschaft zeigen, ist richtig und wichtig – zumal sie den gewalttätigen Übergriff auf dem Rastplatz zufällig hautnah miterlebt hatten. Doch die Fans – im Gegensatz zu den TV-Zuschauern – lange darüber im Unklaren zu lassen, war keine kluge Entscheidung. Es hätte für deutlich mehr Verständnis gesorgt, wenn Kapitän Daniel Heber direkt nach der Partie zu den Fans auf den Zaun gekommen wäre und per Megafon den Grund dafür erklärt hätte, warum die Mannschaft nicht mit den Fans feiern will. Auch mit einem Banner auf dem Platz hätte die Mannschaft für mehr Akzeptanz der Aktion sorgen können. So aber wurde eine unnötige Baustelle aufgemacht. Zudem bestrafte die Mannschaft 99 Prozent der 16.000 Fans, die mit dem Vorfall nach der Bayreuth-Partie überhaupt nichts zu tun hatten.
Reaktion der Fans war übertrieben
Gleichwohl muss auch festgehalten werden: Bei allem verständlichen Ärger darüber, dass die Mannschaft ohne jegliche Erklärung in der Kabine verschwand, war die Reaktion der Fans übertrieben. Das Team ausgerechnet nach dem ersten Saisonsieg, dem ein aufopferungsvoller Kampf vorausging, auszupfeifen, hätte unangebrachter kaum sein können. Auch Gesänge wie "Wir sind Essener, und ihr nicht" sind nach einem Sieg ein wohl einzigartiger Vorfall und lassen die Anhänger in einem fragwürdigen Licht dastehen.
Wichtig ist nun, dass Mannschaft und Fans schnell wieder zueinander finden. Redet miteinander! Möglichst noch vor dem Auswärtsspiel in Osnabrück sollte es zu einer offenen Aussprache kommen, um die aufgemachte Baustelle schnell wieder zu schließen. Denn den Klassenerhalt wird RWE nur gemeinsam mit allen erreichen. Dass die Fans ein Faustpfand sind, haben sie in dieser Saison schon mehrfach unter Beweis gestellt. Trotz ausbleibender Erfolge und hoher Pleiten im eigenen Stadion gab es nie Pfiffe oder Unmutsäußerungen – das ist nicht selbstverständlich. Gleichzeitig muss aufgearbeitet werden, warum es innerhalb der Anhängerschaft zu einem Übergriff gekommen war. Angeblich soll ein Streit darüber, wer wann in der Kurve ein Lied anstimmen darf, der Auslöser gewesen sein. Solche Befindlichkeiten gilt es künftig hinten anzustellen, denn niemand ist größer der Verein!