Kommentar: ZIS-Statistik sagt nichts aus!

Die Zentrale Informationsstelle für Sporteinsätze (kurz ZIS) veröffentlicht jedes Jahr eine Statistik, in der die Polizeieinsätze in der 1. und 2. Bundesliga bzw. die damit verbundenen Auffälligkeiten aufgeführt sind. Die Bilanz der Saison 2011/12: Erschreckend! Mehr Strafverfahren, mehr freiheitsentziehende Maßnahmen, mehr Verletzte als je zuvor! Als die ZIS ihre Daten vor einiger Zeit veröffentlichte, ging ein Schrei durch die Bundesrepublik. Die Medien schlachten diese Gewalttheorien weiter aus, die Politik verlangt hysterisch nach Lösungen.

Die Zahlen lügen nicht – aber warum sagen sie nicht die Wahrheit?

Aber was ist jetzt da dran? Denn neben der Diskussion um die Sicherheit in deutschen Fußballstadien ist eine neue aufgekommen: Wie viel Wahrheit steckt in der ZIS-Statistik? Das Bündnis aktiver Fußballfans (B. A. F. F.) hat den Umgang mit diesen Zahlen in einem offenen Brief angeprangert und stellt sich mehrere zentrale Fragen dazu. Die Westfälische Rundschau hat diese an die zuständige Behörde weitergeleitet und auch Antworten erhalten. Antworten, die hinter die ZIS-Statistik nur mehr Fragezeichen setzen. Fakt ist: 1142 Verletzte gab es in der Saison 2011/12. Fakt ist auch: Die Zahl der Verletzten auf dem Oktoberfest 2012  beträgt 351. Das ist nur ein Drittel der Verletzten in den Bundesligen, aber:  Rund 6,4 Mio. Besucher besuchten das Oktoberfest, 18,7 Mio. die deutschen Bundesligastadien. Daraus erkennt man: Im Verhältnis ist das Oktoberfest genauso „gefährlich“ wie ein Fußballstadion. Und beim Oktoberfest gibt es jährlich Tote! Plädiert jetzt ein Politiker für die Abschaffung der Maßkrüge? Wohl kaum! Man könnte diese Vergleiche weiterspinnen: 1137 freiheitsentziehende Maßnahmen gab es nach Straftaten bei den 757 Fußballspielen, 793 (!) an den 16 Tagen Wiesn.

 ZIS erklärt: Statistiken nicht detailliert erfasst!

Natürlich steht jedem frei zu sagen: Das kann man nicht vergleichen! Beim Oktoberfest entsteht alles durch dem Alkohol, beim Fußball gehen die Gewalttaten von den „Hooligans“ aus. So kann man es zumindest den Tageszeitungen entnehmen, die sich auf die Daten der ZIS stützen. Aber ist dem so? Sicher nicht. Die Art der Verletzung wird in dieser Statistik nicht erfasst, das bestätigte die Behörde der Westfälischen Rundschau. Also ist nicht bekannt, wie viele Verletzungen durch Gewalttaten der Fans entsteht oder wie viele durch den Pfeffersprayeinsatz der Polizei. Auch diesen Aspekt kann man durch die ganze Statistik ziehen, es ist ganz einfach, Negatives in den Raum zu werfen und dies, weil jegliche Erklärung fehlt, absichtlich zur falschen Deutung freigegeben wird. Auch ist nicht bekannt, wer sich hinter den verletzten „Unbeteiligten“ und den verletzten „Störern“ verbirgt.

Deutsche Stadien sind sicher!

Allein die 344 verletzten Unbeteiligten zeigen doch etwas: Es finden mehr Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Fans statt als unter Fangruppierungen. Eine immer größer werdende Einsatzzahl der Polizei bewirkt folglich genau das Gegenteil von der Ursprungsidee. Denn wie verletzen sich „Unbeteiligte“? Eine Schlägerei macht sie zu Beteiligten, die einzige Möglichkeit sich als „Unbeteiligter“ zu verletzen ist heutzutage Opfer von Pfefferspray o. ä. Gerät der Polizei zu werden, oder bei Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Fans zwischen die Fronten zu geraten. Aber halt, das ist ja nicht erfasst…  Diese (im Fußball einzig existierende!) Statistik sagt also nichts über einen Gewaltanstieg im Fußball aus! Sie zeugt lediglich von einem erhöhten Polizeieinsatz und der damit erhöhten Zahl der „bezeugten“ Straftaten. Logisch, je mehr Polizisten, desto mehr können festgenommen werden… Sprüche wie „Ich traue mich mit meinem Sohn nicht mehr in ein Fußballstadion“ sind also Humbug.

Allgemeine Panikmache – was tun?

Wie kann man das angebliche Problem nun lösen? Sicher nicht, indem Politiker, die keine Ahnung haben, mitreden und den „so gefährlichen“ Deutschen Fußball sicherer machen wollen. Sei es, in dem sie der Deutschen Fußball-Liga (DFL) Druck machen ein „Sicherheitskonzept“ zu entwickeln, dass weder DFL noch die Vereine so wollen, oder so wie der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) fordert, die Fans einen „Sicherheits-Euro“ zahlen zu lassen. Alle Menschen sind vor dem Gesetzt gleich (Art. 3 GG), warum müssen dann Fußballfans für die Polizeieinsätze der Bundesliga zahlen und die Oktoberfestbesuche die 2031 der Polizei nicht? Einen „Oktoberfest-Euro“ schlägt keiner vor… Und was ist mit den Polizeieinsätzen bei anderen gut besuchten Sportveranstaltungen (z. B. Eishockey) oder Demonstrationen?  Es müssen vernünftige Ideen her, im Dialog zwischen Fans und Verband. Und zwar nicht, um Probleme zu lösen – der deutsche Fußball hat (noch) kein Problem – sondern als Prävention und damit solch „erschreckende“ Zahlen wie von der ZIS veröffentlicht wieder runtergehen. Also auch die Polizeieinsätze runterfahren! Die Medien sollten auf Panikmache verzichten, vernünftig recherchieren und wahrheitsgetreu berichten. Statistiken richtig beleuchten, so wie es die WAZ-Gruppe tut. Ein Foto, in dem eine Bengalische Fackel rein retuschiert wird um auch ja die Worte „Randale“, „Ausschreitungen“ und  „Unverbesserliche“ verwenden zu können – und das auch noch in falschem Bezug – hat nichts mehr mit Journalismus zu tun. Und es sollten die Leute mitdiskutieren, die sich auskennen. Wenn das „Sicherheitskonzept“ von 13 Männern erstellt wird, die keinerlei Praxisbezug haben, kann das nichts werden. Und dann wundert man sich über den Protest der Fans (Stichwort Stimmungsboykott), wenn sie sich bei einem sog. „Risikospiel“ nicht einer Ganzkörperkontrolle unterziehen wollen, nur um ein Fußballspiel zu sehen…

Aber mal ehrlich, wenn an einem Risikospiel in der 2. Bundesliga mit Beteiligung von den „berüchtigten“ Dresdnern anschließende Aussage der negative Höhepunkt ist, dann ist es wirklich um die Sicherheit in unseren Stadien geschehen: „An einem Obstgeschäft mit Auslage schnappte sich ein Fußball-Fan im Vorbeigehen einen Apfel. Er wurde aber seinerseits von der Polizei geschnappt.“, Mittelbayerische Zeitung vom 30.11.12).

   
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