Kommentar: Ist die Sicherheit in den Stadien noch gewährleistet?

Das Skandalspiel in der Relegation zwischen Fortuna Düsseldorf und Hertha BSC bewegte ganz Fußball Deutschland. Nein, nicht nur ganz Fußball-Deutschland – die ganze Republik schrie empört auf. Pyrotechnik auf beiden Seiten, dann eine Minute vor Schluss der Platzsturm der Düsseldorfer Anhänger. Ein Sinnbild für die erschreckende Entwicklung im Deutschen Fußball – voll von Gewalt und Ausschreitungen. Wenn man die Medien und den aktuellen gesellschaftlichen Diskurs so verfolgt muss man sich die Frage stellen: Ist es in Deutschlands Fußballstadien in den drei Profiligen wirklich noch sicher?

"Skandalspiel" in Düsseldorf als Sinnbild für die aktuelle Lage im Deutschen Fußball

Um es gleich vorweg zu nehmen: Ja, ist es! Diese prompte Antwort zeigt aber auch eine weitere Frage auf: Warum steht der Deutsche Fußball im Augenblick dann in so einem schlechten Licht? Warum ist fast an jedem Spieltag von Fanausschreitungen die Rede? Den Höhepunkt des aktuellen "Gewaltausmaßes" haben sicher die beiden Relegationsspiele geprägt. Im Hinspiel in Regensburg haben Fans des KSC Bengalische Fackeln gezündet, im Rückspiel gab es nach dem sicheren Aufstieg Pyro im Jahn-Block. Hinzu kommt der kurze Platzsturm der ob des Abstieges frustrierten Karlsruher und die anschließenden Krawalle vor dem Stadion. Das hat aber in den Medien überraschender Weise kaum Beachtung gefunden, das andere Spiel, zwischen Fortunda Düsseldorf und Hertha BSC, stand mehr im Fokus. Was war passiert? Zunächst einmal die obligatorische Pyrotechnik; von Berliner Fanseite fanden zudem viele Fackeln den Weg in den Innenraum. Kurz vor Schlusspfiff gelangten auch Fortuna-Fans auf das Spielfeld. Versammelten sie sich noch in den letzten Minuten drumherum, die emotionale Rückkehr in die Bundesliga nach 15 Jahren vor Augen, interpretierten einige Unwissende einen Abstoß-Pfiff von Schiri Stark mit dem Abpfiff – und ließen ihrem Jubel über den vermeindlichen Aufstieg freien Lauf. Was dann geschah, brauch ich wohl nicht weiter erläutern. Nachdem die Fans das Spielfeld verlassen hatten ließ Stark die letzte Minuten noch spielen, pfiff ab – und wieder war das Spielfeld voll von 95ern.

Früher "Ein Meer von Blau-Weiß" – heute: "Ein Ende mit Schrecken"

Alles in Ordnung soweit. Oder nicht? "Das kann doch nicht wahr sein!", "Was für ein Drama!" und "Skandal!" hört man nur vom Kommentator. Männer, Frauen und Kinder, die nur auf Randale aus sind? Diese ganze Situation wird im TV-Bericht und auch später in den anderen Medien nur negativ dargestellt, als böse Absicht der Fans von Fortuna Düsseldorf. Dass diese Menschen im Freudentaumel einen Pfiff einfach verwechselt haben, das zieht niemand in Betracht. Und später berichten die Berliner, sie hätten "Todesängste", wenn sie in der Minute noch das Tor gemacht hätten, dass die Fortuna-Fans auf sie los gehen könnten. Ah ja. Ein Blick in die Vergangenheit: Im letzten Saisonspiel der 2. Bundesliga 1991 reicht dem MSV Duisburg ein Punkt gegen Blau-Weiß Berlin um nach neun Jahren die Rückkehr in die Bundesliga zu schaffen. Schon zehn Minuten vor Abpiff (es stand 0:0) versammelten sich tausende Zebra-Fans am Rand des Spielfeldes (und zwar wirklich Zentimeter hinter der Außenlinie, nicht so weit weg wie die Düsseldorfer nach Wiederanpfiff in der 90. +6.). Hatten die Berliner DAMALS, sollten sie ein Tor erzielen – was das Abrutschen des MSV auf den Relegationsrang bedeutet hätte – Angst um ihr Leben? Nein. Sind die Berliner denn vor 21 Jahren mutiger gewesen? Wohl kaum. Zwei Minuten vor Schluss erzielen die Duisburger dann das 1:0 – und wie vor gut vier Wochen stürmen tausende Fans zu früh aufs Spielfeld. Skandal? Mitnichten. Verständnis für die Fans, die die Rückkehr kaum erwarten können und auf heißn Kohlen sitzen. Der Fernseh-Kommentator meint zum Blau-Weiß-Abwehrmann nur spöttisch: "Da war er wohl irritiert von der Masse". Bald darauf, als das Spielfeld bis auf die Außenlinie zebrafrei war, wird dieses Spiel wieder angepfiffen, um zwei Minuten später endgültig abgepfiffen zu werden. Auch in Duisburg kannte der Jubel keine Grenzen, der MSV war wieder zurück im Oberhaus. Der Kommentator dazu: "Das Spielfeld verschwindet unter jubelnden Fans in einem Meer von Blau-Weiß". Das Bild der feiernden Fans auf dem Feld mit Sacha Rösler nach dem Schlusspfiff, was die gleiche Situation war, wurde jedoch als "Ende mit Schrecken" bezeichnet. Die Menschen hätten auf dem Spielfeld nichts zu suchen. Vom "Meer aus Blau-Weiß" zum "Ende mit Schrecken" – warum?

Verzerrung der Tatsachen durch die Medien

Warum ist dieses Bild der feiernden Fans so als "Randale"-Bild durch die Nation gegangen und entfacht eine Diskussion über die zunehmende Gewalt im Deutschen Fußball? Die Szenen gegen Ende der Relegation in Düsseldorf hatten so viel mit Gewalt und Randale zu tun, wie ein Rotkehlchen mit Mallorca. Am Ende heißt es dann – und das ist das groteske – das Spiel hätte unter keinen regulären Bedingungen stattgefunden und hätte nach dem Platzsturm der Fortuna-Fans abgebrochen werden müssen… Und ich war überrascht, wie viele Menschen das ebenso sahen! Aber, tut mir Leid, liebe Berliner, wenn das Spiel abgebrochen worden wäre, dann wegen Berliner Bengalos. Pyrotechnik ist kein Verbrechen – solange sie keine Werbebanden in Brand stecken. Schlimm genug, dass man beim kicker-Sportmagazin schon  "Ausschreitungen mit Pyrotechnik" lesen muss. Aber Bengalische Fackeln gehören wenn dann in die Hand und nicht aufs Spielfeld. Aber das nur am Rande. Wobei dieses Zitat typisch ist für die aktuelle Situation – hier wird "Pyrotechnik" mit "Ausschreitung" gleichgesetzt. Woher kommt diese Verzerrung der Tatsachen in den Medien? Wenn in einem Relegationsspiel die KSC-Fans wegen der Wichtigkeit des Spiels emotionsgeladen sind, und ihre Emotion nach der Halbzeitpause mit einer Pyro-Show ausdrücken, und man am Tag darauf in der Zeitung dieses Bild sieht mit der Bildunterschrift: "Randalierende Karlsruher Fans"? Für mich völlig unverständlich. Keine zehn Jahre ist es her, da waren das noch "Südländische Emotionen". Dass es Probleme im Deutschen Fußball gibt, ist ja nicht von der Hand zu weisen. Ebendiese Bengalos, die auf dem Spielfeld landen oder gar in anderen Blöcken. Oder eben TATSÄCHLICHE Ausschreitungen mit körperlicher Gewalt, wie sie nach dem Spiel in Karlsruhe stattfanden. Aber die werden nicht mehr, die werden sogar weniger. Es gibt ein immer höheres Polizieaufkommen bei Spielen in Bundesligen und der 3. Liga. Angeblich wegen immer häufiger werdenen Konflikten zwischen Fans. Und das ist schlichtweg falsch, Fans untereinander geraten immerweniger aneinander. Die Konflikte aber zwischen Fans und der Polizei mehren sich, sollte man nicht nach Lösungen suchen statt die Polizeikräfte zu verstärken? Aber das ist ein anderes Kapitel…

Wirklichkeitsverzerrung muss aufhören! Die wirklichen Probleme müssen gelöst werden!

Sind die deutschen Stadien also gefährlicher geworden? Nimmt die Gewalt tatsächlich zu? Wie gleich zu Beginn erwähnt ist das nicht belegbar. Belegbar ist, dass sich der Umgang mit Fußballfans in der Öffentlichkeit verändert hat. Durch die Medien wird viel hochgeschaukelt, viel verändert und sogar einiges erfunden. Kein Wunder, dass die Lage im Fußball so schlimm erscheint. Aber das sollte sich ändern! Wenn die Dinge nicht richtig dargestellt werden, vertieft sich der Gedanke "Fußballfan = Hooligan", die Angst in Stadien zu gehen wächst. Eventuell kommt es zu drastischeren Strafen wie das Stehplatzverbot, was das Ende der Deutschen Fankultur bedeuten könnte. Überteuerte Sitzplätze werden Menschen aber nicht daran hindern, Pyrotechnik einzusetzen… Das ist der falsche Weg. Wenn die Dinge nicht dargestellt werden, wie sie sind, droht ein Teufelskreis. Und vor allem sollten sich Verantwortliche um wirkliche Probleme kümmern. Nicht um Düsseldorfer, die (in irgendeiner Form sogar lustigen Art, wenn ich an den Herren denke, der vor laufenden Kameras den Elfmeterpunkt klaut), ein Spiel kurz vor Ende mal eben auf den Kopf stellen – ohne jede Gefahr für irgendwen ( es sei denn Herr Kobiaschvili schubst in solchen Situationen weiter Schiedsrichter von Treppen) und anschließend friedlich und freudetrunken auf dem Platz mit den Spielern einen Aufstieg feiern, sollten sie sich kümmern. Sondern um Karlsruher, die ihren Frust nicht ertragen und Regensburger Fanbusse mit Steinen bewerfen. Diese Verzerrungen der Wirklichkeit was Fußballfans betrifft muss aufhören und die Hebel an den richtigen Stellen angesetzt werden! Man muss wieder miteinander Reden, keine sinnlosen Strafen ansetzten, die in einem Teufelskreis enden. Das, was zu vermeiden versucht wird, wird dadurch erst hervorgebracht. Noch ist es in Deutschen Stadien sicher. Liebe Verantwortliche,  werft mal einen Blick nach Polen! Lernt aus den Fehlern anderer…

FOTO: Flohre Fotografie

   

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