Kommentar: Warum die Insolvenz für RWE eine Chance ist

Der FC Rot-Weiß Erfurt hat am Dienstag die Notbremse gezogen und Insolvenz angemeldet – endlich, denn es ist die einzig richtige Entscheidung! Was nach einem harten Schritt klingt, bietet die Chance auf einen echten Neuanfang in der Regionalliga. Ein Kommentar.

Ohne finanzielle Perspektive in der 3. Liga

Man muss kein großer Fußball-Experte sein, um beim Blick auf die aktuelle Tabelle der 3. Liga festzustellen, dass die Chancen des FC Rot-Weiß Erfurt auf den Klassenerhalt seit Wochen gegen Null tendieren. Auch die Spieler und Trainer Stefan Emmerling wissen das, wollten aber natürlich noch nicht aufgeben und bemühten daher unzählige Durchhalteparolen. Das hat nun zum Glück ein Ende. Mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zieht RWE einen klaren Schnitt und verabschiedet sich auf unbestimmte Zeit aus der 3. Liga. Jetzt können sich die Thüringer voll und ganz darauf konzentrieren, den Neuanfang in der Regionalliga einzuleiten.

Denn auch wenn der Abstieg nach zehn Drittliga-Jahren in Folge schmerzt, ist er eine Chance. Denn so wie bisher, konnte es in Erfurt nicht mehr weitergehen. Seit Jahren fährt der Klub hohe Verluste ein, auch der Umbau des Steigerwaldstadions verbesserte die finanzielle Lage nicht. Innerhalb kürzester Zeit häufte Rot-Weiß Erfurt einen Schuldenberg von über acht Millionen Euro an – eine erhebliche Hypothek für die Zukunft. Der Verein wäre daran zugrunde gegangen, das kann man mit großer Sicherheit sagen. Jedes weitere Jahr in der 3. Liga hätte die Situation zusätzlich verschärft. Schon im Spätherbst war durchgesickert, dass RWE quasi in allen Bereichen offene Rechnungen hatte – selbst bei Borussia Dortmund, der Telekom, dem Arena-Reinigungsunternehmen, der Security, beim Mannschaftsbus-Unternehmen und dem Stadion-Caterer. Zwar konnten die Thüringer in den vergangenen Wochen etwa 600.000 Euro an Kosten einsparen, doch eine vernünftige finanzielle Perspektive hatte Erfurt in der 3. Liga nicht mehr – nicht mit dem Schuldenberg und der sportlichen Situation.

Grundstein ist gelegt – aber keine Garantie

In der Regionalliga kann sich RWE – sollte das Insolvenzverfahren erfolgreich durchlaufen werden – als schuldenfreier Verein neu aufstellen – sowohl sportlich als auch finanziell. Auch der Zeitpunkt der Insolvenzanmeldung ist optimal gewählt, schließlich hat Rot-Weiß Erfurt nun mehrere Monate Zeit, um ein Konzept für die Regionalliga zu entwickeln. Bereits Mitte März Planungssicherheit zu haben, ist ein großer Vorteil im Vergleich zu vielen künftigen Konkurrenten. Vielleicht ist sogar der direkte Wiederaufstieg möglich, steigt der Meister der Nordost-Staffel in der kommenden Saison doch direkt auf. Aber selbst wenn RWE vorerst nicht um den Aufstieg mitspielen wird: Der Grundstein für einen Neustart ist gelegt, auf diesen kann Rot-Weiß Erfurt nun aufbauen.

Klar ist aber auch: Eine Garantie für eine bessere Zukunft ist die Insolvenz keineswegs. In der Regionalliga warten nun schwere Zeiten, wenn es nicht mehr gegen Magdeburg, Rostock und Jena sondern vor wenigen hundert Zuschauern gegen Fürstenwalde, Neugersdorf und Altglienicke geht. Der Profifußball ist in Erfurt künftig Geschichte, der Weg zurück wird nicht leicht. Doch nutzt RWE die Chance, werden sie gestärkt in die 3. Liga zurückkehren können. Und wer weiß: Vielleicht ist mittelfristig dann auch mehr möglich als Abstiegskampf …

   
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