Kommentar: Den nächsten Schritt gehen

Ein aufregendes Jahr ist für den SV Darmstadt 98 zu Ende gegangen. 2011 war für die über 20 Jahre lang leidgeprüften Fans über weite Strecken ein wahres Freudenfest. Die Siege gegen Kassel, in Worms und der von 17.000 Zuschauern gefeierte Aufstieg im abschließenden Saisonspiel gegen den FC Memmingen waren fraglos die Highlights für alle Fans des südhessischen Traditionsvereins. Nun ist der SV Darmstadt 98 also zurückgekehrt in den Profifußball – erstmals seit dem Zweitligaabstieg im Jahre 1993.

1:4-Niederlage ein echter Stimmungsdämpfer

Die ganz große Euphorie am Böllenfalltor ist mittlerweile allerdings verflogen. Nach dem bitteren 1:4 am vergangenen Samstag gegen den VfL Osnabrück herrscht Katerstimmung bei Fans und Verantwortlichen. Das Abrutschen auf den 17. Tabellenplatz zur Winterpause nach den Niederlagen gegen Aalen und eben Osnabrück war ein empfindlicher Dämpfer für die positive Stimmung im Umfeld, welches bereits wieder begann, von höheren Tabellenregionen zu träumen. Unrealistisch war das nicht, wenn man auf die zahlreichen vergebenen Punkte in den Schlussminuten zahlreicher Spiele schaut.

Die Umstellung fällt noch schwer

Auch die Umstellung von der Regionalliga in die deutlich professionellere dritte Liga fällt dem Verein in vielen Bereichen noch schwer. Es ist zu spüren, dass man mit den gestiegenen Anforderungen und dem veränderten Umfeld noch nicht so recht Schritt halten kann. Dies ist durchaus nachvollziehbar. Denn vieles liegt brach nach fast 20 Jahren Amateurfußball in Darmstadt, und die Anforderungen sind kaum mehr vergleichbar mit der Zweitligazeit der achtziger- bzw. der frühen neunziger Jahre. Der überraschende Aufstieg stellt die Macher um Präsident Hans Kessler und Trainer und Sportmanager Kosta Runjaic daher zeitweise noch vor arge Probleme.

Stimmungsboykott der Fans

Nicht nur das marode Stadion am Böllenfalltor genügt kaum noch den Anforderungen an eine moderne Fußballarena, auch die Trainingsmöglichkeiten sind alles andere als professionell für die Mannschaft. Ein teilweises Ausweichen auf andere Trainingsplätze in Darmstadt wurde für die Spieler unumgänglich. Und auch in der Kommunikation zwischen den leidenschaftlichen Fans der „Lilien“ und der Vereinsführung hapert es mittlerweile. Waren die Einschränkungen in der Regionalliga für die Anhänger noch recht überschaubar, sind diese eine Liga höher für die fanatischen Unterstützer des Vereins bislang nur schwer zu verdauen. Eine restriktive Linie des Vereins gegenüber den eigenen Anhängern war die Folge, die schließlich in einem Stimmungsboykott der beiden Fanblöcke in den vergangenen Heimspielen endete.

Noch kein ausgeglichener Kader

Trotz dieser Widrigkeiten stehen die „Lilien“ mit 24 Punkten nicht schlecht da für einen Aufsteiger mit dem geringsten Etat der Liga. Nicht zu übersehen ist allerdings, dass das Team aufgrund der schwierigen finanziellen Situation noch nicht über einen solch breiten Kader verfügt, der es ihm ermöglicht, mehrere Ausfälle gleichwertig zu kompensieren. Es mangelt vor allem im Abwehrverbund, in der Aufstiegssaison noch der entscheidende Faktor zum Erfolg, und auch ein weiterer gestandener Angreifer an der Seite des unverzichtbaren Marcus Steegmann stünde dem Team gut zu Gesicht.

Verein muss den nächsten Schritt gehen

Und auch wenn Trainer Kosta Runjaic nicht müde wird, die positive Entwicklung der Mannschaft und die schwierige Situation des Vereins immer wieder zu betonen, muss der Verein bald den nächsten Schritt gehen und die Professionalisierung weiter vorantreiben. Denn ausruhen darf man sich auf der ohne Frage starken Entwicklung der vergangenen beiden Jahre nicht. Denn ein sofortiger Wiederabstieg in die Regionalliga wäre eine Katastrophe für die ambitionierten Bemühungen des Vereins, sich in den nächsten Jahren wieder in der zweithöchsten Eliteklasse des deutschen Fußballs zu etablieren.

FOTO: www.o-m-d.org

   
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