Kommentar: Auch Grlic trägt eine Mitschuld an der MSV-Misere

Nach nur 77 Tagen im Amt ist Gino Lettieri als Trainer des MSV Duisburg schon wieder Geschichte. Überraschend kam die Entlassung am Mittwoch nach der schwachen Bilanz unter dem 54-Jährigen nicht. Erstaunlich ist dagegen die Tatsache, dass Sportdirektor Ivica Grlic weiterhin im Amt ist. Denn der 45-Jährige trägt ebenfalls eine Mitschuld an der aktuellen Situation. Ein Kommentar.

Plan mit Lettieri krachend gescheitert

Vom Auf- zum Abstiegskandidaten innerhalb weniger Monate: Der MSV Duisburg hat eine dramatische Talfahrt hinter sich, die im Worst Case in der Regionalliga enden könnte. Entsprechend steht Sportdirektor Ivica Grlic bei den Fans nicht erst seit gestern in der Kritik. Eine Tatsache, die dem 45-Jährigen auch durchaus bewusst ist. Vor dem Spiel in Zwickau flüchtete er sich jedoch in Durchhalteparolen: Dass die Fans nicht zufrieden sind, sei "vollkommen normal", meinte Grlic. Man selbst sei ebenfalls nicht zufrieden, Tabellenplatz 19 sei "nicht unser Anspruch". Man müsse nun alles daran setzen, "um unten herauszukommen". Die Frage ist nur: Kann Grlic das auch von sich behaupten? Denn dass Gino Lettieri von den Fans nicht gerade mit offenen Armen empfangen werden würde, dürfte Grlic bewusst gewesen sein – zu schwach hatte sich der MSV nach dem Aufstieg in die 2. Bundesliga in der Saison 2015/16 unter Lettieri präsentiert. Auch die Art des gebürtigen Schweizers war bei vielen Anhängern nicht gut angekommen.

Dennoch hatte sich Grlic dafür entschieden, den 54-Jährigen im vergangenen November zurückzuholen und ihn als Nachfolger von Torsten Lieberknecht zu installieren. Natürlich hätte es mit Lettieri an der Seitenlinie klappen können – schließlich hatte er den MSV einst zum Aufstieg in die 2. Bundesliga geführt. Doch der Plan ging nicht auf. Mehr noch: Er ist krachend gescheitert. Von Tag 1 an sah sich Lettieri in den sozialen Netzwerken einem Spießrutenlauf ausgesetzt, schon früh wurde seine Entlassung gefordert. Viele Fans kündigten zudem ihre Mitgliedschaft, sogar ein Sponsor erklärte seinen Rückzug zum Saisonende. Kurzum: Die Lettieri-Rückkehr sorgte für reichlich Unruhe rund um den Klub – und gerade das konnte der MSV im Abstiegskampf am allerwenigsten gebrauchen.

Fehler bei der Kaderzusammenstellung

Doch nicht nur bei der Trainer-Verpflichtung bewies Grlic zuletzt kein glückliches Händchen: Auch die Kaderzusammenstellung im Sommer war alles andere als optimal. Der Abgang von Lukas Daschner etwa wurde nicht kompensiert, auch in der Offensive klaffte eine Lücke. Natürlich erschwerten die finanziellen Bedingungen in Meiderich die Möglichkeiten auf dem Transfermarkt, und auch die Quarantäne zu Saisonbeginn hat seine Spuren hinterlassen. Etwas mehr Weitsicht hätte man von Grlic aber schon erwarten dürfen – zumal er kein Neuling im Geschäft ist.

Dass mit Stefan Velkov, Marlon Frey und Federico Palacios nun schon dreifach nachgelegt wurde, zeigt einmal mehr, dass im Sommer entscheidende Baustellen im Kader nicht angegangen wurden. Und dass das Trio zuletzt auf Anhieb in der Startelf stand, ohne zuvor nennenswert mit der Mannschaft trainiert zu haben, stellt ebenfalls unter Beweis, dass die Qualität des Kaders in der Hinrunde nicht ausreichend war. Natürlich war der MSV auch von zahlreichen Verletzungen geplagt, doch das allein darf nicht als Begründung für die bisher schwache Saison herhalten. Vielmehr wird sich Grlic hinterfragen müssen, ob er noch der Richtige auf dem Sportdirektor-Posten ist. Ungewöhnlich ist, dass er in der Pressemitteilung zur Entlassung von Lettieri nicht zu Wort kommt. Ein Indiz darauf, dass auch seine Tage beim MSV gezählt sind? Klar ist jedenfalls: Sollten die Zebras am Ende der Saison tatsächlich in die Regionalliga absteigen, hätte auch Grlic seinen Anteil daran.

   
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