Kivran gesteht ein: "Türkgücü war kein gutes Investment"

Sechs Jahre lang war Hasan Kivran Investor von Türkgücü München und führte den Klub aus der Landesliga in die 3. Liga, ehe er zu Beginn des Jahres den Geldhahn zudrehte und den Klub fallen ließ. In einem Interview mit der "Bild" spricht der 56-Jährige erstmals über die Zeit bei Türkgücü, erklärt, warum er ausgestiegen ist und woran das Projekt gescheitert ist.

"Fehleinschätzung"

Zehn Millionen Euro! Diese Summe hat Kivran nach eigenen Angaben bis Ende 2021 in Türkgücü investiert. Weitere 2,5 Millionen Euro hätte er für die Fortführung des Spielbetriebs in dieser Saison zahlen müssen. "Ich denke, dass es wirtschaftlich nicht intelligent gewesen wäre", sagt der 56-Jährige. Nicht mehr in Türkgücü zu investieren, sei eine Entscheidung gewesen, die ihm schwergefallen sei. "Aber ich musste sie treffen." Unter dem Strich gesteht Kivran ein: "Türkgücü war wirtschaftlich gesehen kein gutes Investment."

Nach drei Aufstiegen in Folge sollte die Erfolgsstory in der 3. Liga weitergehen. "Aber die sportlichen Probleme wurden immer größer, obwohl wir einen Etat von rund sechs Millionen Euro hatten. Die Kosten sind seit dem Aufstieg in die Dritte Liga explodiert. Ich musste mich fragen: Machst du weiter, auch wenn der Plan nicht aufgeht? Und, noch wichtiger: Wie ist die Perspektive? Sie fehlte gänzlich." Die Annahme, dass sich sportlich etwas Großes entwickeln könne, sei "eine Fehleinschätzung" gewesen, so Kivran ehrlich.

Dass das Projekt gescheitert ist, schiebt der 56-Jährige in Teilen aber auch der Stadt München zu: "Leider ist die Stadt München anscheinend nicht für drei Profiklubs gemacht. Komisch, denn in Westdeutschland klappt es mit vielen Klubs innerhalb weniger Kilometer sehr gut. Das hat sehr an uns gezerrt." Kritik übt Kivran vor allem an der fehlenden Infrastruktur: "Ohne vernünftige Nachwuchsarbeit kann man keinen Profiklub etablieren. Auf einer Bezirkssportanlage ist das nicht möglich." Hinsichtlich eines eigenen Trainingsgeländes sei Türkgücü "immer nur bei Laune gehalten" worden, ein Gelände sei dem Klub verwehrt worden. "Das war ein wichtiger Punkt und ist enttäuschend, denn wir sind das Thema bereits vor fünf Jahren angegangen."

"So schlecht finde ich die Entwicklung nicht"

In sportliche Belange habe sich Kivran derweil nicht eingemischt: "Ich wäre kein guter Unternehmer, wenn ich dem Trainer die Aufstellung diktieren würde. Ich bezahle ihn ja, damit er Entscheidungen trifft. Das Gerede darum ist Schmarrn. Wir haben uns mit der sportlichen Leitung einmal pro Woche zusammengesetzt. Ich bin kein Alleinherrscher." Den e.V. werde er nun schuldenfrei an seinen Nachfolger übergeben. "Es sieht gut aus, dass er in der neuen Saison in der Regionalliga starten kann. Wenn du in der Regionalliga einen Etat von 300.000 Euro hast, ist das viel. Ziel wird sein, sich in der Liga zu etablieren."

Vielleicht gebe es irgendwann wieder einen "positiven Verrückten", der in den Klub investieren und ihn hochbringen will. "Aber dafür muss sich die Infrastruktur ändern, hier ist die Stadt gefordert." Kivran selbst kann sich unterdessen vorstellen, den Klub weiterhin finanziell zu unterstützen. "Aber in viel kleineren Dimensionen als bislang." Dem Verein werde er als Weggefährte immer verbunden bleiben – und blickt dann doch versöhnlich auf seine Zeit bei Türkgücü zurück: "Am 1. Januar 2016 habe ich Türkgücü in der Landesliga auf einem Abstiegsplatz übernommen. So schlecht finde ich die Entwicklung nicht."

   
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