Kadercheck: Wo sortiert sich Rot-Weiss Essen ein?

Es ist sicherlich der spannendste Liganeuling, mit dem es die 3. Liga zu tun bekommt: Von Rot-Weiss Essen wird mehr erwartet als bloß Abstiegskampf – mindestens ein Mittelfeldrang, vielleicht sogar die obere Tabellenhälfte sollen das Ziel des ambitionierten Ruhrpottklubs sein. Gibt der Kader dies bereits her? Ein Überblick.

Die Torhüter

RWE ist voll besetzt, hat ein Trio beisammen. "Chef" im Ring ist allerdings einer, der in den vergangenen drei Regionalliga-Jahren nur auf 24 Einsätze gekommen ist und meist das Dasein als Nummer zwei fristen musste: Jakob Golz zog im Endspurt der vergangenen Saison am erfahrenen Daniel Davari vorbei, der sich anschließend als problematisch für das Teamgefüge erwies und sogar suspendiert wurde.

Sein Herausforderer wird der junge Felix Wienand, der von Schalke 04 II verpflichtet worden ist. Routinier Raphael Koczor ist der Einzige mit Drittliga-Erfahrung (Jena, Ahlen), war zuletzt aber nur dritter Keeper. Als starker Teamplayer hat er vor einigen Wochen seinen Vertrag bis 2023 verlängert, ist ein solider Ersatzmann, wie man ihn sich als Verein nur wünschen kann.

Außenverteidiger

Noch ist offen, ob Trainer Christoph Dabrowski auf der Viererkette aus der Vorsaison aufbaut oder eine neue Formation implementiert. Klar ist: Unter anderem mit dem sowohl außen als auch innen einsetzbaren Routinier Felix Bastians, zuletzt meist als linker Verteidiger tätig, hat er Spielraum.

Beachtliche Zweit- und Drittliga-Erfahrung hätte auch Michel Niemeyer, der aber aufgrund von Schambeinproblemen ein ganzes Jahr verpasst hat – fraglich, ob er zurück auf früheres Niveau kommt. Talent Nico Haiduk, das auch offensiver agieren kann, ergänzt die linke Seite. Rechts ist Dauerbrenner Sandro Plechaty (sammelte 13 Scorerpunkte) erster Anwärter, er zeigte defensiv aber auch noch Schwächen. Druck macht ihm der 20-jährige Meiko Sponsel, der vom 1. FC Köln an die Hafenstraße kommt.

Innenverteidiger

Auch im Zentrum hat RWE nach aktuellem Stand nur noch begrenzten Bedarf. Kapitän Daniel Heber hat einen Vertrag bis 2025, und frühere Wechselgerüchte haben sich bislang nicht bestätigt, er ist als spielstarker Verteidiger und Anführer ein absoluter Trumpf. Neben ihm hat sich José-Enrique Rios Alonso bemerkenswert entwickelt, er hat mit 21 Jahren noch viel Potenzial.

Felix Herzenbruch schließlich stieg 2018 mit dem SC Paderborn bereits in die 2. Liga auf, erwies sich als solider Teamspieler, er sollte in der neuen Spielklasse kaum Anpassungsprobleme haben. Unter dem Strich sollte diese Abwehr Ansprüchen für das Drittliga-Mittelfeld genügen, für Yannick Langesberg wird noch ein Abnehmer gesucht.

Zentrales Mittelfeld

Die spielerische Dominanz der Essener überdeckte in der Regionalliga oft genug eine Baustelle: das defensive Mittelfeld, dem ein klassischer, ballgewinnender Abräumer fehlte. Der soll mit Rostock-Neuzugang Björn Rother nun gefunden worden sein, alles andere als ein sofortiger Stammplatz für den 25-Jährigen (130 Drittliga-Einsätze) würde verwundern. Niklas Tarnat, im Endspurt der Saison am auffälligsten, könnte eine Doppel-Sechs ergänzen, jedoch gibt es noch viele weitere Optionen. Zum Beispiel Luca Dürholtz (früher unter anderem Dresden und Kiel), Teil der Aufsteiger-Stammelf und starker Allrounder mit passabler Torgefahr.

Und dann ist da noch Thomas Eisfeld, der im Winter erstaunlicherweise in Essen unterschrieb, nachdem er 2021 noch mit Bochum in die Bundesliga aufgestiegen war. Er kommt über die spielerische Komponente, das Ackern müssen andere erledigen. Hinter diesem Quartett warten noch Eigengewächs Cedric Harenbrock, Erolind Krasniqi, Fabian Rüth und Felix Schlüsselburg, unter den Letztgenannten dürften sich noch Abgänge herauskristallisieren.

Flügelspieler

Zwei Fragen stellt sich jeder RWE-Fan: Wie wird sich Isaiah Young in der 3. Liga präsentieren – und wie Goalgetter Simon Engelmann? Young war der eine Teil des herausragenden Offensivduos, seine Verlängerung bis 2024 wurde frenetisch gefeiert. Ob links oder rechts: Young ist gesetzt.

Dafür ist die jeweils andere Seite noch mit Fragezeichen behaftet: Oguzhan Kefkir hat trotz starker Scorerwerte keinen Freifahrtschein, Kevin Holzweiler war lange verletzt, Neuzugang Aurel Loubongo (FC St. Pauli II) ist eine Perspektivverpflichtung, Sascha Voelcke war nur Joker und zuletzt auch lange verletzt. Vielleicht legt Essen hier im Verlauf des Sommer-Transferfensters noch einmal nach, allerdings müsste den bereits 30 Spieler starken Kader zuvor auch der ein oder andere verlassen.

Stürmer

Nun zur Engelmann-Frage. Kaum zu glauben, dass dieser Mann – mittlerweile 33 Jahre alt – noch nie in der 3. Liga gespielt hat. Dafür hat er unglaubliche 166 Tore in 307 Regionalliga-Spielen erzielt und damit offenkundigst die Überqualifikation für genau diese Spielklasse unter Beweis gestellt. Nun also die späte Bewährungsprobe auf höherem Niveau und die Frage: Schafft er wieder 24 bis 29 Saisontore, wie in den vergangenen Jahren üblich? Oder muss er Tribut zollen?

Die Abhängigkeit soll im Idealfall geringer werden, in Ron Berlinski wurde bereits ein begehrter Spieler dazugeholt, der im Endspurt maßgeblich am Klassenerhalt des SC Verl beteiligt war. Sein Bekenntnis zu Essen zeigt ganz nebenbei: Im Paket aus finanziellen Aspekten und genereller Attraktivität als Traditionsklub kann Rot-Weiss die kleinsten Drittligisten bereits locker ausstechen. Dritter Stürmer ist der 18-jährige Timur Kesim, noch ein Eigengewächs. Auch hier könnte noch gezielt aufgerüstet werden, gleichwohl soll die Eingespieltheit ja Trumpf bleiben. Und vor einem Abstieg muss sich zumindest beim rein nominellen Blick auf den Kader wohl kaum einer sorgen.

 

   

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