Hoffnungsträger der Saison: Stefan Krämer

"Als Trainer zu Arminia wechseln?" "Ne, dann doch lieber beim Kampfmittelräumdienst arbeiten." So oder so ähnlich hätte es sich anhören können, wenn man sich noch vor einem Jahr über die Jobsicherheit des Trainerpostens von Arminia Bielefeld unterhalten hätte. Sage und schreibe sechs Trainer wurden in knapp drei Spielzeiten verschlissen. Zuletzt entließ man Markus von Ahlen, der nach dem katastrophalen Abstieg aus der 2. Bundesliga, auch die sportliche Talfahrt in der 3. Liga nicht stoppen konnte. Nach zehn Spieltagen unter seiner Regie, stand man mit fünf mageren Punkten und noch keinem gewonnenen Spiel auf Platz 19.

Krämer als Glückgriff

Interimsweise sollte Stefan Krämer, zu dem Zeitpunkt noch Co-Trainer, die Mannschaft übernehmen. Stefan Krämer? In Fußball-Deutschland noch gänzlich unbekannt, sollte sich als ein Glückgriff für die leidgeplagten Ostwestfalen herausstellen. Zwar verlor man das erste Spiel unter seiner Leitung noch mit 0:1 gegen Heidenheim, aber nach diesem Spiel begann eine Aufholjagd, die so niemand erwartet hätte und zum Saisonende für einen gesicherten Platz im unteren Mittelfeld reichen würde. Doch wer ist überhaupt Stefan Krämer und woher kommt sein Erfolg? Stefan Krämer wurde in Mainz geboren und begann seine aktive Karriere beim FV Bad Honnef, welcher zu dem Zeitpunkt in der Oberliga Nordrhein- der heutigen NRW-Liga- spielte. Leider musste er seine aktive Karriere nach dem Wechsel zum Viertligisten FV Rheinbrohl- bei dem er übrigens Kapitän war- aufgrund einer Bänderverletzung im Knie, mit Anfang dreißig, beenden. Dies veranlasste Stefan Krämer dazu, der in seiner Freizeit gerne auch mal als DJ auflegt und vorzugsweise dunkle, rockige Bands, wie z.B. Sisters of Mercy hört, seine Trainer-Lizenz an der Hennes-Weißweiler-Akademie zu machen. Die Prüfung schloss er als Viertbester seines Jahrgangs ab.

Trainer beim Sechstligisten SV Roßbach/Verscheid

Seinen ersten Trainerposten übernahm er 1998 beim FV Rheinbrohl und blieb dort für zwei Jahre, nach denen er für weitere zwei Jahre bei der TSG Irlich 1882 auf der Trainerbank saß. Anschließend ging er 2002 für neun Jahre zum Sechstligisten SV Roßbach/Verscheid. Mit diesem Verein gelang es ihm 2006 und 2007 Meister der Rheinlandliga zu werden. Obwohl er 2005, 2006 und 2009 drei Mal mit seiner Mannschaft im Finale stand, blieb es ihm dennoch verwehrt den Rheinlandpokal zu gewinnen. Den bis Dato größten Erfolg, verbuchte er in der Saison 2006/2007, mit der Teilnahme am DFB-Pokal. Als Gegner wartete kein geringerer als Borussia Mönchengladbach. Das erhoffte Wunder blieb leider aus und man verlor mit 1:4 gegen den Erstligisten.

Das Glücksshirt

Den Wechsel 2011 nach Bielefeld, hatte man Markus von Ahlen zu verdanken. Die beiden Trainer lernten sich kennen als Stefan Krämer des Öfteren das Training der A-Jugend von Bayer Leverkusen beobachtete, bei der Markus von Ahlen von 2007 bis 2008 Trainer war. Nachdem Markus von Ahlen als Cheftrainer in Bielefeld vorgestellt wurde, entsann er sich an einen Bekannten und fragte ihn, ob er ihm nicht als Co-Trainer nach Bielefeld folgen wolle. Viele Arminen meinten deswegen nach dem Wechsel des Trainers und dem langsam wiederkehrenden Erfolg, leicht spöttisch, dass die Verpflichtung von Markus von Ahlen doch etwas Gutes hatte. Zuerst wahrscheinlich aus finanziellen Gründen und dann doch aus Überzeugung, entschied sich also die Vereinsführung den Mainzer als Hauptamtlichen Trainer zu übernehmen. Die ersten drei Punkte seit langer Zeit, wurden schon im zweiten Spiel gegen Offenbach eingefahren. Da Krämer sehr abergläubisch ist und zu dem Zeitpunkt ein kurzes T-Shirt trug, entschied er sich dazu dieses solange zu tragen, bis der DSC ein Spiel verlieren würde. Und so stand er beispielsweise in Chemnitz bei 3°C Außentemperatur mit seinem Glücksshirt an der Seitenlinie.

Krämer reißt das Ruder herum

Der nächste Erfolg ließ nicht langeauf sich warten und es entwickelte sich eine positive Serie, die erst am 17. Spieltag unterbrochen werden konnte, nachdem man sich gegen den späteren Absteiger Carl Zeiss Jena, in einer umkämpften und mit nicht immer nachvollziehbaren Schiedsrichterentscheidungen gespickten Partie, mit 3:4 geschlagen geben musste. In die Winterpause ging die Elf um Coach Krämer mit einem 5:2 Sieg gegen den VfB Stuttgart II und so standen unter dem Strich lediglich 2 Niederlagen und satte 21 Punkte. Die Rückkehr aus der Winterpause verlief dagegen nicht zufriedenstellend. Das erste Spiel verlor man in Aalen mit 3:1 und auch das dritte Spiel ging mit 1:3 gegen den SV Sandhausen verloren. In vielen Spielen verschenkte man einen oder sogar drei Punkte durch Unaufmerksamkeiten und so fand man sich relativ zügig wieder an der magischen Grenze zu den Abstiegsplätzen wieder. Der negative Höhepunkt war der 33. Spieltag, als man mit 5:0 in Unterhaching abgeschossen wurde. Jetzt war der Trainer wieder gefragt und er reagierte. Zum einen gab es intensive Gespräche mit der Mannschaft und zum anderen strich Krämer den Spielern sämtliche freie Tage. Dies sollte Wirkung zeigen, denn am darauffolgenden Spieltag besiegte man den seit 16 Spieltagen ungeschlagenen Chemnitzer FC, überragend mit 3:1. Den Klassenerhalt machte man am vorletzten Spieltag, mit einem 2:1 gegen Carl Zeiss Jena, perfekt.

"Die Haare lasse ich mir von einer Bekannten schneiden"

Für viele Arminen ist Stefan Krämer inzwischen so was Ähnliches wie ein Messias, der den sportlichen Erfolg in die Leineweberstadt zurück gebracht hat. Er gilt als sehr uneitel, Zitat: "Die Haare lasse ich mir von einer Bekannten schneiden" und ist für jeden Spaß zu haben. So wollte er nach einem Spiel, falls man gewinnen würde, wie in alten Zeiten als DJ auflegen. Des Öfteren trifft man ihn auch auf dem Spielzaun an, wenn er den Arminia-Bielefeld-Wechselruf anstimmt. Auch seine unaufgeregte, freundliche Art kommt überall sehr gut an. Fragt man vor der Südtribühne die Fans, was sie an ihrem Trainer besonders mögen, so hört man häufig, dass es seine Art den Fußball zu leben und seine meist zu 100% treffenden Spielanalysen sind. Auch wenn es in dieser Saison nicht mehr gereicht hat oben mitzuspielen, kann man sich sicher sein, dass Stefan Krämer alles da dran setzen wird, um mit seiner Mannschaft in der kommenden Spielzeit eine weitaus wichtigere Rolle in der Liga zu spielen. Die Weichen dafür wurden gestellt.

Man hat endlich wieder eine Mannschaft die sich einspielen konnte und bis jetzt keine Abgänge von Stammspielern zu verzeichnen hat. Einen im positiven Sinne verrückten Trainer, der sich für den Fußball aufopfern würde ("Ohne Fußball ist immer blöd"). Die Schulden werden in naher Zukunft, durch die Gründung einer eigenständigen Stadiongesellschaft, fast halbiert.
Und in den Verein ist eine Ruhe eingekehrt, die man seit Jahren nicht mehr kannte.

Die Zeichen stehen auf Aufbruch.


FOTOS: Manuel Grosenick, Sven Rech

   

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