Heskamp: "So etwas Extremes habe ich noch nie erlebt"
Im Interview mit liga3-online.de spricht Halles Sportdirektor Ralf Heskamp über die turbulente letzte Saison, die Kaderplanung, Zuschauer bei Testspielen und beim Saisonstart sowie neue Konkurrenten.
Zwei bis drei Neue sollen noch kommen
liga3-online.de: Die letzte Saison war für den Halleschen FC turbulent. Bis zum Ende ging es gegen den Abstieg und zwischenzeitlich gab es eine Serie von 13 Spielen ohne Sieg. Wie kam es zu einer so großen Krise, Herr Heskamp?
Ralf Heskamp: Das hatte mehrere und ganz verschiedene Gründe. Verletzungspech, unglückliche Schiedsrichterentscheidungen und letztlich sicherlich auch der Kopf spielten eine immens große Rolle. So etwas Extremes habe ich – und ich bin ja mittlerweile schon viele Jahre im Geschäft – noch nie erlebt.
Die Ansprüche des HFC sind eigentlich ganz andere. Dennoch überwog schlussendlich die Freude über den Klassenverbleib, oder?
Definitiv. Wir hatten zwar bis zur Winterpause noch das Ziel vor Augen, oben anzugreifen und im Aufstiegsrennen ein Wörtchen mitzureden – schließlich waren wir nach der Hinserie Tabellenvierter. Aber wenn man dann solange nicht gewinnt, sogar auf einen Abstiegsplatz abrutscht und nach dem letzten Spieltag nur zwei Zähler vor der Abstiegszone rangiert, ist man natürlich vor allem erleichtert.
Die Kaderplanung läuft nun auf Hochtouren, einige Zu- und Abgänge stehen bereits fest. Worauf liegt der Fokus bei der Kaderzusammenstellung?
Bei uns gibt es einen größeren Umbruch. Primär ging es in den vergangenen Wochen darum, die abgewanderten Leistungsträger zu ersetzen. Unter anderem mit den zu Dynamo Dresden gewechselten Sebastian Mai und Pascal Sohm haben uns in Offensive und Defensive wichtige Akteure verlassen. Wir haben es aber bereits geschafft, die meisten Kaderlücken zu schließen. Beispielsweise haben wir Sören Reddemann vom Chemnitzer FC und Julian-Maurice Derstroff vom SSV Jahn Regensburg zwei Neuverpflichtungen zu uns holen können, die wir unbedingt haben wollten.
Wie viel wird noch passieren bis zum Ende des Transferfensters Anfang Oktober?
Zwei bis drei neue Spieler täten dem Kader schon noch gut, sowohl qualitativ als auch quantitativ. Allerdings lassen wir uns nicht treiben. Etwaige Entscheidungen sollten sich als richtig erweisen. Wir beobachten den Markt und schauen, wie schnell sich etwas ergibt.
Wie ist der Stand bei Stürmer Terrence Boyd: bleibt oder geht er?
Uns ist bewusst, dass Terrence Boyd ein begehrter Spieler ist und von einigen Vereinen umworben wird. Aber er hat noch einen Vertrag bis Juni 2021, den wir gerne vorzeitig verlängern würden. Wir befinden uns in Gesprächen mit dem Spieler und ich gehe davon aus, dass er auch in der anstehenden Saison bei uns spielt.
Fans beim Auftakt? "Wahrscheinlichkeit wohl nicht allzu groß"
Bei einigen der derzeit stattfindenden Testspiele sind wieder Zuschauer zugelassen. Wie bewerten Sie das?
Es ist schön, dass punktuell wieder Fans bei den Spielen zuschauen dürfen. Das sorgt für eine komplett andere Atmosphäre und auch finanziell ist es für die Vereine wichtig – obwohl wir bisher nur auf neutralem Boden gespielt haben. Alle Beteiligten im Fußball hoffen, dass wir bald wieder in Richtung Normalität gehen können.
Glauben Sie, dass zum Saisonstart in der 3. Liga am 18. September Zuschauer zugelassen sein werden?
Das ist schwierig vorauszusagen, weil es vom weiteren Verlauf der Pandemie und von den daraus resultierenden Entscheidungen der Politik abhängt. Ich würde es natürlich begrüßen, wenn direkt zum Auftakt unsere Fans mit zum Derby beim 1. FC Magdeburg reisen könnten. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit wohl nicht allzu groß.
Halle gehörte in der letzten Spielzeit ursprünglich zu den Aufstiegsaspiranten, nachdem der HFC in der Vorsaison auf Platz vier gelandet war. Wie sehen die Ziele für die kommende Saison aus?
Um konkrete Ziele zu formulieren, ist es noch zu früh. Wir müssen erst einmal abwarten, wie sich die Konkurrenz personell aufstellt und wie unser Kader letztlich aussieht. Der erste Spieltag findet erst in einem Monat statt. Die Liga wird auch 2020/21 brutal ausgeglichen sein; wie in all den zurückliegenden Jahren. Entweder man spielt um den Aufstieg oder gegen den Abstieg, ein Tabellenmittelfeld gab es zuletzt kaum.
Finden Sie, dass die Konkurrenz in der 3. Liga mit den sechs neuen Klubs noch einmal stärker geworden ist?
Das kann ich jetzt noch nicht beurteilen und wird sich erst zeigen. Es sind auf jeden Fall einige finanzstarke Vereine dazugekommen, die auf dem Transfermarkt sehr aktiv sind und sicher nicht den Anspruch haben, nur die Klasse zu halten. Aber Letzteres trifft ja in der 3. Liga fast schon traditionell bei beinahe allen Klubs zu. (lacht)