Klein im Interview: "Brauchen Spieler, die durchs Feuer gehen"

Hinter Hansa-Sportdirektor Uwe Klein liegen anstrengende Wochen: In der Winterpause vollzog der 45-Jährige bei der Kogge einen personellen Umbruch: Acht Spieler, darunter Talent Max Christiansen, Leistungsträger David Blacha und Routinier Jörg Hahnel gingen, sieben neue Spieler kamen. Beim ersten Drittliga-Spiel im neuen Jahr gegen Wiesbaden schafften es fünf Spieler auf Anhieb in die Startelf und fuhren mit dem 2:1-Auswärtserfolg den ersten Sieg seit Anfang November ein. Im Interview mit liga3-online.de erklärt Klein, wie er auf neue Spieler aufmerksam wird, ob es ein Problem ist, wenn neue Spieler ein Jahr ohne Spielpraxis sind und ob es im kommenden Sommer angesichts von 20 auslaufenden Verträgen einen erneuten Umbruch geben könnte.

liga3-online.de: Hallo Herr Klein. Das Transferfenster ist seit Montagabend geschlossen. Jetzt können Sie erstmal durchatmen, oder?

Uwe Klein: Ja, ich bin jetzt auch erst einmal froh, dass es geschlossen ist, denn es war schon eine sehr anstrengende Zeit. Zwischen Weihnachten und Neujahr hat das Telefon nie stillgestanden.

Wie dürfen wir uns Ihren Alltag während der Transferperiode vorstellen?

Es beginnt morgens mit telefonieren und endet abends mit telefonieren. Das Telefon steht eigentlich keine zwei Minuten still.

Wie werden Sie auf neue Spieler aufmerksam?

Erstens schaut man sich den einen oder anderen Spieler, den man kennt und weiß, dass das einer für uns sein könnte, selbst an. Parallel dazu werden uns natürlich unheimlich viele Spieler angeboten, wo dann auch etwas Interessantes dabei sein kann. Wenn das der Fall ist, macht man sich weiter schlau und versucht seine Kontakte zu nutzen, um Informationen über den Spieler zu erfahren: War er verletzt, wie ist er charakterlich … Das hat eben unheimlich viel mit telefonieren zu tun. Gerade aufgrund unserer finanziellen Situation muss man sich darum natürlich sorgfältig kümmern, weil wir es uns nicht erlauben können, Fehleinkäufe zu tätigen.

Wie kam der Kontakt zu dem in Deutschland noch eher unbekannten Sabrin Sburlea zustande?

Ein Kontakt aus meinem Netzwerk hat mir diesen Spieler vorgeschlagen und ich habe ihn mir auf Video angeschaut. Was er da gezeigt hat, war in diesem Fall sehr ansprechend und hat uns dann dazu bewogen, den Spieler zum Training einzuladen. Sabrin Sburlea hat dann umgehend zugesagt, was uns zeigt, dass er unbedingt wollte. Er hätte ja auch sagen können: ‘Ich bin ehemaliger rumänischer Nationalspieler, warum soll ich ein Probetraining machen? ‘ Er ist aber hergekommen, hat sich reingehauen und war sofort in die Gruppe integriert. Zudem versteht und spricht er auch Deutsch, was uns auch sehr wichtig ist, damit die Integration schnell vorangeht. Im Training hat er uns dann überzeugt.

Dann war es also kein Problem, dass er ein Jahr ohne Spielpraxis war?

Nein, in dem Fall nicht, da wir ja die Möglichkeit hatten, uns den Spieler anzuschauen. Er war mit im Trainingslager, hat die Testspiele bestritten, hat das gezeigt, was er kann und so waren Karsten Baumann und ich schließlich angetan und haben uns dazu entschieden, dieser Spieler zu verpflichten.

Was aber auch ganz klar ist: Wenn diese Spieler schon ein Jahr Spielpraxis hätten und in ihren Vereinen absolute Stammspieler wären, würde wir diese Spieler nicht bekommen. Wir müssen schauen, dass wir Spieler finden, die in unser Muster hineinpassen. Ich glaube, dass die, die wir dazu genommen haben, auch genau da hineinpassen.

Sieben neue Spieler kamen, acht Spieler gingen. War dieser Umbruch nötig, um überhaupt eine Chance auf den Klassenerhalt zu haben?

Ich denke ja – da sind wir uns hier auch alle einig. Was Niederlagen anbetraf, ist der Pegel nur in diese eine Richtung ausgeschlagen. Da ist man dann in einen Sog hineingezogen worden, sodass wir einfach für eine gewisse Auffrischung sorgen mussten. Es waren auch einige Spieler dabei, die, wie Jörg Hahnel, von sich aus gesagt haben: ‚Ich kann das nicht mehr und ich will das auch nicht mehr: Seit sieben Jahren spielen wir hier gegen den Abstieg‘. Er wollte auch einfach mal wieder an positive Dinge denken. Ich glaube, dass viele dabei gewesen sind, die mit den Negativerlebnissen zu kämpfen hatten und sich dann anderweitig entschieden haben. Daraus haben sich für uns Möglichkeiten ergeben wieder neue Spieler verpflichten zu können.

Sie sprechen den Abgang von Jörg Hahnel an: Wie schwer, auch menschlich gesehen, wiegt dieser Abgang?

Jörg ist natürlich ein, wie man immer so schön sagt, alter Haudegen. Er ist ein Profi durch und durch gewesen und hat sich immer in den Dienst der Mannschaft gestellt. Wenn er diesen Schritt geht, dann hat er sich diesen natürlich auch lange überlegt. Das zeigt einfach seinen Charakter, wenn er dann sagt: ‚Ich kann einfach nicht mehr. Der Verein liegt mir am Herzen und ich will jetzt hier auch nicht im Wege stehen. Aus diesem Grund würde ich darum bitten, den Vertrag aufzulösen. ‘ Dann haben wir uns mit dem Trainerteam zusammengesetzt und haben darüber gesprochen, ob wir diesem zustimmen oder nicht. Wir mussten dann natürlich auch schauen, welche Möglichkeit wir haben, um diese Position neu zu besetzen. Am Ende haben wir dem Wunsch von Jörg dann entsprochen.

 

Teil 2: Klein über die Abgänge von Blacha und Christiansen:

© Hansa Rostock

Neuzugang Nummer sieben (Marcel Kofler) wurde erst am Dienstag offiziell vorgestellt. Wie lief dieser Last-Minute-Transfer genau ab?

Wir hatten mit Christian Stuff noch einen Innenverteidiger, der uns kurzfristig verlassen hat. Zudem waren wir ohnehin auf der Suche nach einem Defensivspieler, weil es in der Hinrunden nicht daran gescheitert ist, dass wir zu wenige Tore schießen, sondern dass wir zu viele kassiert haben. Aus diesem Grund haben wir uns entschieden, dass wir gerade im Bereich der Abwehrspieler noch etwas machen müssen. So kam der Transfer von Marco Kofler zustande.

Wie können die Abgänge von Max Christiansen und David Blacha aufgefangen werden?

Max ist noch ein sehr junger und entwicklungsfähiger Spieler, den wir sehr gerne behalten hätten. In unserer Lage war die Entscheidung, ihn abzugeben, leider alternativlos. Es ist schwierig von einem 18-Jährigen zu erwarten, in solch einer Situation eine Mannschaft konstant führen zu können. Ich bin mir aber sicher, dass er seinen Weg gehen wird.

Bei David war es ähnlich wie bei Jörg Hahnel: Er wollte den Verein verlassen, weil er der Meinung war, er könne uns nicht mehr helfen. Wenn ein Spieler unseren Weg nicht weiter mit uns gehen will, macht es auch keinen Sinn, ihn dazu zu zwingen, hierzubleiben. In unserer Situation brauchen wir Spieler, die mit uns durchs Feuer gehen wollen.

Im kommenden Sommer laufen gleich 20 Verträge aus. Dazu enden auch die drei Leihgeschäfte. Gibt es im Sommer – auch bei Erreichen des Klassenerhalts – einen erneuten Umbruch?

Soweit denke ich in der jetzigen Situation noch nicht. Wir haben ein Spiel gespielt und sollten zunächst gut daran tun, uns voll auf die kommenden Aufgaben zu fokussieren. Was dann kommt, werde ich parallel dann schon in die Wege leiten. Ich glaube, dass wir die schwierige Situation im Winter hier im Verein gut gemeistert haben. Das werden wir im Sommer auch wieder schaffen.

Bist die ersten Gespräche aufgenommen werden, dauert es also noch ein wenig.

Derzeit stehen wir ja noch unter dem Strich. Aus diesem Grund gibt es derzeit auch überhaupt keinen Grund, über Vertragsverlängerungen zu sprechen. Wir werden uns die Spiele anschauen und sehen, wie die Jungs Gas geben. Mit guten Leistungen kann man sich sicherlich für einen neuen Vertrag empfehlen. Aber jetzt benötigen wir erstmal die nötigen Punkte.

Zum Abschluss noch eine Frage zum sportlichen Bereich: Schafft der F.C. Hansa auf absehbare Zukunft die Rückkehr in die 2. Bundesliga?

Wer sich zum jetzigen Zeitpunkt mit solch einem Thema befasst, ist hier komplett fehl am Platz. Wir stecken mitten im Abstiegskampf und sollten uns darauf konzentrieren, so schnell wie möglich Punkte zu holen, um den Klassenerhalt zu sichern. Alles andere sind Visionen. Die Fans können natürlich gerne mal träumen, aber die, die in der Verantwortung sind, wissen ganz genau, wie steinig der Weg in die 2. Liga ist. Ich kenne das noch aus der Zeit bei Fortuna Düsseldorf. Wichtig für uns ist es jetzt erst einmal, dass wir von den unteren Plätzen wegkommen und dass wir jetzt Punkte holen, um die Ligazugehörigkeit in diesem Jahr zu schaffen. Für alles andere ist noch Zeit.

Vielen Dank für das Interview!

   

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