Fortuna-Kapitän Flottmann: Der Aufstieg fühlt sich fremd an

Am Sonntag startet der Aufsteiger Fortuna Köln in die Drittligasaison, allerdings ohne den Kapitän. Daniel Flottmann schuftet nach seinem Kreuzbandriss seit über zwei Monaten in der Reha für sein Comeback. Bei den dramatischen Aufstiegsspielen gegen die U23 des FC Bayern München war der Abwehrchef zum Zuschauen verdammt. Im Interview mit liga3-online spricht der 29-Jährige jetzt über die Rolle als Zuschauer, Existenzängste in der Kabine und das Feiern auf Krücken.

Herr Flottmann, zweieinhalb Monate ist es nun her, dass Sie sich das linke vordere Kreuzband gerissen haben. Wie verläuft bislang der Heilungsprozess? 

Ich bin bislang absolut zufrieden. Auch die Ärzte und Physiotherapeuten haben mir versichert, dass ich auf einem guten Weg bin. Alles was ich zur Heilung beisteuern kann versuche ich selbstverständlich umzusetzen und wenn ich am Ende des Tages mein Programm komplett durchziehen konnte, gibt mir das ein gutes Gefühl.

Die Fortuna steckt mitten in der Vorbereitung auf die anstehende Drittliga-Saison. Inwiefern schmerzt es lediglich in der Zuschauerrolle zu stecken?

Das Kribbeln und die Vorfreude das jetzt innerhalb der Mannschaft herrscht, würde ich natürlich auch gerne spüren. Schlimmer war die Situation aber am Ende der letzten Saison und in den Relegationsspielen als die Spannung kaum zu ertragen war. Jetzt nehme ich die Situation als Zuschauer schon ein wenig anders war und kann dem Ligastart entspannter entgegenblicken.

Wie häufig erwischen Sie sich selber dabei, dass Sie an den 3. Mai zurückdenken und sich fragen: Warum gerade ich?

Es weniger die Frage warum gerade mir das passiert ist. Verletzungen gehören nun mal zum Fußball dazu und ich bin ja auch nicht der erste Spieler der sich kurz vor einem Saisonhöhepunkt verletzt. Ich erwische mich aber häufig dabei, dass ich mir überlege was ich in der Situation als die Verletzung passierte hätte besser machen können. Diese Gedanken sind jetzt für mich bei der Arbeit in der Reha zusätzliche Motivation, damit mir so eine Verletzung nicht noch einmal passiert.

Sie haben sich damals praktisch ohne Einwirkung des Gegners das Kreuzband gerissen. Im Anschluss sind Sie aber nicht direkt in ein Krankenhaus gefahren, sondern haben die restliche Zeit des Spiels auf der Bank gesessen und sogar noch als Wasserträger die Mannschaft unterstützt. War Ihnen zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht bewusst, dass es ein Kreuzbandriss sein könnte?

Nein, überhaupt nicht. Ich bin wahrscheinlich auch viel zu naiv um mir so etwas vorzustellen. Unser Physiotherapeut Christian Osebold wusste wohl insgeheim schon, dass es ein Kreuzbandriss sein könnte, wollte aber keine Panik verbreiten. An dem Tag hätten wir schließlich Meister werden können und das im Derby gegen Viktoria Köln. Bevor ich mich in so einem Spiel auswechseln lasse, muss das Bein schon ab sein.

Was waren Ihre ersten Gedanken als der Befund zwei Tage später feststand?

Natürlich war es für mich erst einmal ein Schock und dieser Zustand hat mich dann auch so schnell auch nicht losgelassen. Ich habe es anfangs gar nicht verstanden und wusste auch nicht direkt, was die Verletzung ab sofort für mich persönlich bedeutet.

Zu diesem Zeitpunkt waren Sie und die Mannschaft total fokussiert auf den Aufstieg – Durch die Verletzung war klar, dass Sie im Saisonfinale nicht mithelfen können. Wie lange haben Sie gebraucht diese persönliche Enttäuschung zu verarbeiten und den Zustand der Hilflosigkeit zu akzeptieren?

Eine Art „Leere“ von der so viele Sportler nach so einer schweren Verletzung berichten habe ich gar nicht gespürt. Ich war auch nie alleine, die Mannschaft und alle Menschen um das Team herum haben mich immer unterstützt. Trotzdem sieht man dann die Kollegen, die sich auf den Tag vorbereiten, auf den man selber knapp zwei Jahre hingearbeitet hat. Das ist dann schon eine doppelte Bestrafung.

Viele Sportler schotten sich nach so einer schwerwiegenden Verletzung erst einmal komplett ab. Sie haben weiterhin den Kontakt zum Team gesucht und die Mannschaft bei jedem Spiel unterstützt. Wie schwer ist Ihnen das gefallen?

Die Angst etwas verpassen zu können ist bei mir viel schlimmer. Das ist wahrscheinlich auch der Grund weshalb ich früher auch immer zur Schule gegangen bin obwohl ich krank war. Ich wusste, wenn ich mich zu Hause einschließe würde, mache ich mir zu viele Gedanken. Ich hab deshalb ganz bewusst den Kontakt zur Mannschaft und den Fans gesucht. Unangenehm waren dabei nur die mitleidigen Blicke der Menschen im Stadion. In diesen Momenten fühlst du dich einfach nur schlecht. Ich wollte aber den Jungs signalisieren, dass sie weiter Gas geben sollen. Wir hatten ja schließlich noch Ziele. Den Moment der sicheren Meisterschaft wollte ich einfach nicht verpassen und war froh dabei gewesen zu sein.

Die Situation bei der Fortuna war ja vor den Aufstiegsspielen besonders speziell – Bei einem Misserfolg hätte sich der Investor verabschiedet und annähernd alle Spieler hätten den Verein wohl verlassen – Nicht nur die sportliche, sondern auch Ihre persönliche Zukunft lag ein stückweit in der Hand Ihrer Mitspieler. Ein unangenehmes Gefühl?

Ich hatte großes Vertrauen in die Mannschaft, weil ich wusste wie professionell und fokussiert die Jungs arbeiten. Am Ende ist ja auch alles gut gegangen. Aber ich hoffe, dass keiner mehr bei uns in der Mannschaft so eine Situation erleben muss. Die Existenzängste, die viele Spieler bei uns in dieser Zeit durchlebt haben, konnte man in der Kabine spüren. So etwas gehört zum Fußball einfach nicht dazu.

Teil 2: Flottmann über den Aufstieg in München und sein Alltag nach der Verletzung

 

FOTO: Yannick Bakic

 

   

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