Euphorie ? "Alemannia Aachen besitzt ganz besondere Fans"

19.342 Zuschauer feierten am vergangenen Samstag ihre Alemannia trotz des Remis gegen Borussia Dortmund II am heimischen Tivoli. In Aachen kann man nach den ersten drei Spielen von einem guten Saisonstart sprechen. Nach 5 Punkten aus den ersten drei Spielen kann man ein erstes kleines Fazit abgeben. Bereits zweimal konnte die Alemannia einen Rückstand ausgleichen und beweist damit, dass Moral und Einsatz im Team keine Fremdwörter sind. Der bis jetzt starke Kapitän Albert Streit ist in hohem Maße mitverantwortlich für die bis jetzt ungeschlagenen Aachener – und steht mit Timmy Thiele mit zwei Toren ganz oben auf der Torschützenliste der „Kartoffelkäfer“.
"Gänsehaut gegen Dortmund II"
Bedenkt man, dass noch vor 2 Monaten die Alemannia ohne eine komplette Mannschaft die Reise in die dritte Liga antrat– die Lizenz noch nicht in der Tasche -, so ist dieser Saisonstart eine kleine Sensation. Die Fans zahlen es zurück und die Alemannia kann sich auf ihre treuen Anhänger verblasen. Bereits beim ersten Heimspiel gegen Wacker Burghausen kamen 15.552 Zuschauer. Damit liegt die Alemannia bereits knappe 8.000 Zuschauer über dem kalkulierten Schritt. André Schäfer, Pressesprecher der Alemannia sagt gegenüber liga3-online.de:„Generell muss man festhalten, dass die Alemannia ganz besondere Fans besitzt, die auch in weniger erfolgreichen Zeiten zum Verein halten. Darauf sind wir sehr stolz. Momentan merken die Zuschauer einfach, dass dort auf dem Platz ein echtes Team steht, mit dem man sich hervorragend identifizieren kann. Über den Zuschauerzuspruch freut sich bei uns jeder einzelne. Das war Gänsehaut pur gegen Borussia Dortmund II.“
Per Gutachten aus dem Aufsichtsrat
Klingt alles nach einem runden Sache und Friede – Freude – Eierkuchen, wäre da nicht die jüngste Entwicklung hinter den Kulissen. Das Präsidium um Dr. Meino Heyen wirft dem Aufsichtsratmitglied Horst Rambau Vertrauensbruch vor. Genaueres ist bis jetzt nicht bekannt. Diskutiert wird in Aachen allerdings das Vorgehen Heyens: Per Gutachten hatte man Rambau abgesetzt, während dieser im Urlaub weilt. Viele Alemannen erinnern sich umgehend an Ex-Präsident Horst Heinrichs und Ex-Geschäftsführer Bernd Maas. Heinrichs warf man vereinsschädigendes Verhalten vor, da er eine private Quittung falsch abgerechnet habe. Konfrontiert wurde er mit diesen Vorwürfen aber erst Jahre später. Wie in einer Erklärung der Interessengemeinschaft der Alemannia-Fans und Fanklubs e.V. zu lesen ist, hatte man das zuständige Gremium, den Verwaltungsrat zwar konsultiert und um die Abberufung Rambaus ersucht, aber der Verwaltungsrat wollte aufgrund mangelnder Belege keine Entscheidung treffen.
Streitfrage Geschäftsführer
Hintergrund des Konfliktes scheint die Position des Geschäftsführers Frithjof Kraemer zu sein. Präsident Dr. Heyen will unbedingt den Vertrag mit Kraemer verlängern und verknüpft sogar sein weiteres Engagement an dessen Verbleib. Rambau gilt als großer Kritiker Kraemers, der seit Januar 2007 bei der Alemannia ist. Kraemer steht bei Teilen der Fans und Sponsoren in der Kritik. Auch namhafte Spielerberater warfen dem Geschäftsführer Stillosigkeit und eine schlechte Zahlungsmoral vor. Kraemer ist darüber hinaus mitverantwortlich für die Finanzierung des neuen Tivolis, die sich bereits nach kurzer Zeit als viel zu ambitioniert entpuppte. Nur knapp schrammte man Ende 2009 an der Insolvenz vorbei und konnte sich auch ein Jahr später nur dank der Pokalspiele gegen Eintracht Frankfurt und Bayern München über Wasser halten.
Präsidium hüllt sich in Schweigen
Im Zuge der im letzten Moment geglückten Umfinanzierung unter maßgeblicher Hilfe der Stadt Aachen wurden auch Stimmen aus der städtischen Politik und Verwaltung laut. Lob und Dank für eine gute Zusammenarbeit blieben Kraemer vorenthalten. Ebenfalls unglücklich ist Kraemers Umgang mit den Fans. Nachdem Fans von Eintracht Frankfurt am Tivoli ihren Aufstieg auf dem Rasen feierten, sprühten Polizisten aus „Vorsicht“ Pfefferspray in die Aachener Fanblöcke. Kraemer lobte die Einsatzkräfte nach dem Spiel für einen gut gemachten Job. Zum Jahresende läuft Kraemers Vertrag nun aus und im August steht im Aufsichtsrat seine Vertragsverlängerung auf der Tagesordnung. Dass nun einer seiner größten Kritiker in den Gremien auf diskussionswürdige Art und Weise seines Amtes enthoben wurde, hat einen faden Beigeschmack. Zu den Gründen hüllt sich das Präsidium weiterhin in Stillschweigen, obwohl man Rambau bereits von der Webseite hat entfernen und aus dem Handelsregister hat austragen lassen. Am kommenden Wochenende, wenn die Alemannia die Kickers aus Offenbach auf dem Tivoli empfängt, wird Horst Rambau aus dem Urlaub erwartet. Auf seine Äußerungen darf man gespannt sein. Auch wird es zu hinterfragen sein, ob das Präsidium mit diesem Schritt nicht dem Ruf Rambaus und dem Ruf Alemannias geschadet hat – gerade wo halbwegs Ruhe und Euphorie Einzug gehalten haben.
FOTO: Friedrich Jeschke