Einwurf! Der liga3-online.de-Talk – Ausgabe 5

Nach der Saison ist vor der Saison. Trotzdem, oder gerade deswegen, werfen wir einen Blick auf die abgelaufene Spielzeit. Im “Einwurf” werden in den kommenden Tagen insgesamt sechs verschiedene und zum Teil sehr brisante Themen diskutiert. Mit dabei Chefredakteur Julian Koch sowie die Redakteure Markus Ehrlich, Henning Klefisch, Christoph Lesk  und Uli Hebel. Sie erhalten dabei prominente Unterstützung vom ehemaligen Drittliga-Trainer Wolfgang Wolf. Heute diskutiert das liga3-online.de-Plenum das Thema "Zweiten Mannschaften in der 3. Liga: Fluch oder Segen?"

Es gibt in England ein System mit einer Nachwuchsliga, in dem die zweiten Mannschaften seperat in einer eigenen Liga unter sich spielen. Das finde ich perfekt. Ich denke, dass die zweiten Mannschaften die dritte Liga auf Dauer kaputt machen. Erstens bringen sie keine Zuschauer und sind sehr, sehr unattraktiv für TV-Sender und Sponsoren. Man muss auch von einer Wettbewerbsverzerrung sprechen, da immer mal wieder Spieler aus den ersten Mannschaften herunter gezogen werden. Das ist dann ein Nachteil für die anderen Vereine der Liga.

Ich sehe keine Vorteile bei zweiten Mannschaften der Bundesligisten in der 3. Liga. Henning sagt das vollkommen richtig: Warum macht man das nicht wie in anderen Ländern auch, dass jeder Bundesliga-Verein eine zweite Mannschaft stellen muss? Die spielen parallel zu den Bundesligisten, z.B. morgens um 11 oder 12 Uhr gegeneinander. Erst die Reserven und dann mittags die „Ersten“. Da würde ich einen ganz neuen Wettbewerb schaffen, wo die Reserven eine Liga untereinander für sich haben. Das Interesse der Zuschauer für zweite Mannschaften innerhalb der dritten Liga scheint einfach nicht da zu sein, traditionellerweise.

Ja, rein von den Zuschauern her betrachtet, ist das wohl so. Wobei: Teilweise haben die Reserven aber auch mehr Zuschauer, als bei einigen ersten Mannschaften der Liga. Die Teams sind aber sicher nicht so attraktiv – da habt ihr schon Recht. Eines sei aber gesagt: Dortmund und Bayern sind sicher Ausnahmen – da gibt es doch eine sehr aktive Fanszene. Zur Ehrenrettung will ich auch sagen, dass es vielleicht auch wenig föderlich ist, wenn die Spiele der zweiten Mannschaften parallel zu denen der Profimannschaft laufen. Wenn die Spiele nicht parallel waren, z.B. beim BVB, dann waren durchaus viele Zuseher dabei. Am ersten Spieltag in Osnabrück waren es immerhin knapp 1000. Man müsste es aber schon irgendwie begrenzen, sodass man keine Liga bekommt, ausschließlich aus zweiten Mannschaften, ähnlich wie in Liga 4. Im Moment kann man gerade so damit leben, wie es ist.

Ich widerspreche dann mal wieder. Zuschauer-technisch scheint das schon so zu sein, da habt ihr nicht ganz Unrecht. Ich denke aber, die anderen, übrigen Vereine sind da gar nicht so traurig, allein wegen der TV-Gelder. Außerdem ist es sportlich überhaupt nicht unattraktiv – im Gegenteil. Die zweiten Mannschaften spielen immer einen schönen Ball – oft schöner als viele erste Mannschaften der Liga. Man versucht sich ja Spieler für die ersten Mannschaften zu züchten – gerade die Mannschaften mit Zweitvertretung in der dritten Liga sind ja bekannt für Spielkultur. Das genannte Beispiel mit der U23 Reserve Premier League ist ein sehr gutes. In England kommt gar kein Wettbewerbsgedanke auf, davon ist immer wieder zu lesen – das ist ein riesen Vorteil in Deutschland. Viele Spieler nehmen den Wettkampf-Spirit mit, wenn sie einmal nach oben gehen. Das ist gut für die ersten Mannschaften, also letzlich auch für den deutschen Fußball. Wir entwickeln Spieler unter absoluten Wettberwsbedingungen. Man muss sich nur einmal ansehen, wieviele Spieler, die einst für Bayern II spielten, in den deutschen (teils auch ausländischen) Profi-Ligen unterwegs sind.

Ich gebe Uli zu 100 % in allen Punkten Recht. Es ist genauso. Die zweiten Mannschaften sind eher Chance als Fluch, vor allem, weil sie das Niveau heben. Es ist gar nicht verwerflich, dass ab und an ein Spieler von „oben“ mal „unten“ Spielpraxis sammelt, beispielsweise nach einer Verletzung. Das ist deren gutes Recht. Die Reserve-Teams haben sich den Aufstieg sportlich gesichert. Deshalb darf ein zweites Team doch so hoch wie möglich spielen. In England tut man den Nachwuchsspielern keinen Gefallen – dort interessiert sich niemand für den Spielbetrieb der Reserve Premier League. Das sieht für mich eher aus wie ein Abstellgleis. Es ist so wie Uli sagt: Unsere jungen Spieler haben die Möglichkeit sich früh mit gestandenen Profis zu messen. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: Die positive Entwicklung der letzten Jahre im deutschen Fußball liegt mit daran, dass Profi-Mannschaften in der dritten Liga spielen dürfen. Das ist nur ein Faktor, aber ein wichtiger, in der verbesserten Jugendarbeit.

Es ist ein schwieriges Thema. Wenn man eine eigene Liga für die zweiten Mannschaften macht, sehe ich es nicht so wie Uli. Die Spieler würden schon einem Wettbewerb unterliegen. Sie wollen sich ja schließlich auch für höhere Aufgaben empfehlen. Das aktuelle System ist aber keineswegs so schlimm. Julian sagt es doch richtig: Wenn es soweit käme, dass es zu viele werden, müsste man einschreiten. Das Zuschauerinteresse an den Reserven ist schon auch einfach gering – das beweisen die Statistiken. Aber: Sportlich ist es durchaus wichtig, dass jungen Spieler sich früh messen können. Das ist eine sehr gute Grundlage und ein Grund, warum es gut bei den Nachwuchsmannschaften des DFB  läuft. Und die erwähnten TV-Gelder sind natürlich auch gerne gesehen, bei den übrigen Teams der Liga. Es ist in Ordnung, wie es derzeit läuft. Uli hat doch recht, das Spiel von Dortmund II kann mich sich schon anschauen….

 

FOTO: Flohre Fotografie

   
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