Dotchev im Interview: "Habe unter der Freistellung gelitten"

Im Interview mit liga3-online.de spricht der ehemalige Hansa-Trainer Pavel Dotchev über seine frühzeitige Freistellung im Januar, die ersten Wochen danach, seine eineinhalb Jahre in Rostock und Pläne für die Zukunft.

[box type="info"]"Jungs haben sich zu viel Druck gemacht"[/box]

liga3-online.de: Ihr Ende bei Hansa Rostock verlief kurios. Erst wurde bekannt, dass Ihr Vertrag nach Saisonende nicht verlängert wird, aber bis dahin mit Ihnen weitergearbeitet wird. Am nächsten Tag wurden Sie mit sofortiger Wirkung freigestellt. Nehmen Sie doch einmal dazu Stellung, Herr Dotchev.

Pavel Dotchev: Ich war überrascht und enttäuscht, dass der Verein mir nicht das Vertrauen geschenkt hat und mich dann doch sofort loswerden wollte. Den F.C. Hansa mit seinem hervorragenden Umfeld und den tollen Fans habe ich in den letzten eineinhalb Jahren ins Herz geschlossen. Der abrupte Abschied tat daher besonders weh. Aber so ist es nun einmal leider im Fußballgeschäft heutzutage. Die Amtszeiten von Trainern sind meist sehr kurz, weil die Vereine sehr schnell reagieren, wenn es sportlich nicht rund läuft. Das ist zwar meiner Meinung nach nicht immer richtig, aber ich muss es akzeptieren.

Sie konnten die Entscheidung der Vereinsverantwortlichen, einen neuen Trainer zu holen, also nicht nachvollziehen?

Nein, das war für mich unverständlich. Sicherlich haben wir keine gute Hinserie gespielt, das ist nicht wegzudiskutieren. Aber ich war zu 100 Prozent davon überzeugt, dass die Rückrunde erfolgreicher wird. Wir hatten im letzten Sommer wieder einen größeren Umbruch mit 15 neuen Spielern und 16 Abgängen. Andere ambitionierte Vereine wie der 1. FC Kaiserslautern und Eintracht Braunschweig hatten eine ähnliche Fluktuation im Team und auch dort wurden die Erwartungen bisher nicht erfüllt. Bei uns kam auch noch Verletzungspech hinzu, weil Schlüsselspieler wie Kapitän Oliver Hüsing zu Saisonbeginn monatelang ausfielen. Es braucht häufig nun einmal Zeit, ehe man mit einem neu zusammengestellten Team Erfolg hat. Aber diese Zeit bekommt man wie gesagt nicht. Das ist schade.

Der F.C. Hansa hatte vor Saisonbeginn das klare Ziel, um den Aufstieg mitzuspielen. Den Ansprüchen liefen Sie mit Ihrem Team aber weit hinterher. Hat sich der Verein möglicherweise zu hohe Ziele gesteckt?

Der Aufstieg war ein ambitioniertes, aber kein unerreichbares Ziel. Dass wir nicht ganz oben mitmischen konnten und unsere Hausaufgaben nicht gemacht haben, lag neben der hohen Fluktuation in der Mannschaft und unseren Verletzungssorgen auch daran, dass sich die Jungs zu viel Druck gemacht haben, wenn es einmal nicht lief. Hatten wir einen positiven Trend, dann haben wir auch guten und erfolgreichen Fußball gespielt. Nach Punktverlusten kam ein Schlendrian rein. Aber auch diesbezüglich war ich optimistisch, dass wir das in den Griff bekommen würden.

 

[box type="info"]"War müde und leer"[/box]

Glauben Sie, dass der Aufstieg für Rostock in dieser Saison noch möglich ist?

Das wird schwierig. Ich halte es eher für realistisch, dass der F.C. Hansa wieder eine ähnliche Platzierung wie in der letzten Saison erreicht. Da wurden wir Sechster – und das war übrigens ein großartiger Erfolg für uns. In der vorherigen Spielzeit hatte Rostock gegen den Abstieg gekämpft. Mit einem beinahe komplett neuen Team haben wir es dann geschafft, Stabilität reinzubekommen und mit dem Abstieg nichts mehr zu tun zu haben. Aber klar: Dass die Ansprüche nach einer so stabilen, erfolgreichen Saison dann weiter steigen, ist normal.

Wie würden Sie die Zeit in Rostock nun rückblickend beschreiben?

Es waren schöne, erfolgreiche eineinhalb Jahre bei einem Verein mit riesigem Potential. Ich denke, dass sich mein Punkteschnitt von 1,67 sehen lassen kann. Nicht viele ehemalige Hansa-Trainer können da mithalten. Die Arbeit in Rostock hat mir sehr viel Spaß bereitet. Dass ich das im Mai 2017 angefangene Projekt nicht zu Ende bringen durfte, macht mich selbstverständlich traurig. Wir konnten das vorhandene Potential nicht voll ausschöpfen. Es wäre mehr drin gewesen.

Seit Anfang Januar sind Sie nun vereinslos. Wie waren die letzten Wochen für Sie?

Anfangs war ich nicht nur enttäuscht, sondern auch müde und leer. Ich habe unter der plötzlichen Freistellung gelitten und versucht, erst einmal Abstand zu gewinnen. Das war aber nicht einfach. An den Wochenenden, wenn gespielt wurde, war ich immer unruhig. Insgesamt habe ich es aber dennoch geschafft, mich ein wenig zu erholen und zur Ruhe zu kommen. Jetzt bin ich schon wieder bereit für etwas Neues. Es kribbelt und ich bin heiß auf eine neue Aufgabe.

Wie sehen nun Ihre Pläne aus?

Konkrete Pläne habe ich nicht. In meiner Position als Profitrainer bin ich darauf angewiesen, dass Stellen frei werden und Vereine Interesse an mir zeigen. Der Trend geht zwar immer mehr dahin, junge, dynamische Trainer zu verpflichten. Aber ich mache mir trotzdem keine Sorgen. Ich war bisher fast überall erfolgreich und bin selbstbewusst genug, um zu sagen, dass ich das auch bei meinem nächsten Verein sein werde.

   

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