Dotchev: "Auszeichnung für jahrelange harte Arbeit"

Im Interview mit liga3-online.de spricht Drittliga-Rekordtrainer Pavel Dotchev über seine bisherige Reise durch die 3. Liga, schöne Momente und schlechte Erinnerungen sowie Ziele mit seinem Verein Viktoria Köln.

"Die 3. Liga wird von Jahr zu Jahr stärker"

liga3-online.de: Seit März sind Sie mit mittlerweile 247 Spielen Rekordtrainer der 3. Liga. Wie stolz macht Sie das, Herr Dotchev?

Pavel Dotchev: Das macht mich schon stolz, weil es nicht selbstverständlich ist, sich so lange erfolgreich im schnelllebigen Fußballgeschäft zu halten. Es gibt unzählige Trainer auf dem Markt, die top ausgebildet sind und von einem Job im Profifußball träumen. Die Konkurrenz ist groß. Der Sprung auf Platz eins im Rekordtrainer-Ranking ist auch eine Auszeichnung für jahrelange harte Arbeit mit vielen positiven wie negativen Emotionen.

Viktoria Köln ist bereits Ihre sechste Trainerstation in der 3. Liga. Man kann schon sagen, dass Sie eine besondere Beziehung zur Liga haben, oder?

Das stimmt. Aber es ist nicht so, dass ich von Anfang an das Ziel verfolgt habe, Rekordtrainer in der 3. Liga zu werden. Ich hatte immer den Anspruch, so hoch wie möglich tätig zu sein. In der 2. Bundesliga habe ich aber leider nie wirklich die Chance erhalten, mich langfristig zu beweisen. Noch ist es dafür aber nicht zu spät.

Welche Station würden Sie als Ihre bisher schönste bezeichnen?

Ich hatte fast überall eine schöne Zeit – natürlich mit Höhen und Tiefen. Der SC Paderborn war mein "Baby", dort habe ich meine Spielerkarriere beendet und meine Trainerkarriere begonnen. Sowohl in Paderborn als auch bei Rot-Weiß Erfurt und Preußen Münster hatte ich Erfolg. Aber auch in Rostock war ich gerne tätig, dort war vor allem die Fanunterstützung überwältigend. Umso mehr war ich darüber traurig, dass es dann ziemlich plötzlich zum Abschied kam. Der einzige Klub, bei dem ich nie richtig angekommen bin, war der SV Sandhausen. Dementsprechend kurz war auch meine Amtszeit dort.

Was waren Ihre erfolgreichsten Momente in der 3. Liga?

Die Aufstiege mit Paderborn und Aue bleiben unvergessen. In Münster waren wir sehr nah dran am Aufstieg, in der Saison 2012/13 fehlte bloß ein Punkt. Das war auch eine unglaubliche Saison – mit leider unglücklichem Ende. Insgesamt überwiegen auf jeden Fall die positiven Erlebnisse und ich habe jeden einzelnen Sieg in der 3. Liga genossen.

Gab es auch Ereignisse aus Ihrer Drittligazeit, die Sie lieber aus Ihren Erinnerungen streichen würden?

Natürlich, auch negative Erfahrungen gehören zum Fußball dazu. Spontan fällt mir das DFB-Pokalspiel mit Paderborn gegen den Hamburger SV im Jahr 2004 ein, das von Schiedsrichter Robert Hoyzer verpfiffen wurde und Teil eines riesigen Wettskandals war. Auch die Freistellungen in Rostock und Münster zählen nicht gerade zu meinen schönsten Erinnerungen. (lacht) Aber wie gesagt: Das Positive überwiegt und lässt mich negative Erlebnisse größtenteils ausblenden.

Was macht die 3. Liga Ihrer Meinung nach aus?

Die 3. Liga wird von Jahr zu Jahr stärker und entwickelt sich sportlich gesehen stetig weiter. Es spielen viele gute Fußballer in der Liga. Dabei macht es die Mischung aus erfahrenen Profis, die auch schon höherklassiger am Ball waren, und vielversprechenden Talenten. Hinzu kommt, dass in der 3. Liga zahlreiche Traditionsvereine kicken, was die Liga attraktiver macht. Das einzige große Problem ist, dass jeder Klub aus wirtschaftlicher Sicht so schnell wie möglich aus der 3. Liga raus muss. Die Ertragschancen im Vergleich zu den Kosten sind in der 3. Liga eher gering. Das hat auch zur Folge, dass der Leistungsdruck für die Vereine von Jahr zu Jahr steigt.

 

Aufstieg mit der Viktoria?

Mit Viktoria Köln schafften Sie in der letzten Saison den Klassenverbleib, am Ende stand Platz zwölf zu Buche. Wie fällt Ihr Saisonfazit aus?

Da muss ich ein wenig ausholen. (lacht) Es war eine schwierige und turbulente Saison, die damit anfing, dass wir nach dem späten Aufstieg nur wenig Zeit für die Kaderplanung hatten. Das Team ist dann zum Großteil gleich geblieben, viel wurde nicht verändert. Uns war bewusst, dass wir einzig und allein um den Klassenverbleib spielen werden. In Umfragen vor Saisonbeginn waren wir Absteiger Nr. 1 und ich hatte das Gefühl, dass wir unterschätzt werden. Wir haben dann aber schnell bewiesen, dass wir attraktiven Fußball spielen und das Zeug haben, uns in der 3. Liga zu etablieren.

Dann kam aber eine Serie von 13 Spielen ohne Sieg.

Das ist richtig. Wir hatten Verletzungssorgen und gerieten in eine Negativspirale. Ich bin froh, dass im Verein jeder Ruhe bewahrt hat und mir das Vertrauen geschenkt wurde. Die Winterpause kam uns dann gelegen. So konnten wir uns sammeln und einige neue Spieler verpflichten. Bis zur Corona-Pause haben wir dann nur noch ein Spiel verloren – und das gegen den späteren Meister FC Bayern München II (2:4, Anm. d. Red.).

Mit dem Re-Start begann die sicher stressigste Zeit Ihrer bisherigen Trainerlaufbahn.

Definitiv. Auch für mich als erfahrener Trainer war diese Situation Neuland. In so kurzer Zeit elf Spiele zu absolvieren, ist brutal. Wir hatten mehr Spiele als Trainingseinheiten – deshalb habe ich spaßeshalber vom "Corona-Cup" gesprochen. Insgesamt haben wir diese intensive und nervenaufreibende Aufgabe aber mit Bravour bestanden. Besonders in den letzten Partien, in den wir schon den Klassenverbleib sichergestellt hatten, war ich stolz auf unsere Jungs. Wir haben in Spielen gegen Teams, für die es noch um etwas ging, Gesicht bewahrt und bis zum Saisonende durchgezogen. Schlussendlich haben wir die Spielzeit vor ambitionierten Vereinen wie Magdeburg und Halle abgeschlossen. Damit können wir hochzufrieden sein.

Wo soll die Reise für Viktoria Köln in der kommenden Saison hingehen?

Ziele in Form von Tabellenplatzierungen mag ich nicht. Das ist in der 3. Liga wie Lotto spielen. (lacht) Ich sage immer: Man muss sich verbessern, um gut zu bleiben. Unser Anspruch ist es, das Team weiterzuentwickeln und dann werden wir sehen, wo unser Weg hinführt.

Welche Ziele verfolgen Sie persönlich noch als Trainer? Wollen Sie die 300 Spiele in der 3. Liga knacken?

Anstatt die 300 Spiele zu erreichen, würde ich lieber innerhalb der nächsten beiden Jahre mit Viktoria Köln in die 2. Bundesliga aufsteigen. Wobei: Wenn wir in der kommenden Saison erneut nicht absteigen und danach aufsteigen, habe ich sogar beides erreicht. (lacht) Spaß beiseite: Im Fußball ist es schwer, langfristig zu planen. Daher lasse ich sportlich alles auf mich zukommen. Das Wichtigste ist ohnehin, dass meine Familie und ich gesund bleiben und wir alle gemeinsam diese schwierige Zeit, durch die wir gerade gehen, irgendwann hinter uns lassen können.

   

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