Die besten Spiele der Saison: Platz 20 bis 4

Diese Spielzeit war komisch, keine Frage. Aber sie war bis zur letzten Sekunde hochspannend und so torreich wie noch nie. Das sind beste Voraussetzungen, um unsere jährliche Topliste zu füllen: Wir haben wieder die 20 mitreißendsten, spannendsten, kurzweiligsten, schlicht besten Spiele der Saison gesucht. Bevor wir euch unsere Treppchenplätze vorstellen, blicken wir auf die Plätze 4 bis 20.

Den Auftakt macht eine Partie, deren Voraussetzungen kaum unterschiedlicher hätten sein können: Halle begegnete Waldhof Mannheim nicht nur mit Neu-Trainer Florian Schnorrenberg an der Seitenlinie, sondern mit der Last von 13 Spielen in Folge ohne Sieg, während der Aufsteiger bis zu dieser Begegnung am 31. Spieltag seit zwei Jahren in einem Ligaspiel auswärts ungeschlagen war. Schon früh in der Partie hätte ein möglicher Elfmeter für die Gäste den Bestand der Serien wahren können, doch – aus Hallenser Sicht glücklicherweise – kam es anders: Toni Lindenhahn versenkte in der ersten Halbzeit einen Freistoß direkt, der HFC verdiente sich die Führung und Terrence Boyd und Julian Guttau erhöhten im Verlauf der zweiten Hälfte. Während Halle den ersten Sieg nach einer gefühlten Ewigkeit feierte, fuhr der Waldhof erstmals in der Saison ohne Punkte zurück nach Mannheim.

 

Torreich wurde auch das nächste Spiel in unserem Ranking, allerdings fielen die Treffer von Marcus Piossek und Willi Evseev zum 3:0-Endstand erst in den letzten fünf Minuten. Das Highlight des Spiels war ein anderes und kam von Deniz Undav – von wem auch sonst? Nach zwölf Zeigerumdrehungen bewies der wichtigste Spieler der Emsländer Erfolgssaison, dass in ihm ein echtes Schlitzohr steckt: Aus 50 (!) Metern fasste sich Undav ein Herz, weil er Keeper Nico Mantl zu weit vor seinem Kasten sah – und versenkte mithilfe des rechten Innenpfosten in die Maschen. "Sicher Tor des Monats", kommentierte Undav seinen rekordverdächtigen Treffer, die Abstimmung läuft noch. Und beinahe hätte der Stürmer bei der Wahl gegen sich selbst antreten müssen: Bei einem zweiten Versuch aus 40 Metern zielte Undav aber im zweiten Durchgang derselben Partie knapp vorbei.

 

Es war ein schmaler Grat zwischen tristen Heimspielen des Aufsteigers aus Baden und dem einen oder anderen Spektakel. Letzterer Kategorie durfte eindeutig das 4:3 gegen den Chemnitzer FC am 20. Spieltag der Saison 2019/20 zugeordnet werden. Zunächst waren die Himmelblauen die bessere Mannschaft und ließen sich auch vom 1:0 durch Mounir Bouziane nach zehn Minuten nicht beirren: Rafael Garcia und Philipp Hosiner drehten die Begegnung rasch auf 2:1, dann glich Ex-Chemnitzer Kevin Conrad aus, dann schlug Hosiner wieder zu – und rührte wie Serge Gnabry beim Torjubel mächtig im Kochtopf. Was für eine erste Halbzeit! Aber Mannheim, das sich daheim bis dato eher selten mit Ruhm bekleckert hatte, bewies Moral und schaffte durch ein herrliches Tor von Maurice Deville das 3:3 (53.). Als das Remis fast besiegelt schien, schlug die Stunde des glücklosesten Drittliga-Stürmers: Kevin Koffi, bis dahin in 19 Spielen trotz bester Chancen ohne Treffer, stand goldrichtig und schoss Mannheim mit Festtagsstimmung in die Winterpause.

 

Mit fünf Gegentoren endete auch das (kurze) Kapitel des zweiten Hallenser Trainers dieser Saison: Ismail Atalan, der auf Torsten Ziegner folgte und den Absturz stoppen sollte, wurde nach einer 1:5-Niederlage beim FSV Zwickau und nur fünf Punktspielen schon wieder von seinen Aufgaben entbunden. Fraglos war dies der Tiefpunkt der wechselhaften HFC-Saison, die allerdings ein versöhnliches Ende fand. Die Gastgeber hingegen – das stellte sich erst am Saisonende heraus – brauchten jedes Tor für den Ligaverbleib, und so tat der Fünferpack gegen überforderte Hallenser besonders gut. Allein drei Tore bereitete René Lange vor.

 

Oft war die SG Sonnenhof in ihrem Abstiegsjahr knapp unterlegen, nicht aber an diesem Wintertag. Vielleicht hatte Würzburg aufgrund des Hinspielergebnisses noch ein Hühnchen zu rupfen mit dem Dorfklub, schließlich hatte dieser früh in der Saison einst mit 3:0 am Dallenberg gewonnen. Doppelt so hoch fiel das Rückspiel aus: Maximilian Breunig, zweimal Fabio Kaufmann, einmal Dominic Baumann, einmal Ex-Großaspacher Saliou Sané und einmal Niklas Hoffmann machten aus dem Auswärtsspiel am Montagabend ein "Spiel, Satz, Sieg!" für Würzburg.

 

Nach dieser Partie war klar, dass Sascha Hildmann als Trainer des 1. FC Kaiserslautern keine Zukunft mehr haben würde. Sechs Tore kassierte ein in der Defensive desolater FCK beim SV Meppen, Auflösungserscheinung wurden deutlich. Viel gibt es über diese Begegnung kaum zu sagen, außer, dass es für Meppen das vielleicht grandioseste Spiel der jüngeren Vereinsgeschichte und für die Roten Teufel das zugleich größte Debakel war. Der Vollständigkeit halber noch kurz die Torschützen: Valdet Rama (3.) traf zur Führung, die Florian Pick egalisierte (11.). Statt des moralischen Vorteils brach Lautern in der Folge auseinander: Hassan Amin (19.), Luka Tankulic (26.) sowie nach dem Seitenwechsel Markus Ballmert (52.), nochmals Rama (61.) und Florian Egerer (81.) schossen den Kantersieg heraus. Sechs Meppener Tore ohne Deniz Undav – ja, auch das gab es in dieser Wahnsinns-Saison.

 

Nach dem 1:6 in München erhielt Halle-Coach Torsten Ziegner noch eine weitere Bewährungschance. Doch das Dilemma der Hallenser setzte sich noch weiter fort, abermals fiel die Defensive der Mitteldeutschen völlig auseinander. Mit 5:3 gewann die SpVgg Unterhaching an ihrem wohl freudigsten Nachmittag einer erneut schwachen Rückrunde. Und ein Akteur, der vor einigen Jahren noch Drittliga-Torjäger war, dürfte sich an diese Zeit zurückerinnert haben: Dominik Stroh-Engel traf gleich vier Mal! Allerdings nur dreimal ins richtige Tor – als es zwischenzeitlich 3:1 für Haching stand, hatte der Routinier sämtliche Treffer inklusive dem für den HFC erzielt.

 

Das erste Halbjahr des FCK verlief erst ziemlich dürftig, ehe Lautern unter Boris Schommers in den finalen Wochen des Jahres das Gaspedal völlig unerwartet durchdrückte und mit fünf Siegen am Stück die vordere Tabellenhälfte erklomm. Inmitten des schwachen Auftakts aber zeigten die Pfälzer gegen Bundesligist Mainz 05 eine starke Leistung und belohnte sich für diese – wenn auch mit etwas Glück. Mehr als 40.000 Zuschauer bildeten die würdige Kulisse für das Südwestduell, in das sich Lautern zunächst hineinarbeiten musste, Mainz vergab Chancen, ehe der FCK mutiger wurde und Paroli bot. Zur Führung brauchte es dann allerdings einen unberechtigten Elfmeter: Timmy Thiele hatte beim Schussversuch den Gegner getroffen, war dann gefallen – eine klare Fehlentscheidung. Manfred Starke traf (63.), später machte Florian Pick mit dem 2:0 alles klar (90. +2).

 

Eine formstarke Bayern-Reserve traf auf einen Halleschen FC, der erst träge und dann verunsichert von einem Aufstiegsplatz bis tief in die Krise und den Abstiegskampf stürzte – für Torsten Ziegner, Trainer der Mitteldeutschen, kam an diesem Abend so ziemlich alles zusammen. Wie man sich in einen Rausch spielen kann, zeigte der Nachwuchs des Rekordmeisters auf eindrucksvolle Art und Weise. Auch Liga-Torjäger Kwasi Wriedt ließ es sich nicht nehmen, die ersten beiden Treffer zum halben Dutzend beizusteuern.

 

Es war der ultimative Kaltstart in die Saison: Aufsteiger Viktoria Köln reiste frohen Mutes zum Auswärtsspiel nach Rostock – stimmungsvoller kann das Unterfangen 3. Liga kaum beginnen. Das Problem: 20 Minuten lang lauschten auch die elf Spieler offenbar gebannt den Klängen des Ostseestadions, fingen sich in dieser Zeit aber bereits drei Gegentore. Ein Eigentor des Bernard Kyere (9.) sowie Treffer von Pascal Breier (13.) und Aaron Opoku (19.) brachten die Kogge-Fans früh in Hochstimmung – es lief fast zu gut, mochte sich manch Skeptiker denken. Und sie sollten recht behalten: Albert Bunjaku netzte schnell zum 1:3-Anschluss (27.), was der Viktoria Aufwind gab und den verschlafenen Auftakt vergessen ließ. Kevin Holzweiler (49.) legte den Anschluss nach, und nach gut einer Stunde hatte Bunjaku das 0:3 schon egalisiert. Hätte danach ein Team – egal welches – noch den Siegtreffer erzielt, diese Partie wäre zu 100 Prozent in unserer Top-3-Auswahl gelandet.

 

Das muss man erst einmal schaffen: Viktoria Köln, das nach einem starken Endspurt viel früher als gedacht den Klassenerhalt im Drittliga-Premierenjahr festgezurrt hatte, servierte den Fast-Aufsteiger aus Würzburg am vorletzten Spieltag mit 5:1 ab. Statt einer Aufstiegsparty, für die man sich im Lager der Mannen vom Dallenberg zumindest gerüstet haben dürfte, gab es eine Pleite, die zum Nachdenken anregte. Dabei stand es zur Pause noch torlos, erst nach dem Seitenwechsel und einem kräftigen Gewitterschauer düsten die Viktorianer wie Speedbote durch den Höhenberg, während Würzburg wortwörtlich baden ging. Mike Wunderlich erwischte mit zwei Tore und zwei Vorlagen den wohl besten Tag einer überragenden Saison.

 

Begegnungen mit etlichen Toren wurden für uns fast zur Normalität. Liebe Drittligisten, macht gerne weiter so! Zu den sieben Toren im Grünwalder Stadion kamen am 29. Februar noch satte 13 gelbe Karten – der Tag, den es nur alle vier Jahre einmal gibt, hatte ein Spiel mitgebracht, das einer ähnlichen Rarität glich. Chemnitz führte schnell mit 2:0, zur Pause stand es 1:2, ein Löwen-Doppelschlag brachte nach einer vollen Stunde den Zwischenstand von 3:2. Doch CFC-Torjäger Philipp Hosiner glich aus, vieles deutete auf ein 3:3-Remis hin. Nicht aber mit Prince Owusu – der 1860-Leihstürmer von Erstligist Arminia Bielefeld köpfte in der Nachspielzeit den Siegtreffer für die Gastgeber. Ein Feiertag in blau und weiß!

 

Das Spiel selbst war gar nicht allzu besonders, doch das 3:2 über Mannheim bedeutete für Eintracht Braunschweig nicht weniger als die Rückkehr in die 2. Bundesliga nach zwei Jahren, die turbulenter nicht hätten sein können. In Erinnerung bleiben die Szenen, als sich die Mannschaft des BTSV nach dem Erfolg, zu dem Martin Kobylanski zwei Treffer beigetragen hatte, gebannt vor der Anzeigetafel des Stadions versammelte. Als der FC Bayern II schließlich dem MSV Duisburg das 2:2 einschenkte und kurz darauf Schluss war, war der Jubel grenzenlos: Die Eintracht war nicht mehr von einem direkten Aufstiegsrang zu verdrängen.

 

Am Ende der Saison erreichten beide ihr Ziel: Die einen stiegen nicht ab, die anderen auf. Doch ohne die Fahrlässigkeit der Braunschweiger hätte Zwickau den Abstieg wohl nicht mehr vermeiden können. Wie so oft in der Zeit nach dem Restart spielte der BTSV effektiv, aber nicht unbedingt aufstiegstauglich. Martin Kobylanski (45.) und Elias Huth (75.) hatten für den gerechten 1:1-Zwischenstand gesorgt, als Yari Otto in der 90. Minute den 2:1-Siegtreffer für die Eintracht erzielte. Siegtreffer? Von wegen! Denn Zwickau konterte durch Huth nicht nur im direkten Gegenzug (90. +1), sondern drehte das verloren geglaubte Spiel dank Morris Schröter noch komplett (90. +4). Wir sind von dieser kuriosen 3. Liga ja vieles gewöhnt. Aber drei Tore ab der 90. Minute? Das gab es in der Drittliga-Historie noch nie.

 

Dieser phänomenale sechste Spieltag. 46 Tore fielen insgesamt, sieben davon im wohl spektakulärsten Spiel eines Wahnsinns-Wochenendes. Aufsteiger Waldhof und Absteiger Duisburg baten zum heißen Tanz, sie hatten in den Vorwochen bereits mit attraktiven Spielen gelockt. Doch dieser Sonntag toppte alles: Mannheim führte früh mit 2:0, ehe der MSV kurios wieder herankam – SVW-Torhüter Markus Scholz hatte sich verletzt, so mussten die Zebras nur noch das leere Tor treffen, Minuten später folgte der Ausgleich. In der zweiten Spielhälfte drehten die Gäste die Partie dank Yassin Ben Balla komplett, aber Waldhof hatte durch Valmir Sulejmani (70.) und Marcel Seegert (75.) die letzten Trümpfe in der Hand und feierte einen beeindruckenden Sieg.

 

In unserer Liste der "Spiele des Jahres 2019" stand diese Begegnung noch auf dem Treppchen, nun muss sie unter anderem den kriminellen anmutenden Entscheidungen im Saisonendspurt Tribut zollen: Acht Tore fielen im Duell der Emsländer mit dem späteren Drittliga-Meister, der Anfang November allerdings noch auf dem 14. (!) Tabellenplatz stand, nicht weit entfernt von den Abstiegsrängen. 1:1 stand es zur Pause, dann ging der FCB nach 55 Minuten per Doppelschlag mit 3:1 in Führung. Doch Meppen drehte in der Schlussphase auf, traf ab der 74. Minute gleich vier Mal gegen am Ende dezimierte Gäste – es war ein Festtag für die meisten der 9.000 Zuschauer in der Hänsch-Arena.

 

Nicht ganz auf das Podest schafft es die Abstiegs-Vorentscheidung am 37. Spieltag: Zwickau empfing Chemnitz zum Sachsenderby, der CFC hätte sich mit einem Sieg sogar vorzeitig retten und den FSV in die Regionalliga befördern können. Was für eine Ausgangslage! Doch Mike Könneckes Siegtreffer in der Schlussphase – es war auch noch sein erster Saisontreffer – brachte Zwickau auf Kurs Klassenerhalt. Die Himmelblauen ließen zwar noch ein Spektakel am Schlussspieltag folgen, letztlich fehlten aber zwei Tore. Zwickau genügte dank des Derbysiegs ein torloses 0:0 in Mannheim.

Info: Die Plätze 3-1 werden bis einschließlich Freitag veröffentlicht.

   
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