Der 1. FC Magdeburg: Zu groß für die 3. Liga

Im dritten Anlauf hat es funktioniert: Der 1. FC Magdeburg spielt künftig in der 2. Bundesliga und ist damit zurück im großen Scheinwerferlicht. Es ist das Ende eines Plans, der offiziell nie bestand, aber durch sensationelle Leistungen am Stück unvermeidlich wurde. Geduld hat sich ausgezahlt – und umso spannender wird es, diesen Verein künftig weiterzuverfolgen. Ein Kommentar.

Am Morgen danach

Magdeburg wäre nicht Magdeburg, wenn es nicht ein wenig über die Stränge schlagen würde. Am Morgen nach dem Aufstieg, als die Sonne – die in der ganzen Woche schon über der Stadt an der Elbe geschienen hatte, als würde sie etwas Großes ankündigen wollen – die Fassaden allmählich erhellte, wurde das Ausmaß einer kolossalen Aufstiegsfeier ersichtlich. Am Hasselbachplatz türmte sich Schrott, Schilder wurden zerstört. Inmitten dessen torkelten die letzten Zweitligabeseelten zurück in ihre Einfamilienhäuser, in ihre Studentenwohnungen, in ihre Plattenbauten. Die Magdeburger Bevölkerung, so unterschiedlich sie sein mag, sie stand vier Jahre zusammen für ihren FCM. Ein Löwe wurde erweckt, und jetzt brüllt er: Ich bin der Größte der Welt! Und der Rest der Liga kann, mit Ausnahme des SC Paderborn, nichts weiter tun als anerkennend zu applaudieren. Was für eine beeindruckende Leistung.

Ein Bild dokumentiert die Freude

Moskovskaya stand auf dem Tisch, daneben Pfefferminzlikör, Jack Daniels und etliche Liter Bier. Das geschah nicht etwa am Hasselbachplatz oder an irgendeinem anderen Ort außerhalb des Stadions, sondern in der Kabine. Nach dem Schlusspfiff. Ein Bild dokumentiert die unglaubliche Freude eines Kaders, der zum Teil bereits vor drei Jahren das höchste aller Gefühle feiern durfte, damals nach dem Relegationsspiel bei den Kickers Offenbach. Die anderen stießen zwischen 2016 und 2018 hinzu, sie hießen Richard Weil, Tobias Schwede oder Marcel Costly. Spieler, die zuvor teils vor Hunderten von Zuschauern spielten, den FCM-Mythos aber in vollen Zügen einatmeten und nun fester Teil der Wahnsinnsgeschichte sind. Ganz vorne aber feierte Dennis Erdmann, und das verwunderte wohl nur die Wenigstens. Der Volltätowierte hat nach Dynamo Dresden und Hansa Rostock den dritten Ost-Giganten begleitet – und ist hier, an der Elbe, erstmals aus der verflixten 3. Liga aufgestiegen.

In drei Jahren auferstanden

Viele Anhänger des 1. FC Magdeburg blicken nicht nur mit Freude in die Zukunft, sondern auch in die Vergangenheit. Als der FCM höchst frustriert über die Dörfer tingelte, sich seine Zuschauer jahrzehntelang vergraulte und ansehen musste, wie Hansa Rostock und Energie Cottbus als einzige Ostvereine die ganz Großen bei sich zu Besuch hatte, war er zur Demut gezwungen. Binnen dreieinhalb Jahren hat sich Magdeburg von einem schlummernden Riesen in der Provinz in die vorderste Ebene der Ostclubs vorgearbeitet – RB Leipzig wird aus bekannten Gründen hier nicht als solcher kategorisiert. Magdeburg bekommt seine Duelle mit Dynamo Dresden, Union Berlin, Eintracht Braunschweig, Bochum und Duisburg, dem 1. FC Köln und wahrscheinlich dem Hamburger SV. Am Heinz-Krügel-Platz wird der Bär steppen, vielleicht wird jedes Heimspiel ausverkauft sein. Und auswärts werden die Blau-Weißen von noch mehr Anhängern begleitet als bisher. Zehntausend Magdeburger im Hamburger Volksparkstadion? Unrealistisch ist das nicht.

Respektable Arbeit im sportlichen Bereich

Dieser 1. FC Magdeburg ist zu groß für die 3. Liga. Das wussten alle Beteiligten recht schnell. Jetzt bekommt er die große Plattform, die sich das gesamte Führungsteam erarbeitet hat. Dafür, dass es immer an Jens Härtel festgehalten hat. Einem Trainer, der in Deutschland immer noch einen viel zu geringen Ruf für das besitzt, was er eigentlich leistet. Dafür, dass Mario Kallnik sich gemeinsam mit Maik Franz nicht von seinem Weg hat abbringen lassen, den eingespielten Teil des Kaders mit vielversprechenden Talenten aufzufüllen. Verdächtig viele von ihnen schlugen ein, obwohl Magdeburg zuvor Skepsis ertragen musste, weil besagte Spieler noch keine großen Scorerquoten oder Einsatzzeiten vorzuweisen hatten. Das zeugt von einem exzellenten Scouting, gepaart mit einer sehr homogenen Mannschaft, die es Neuankömmlingen leicht macht, sich zu integrieren.

Was macht Magdeburg aus dieser Chance?

Schauen wir gespannt auf den künftigen Zweitligisten und was er aus dieser einmaligen Chance macht. Weil der Fußballclub aus Magdeburg seine Region fest hinter sich weiß, hat er das Potenzial, sich dauerhaft in der 2. Bundesliga zu etablieren. Wie wird sich der FCM sportlich präsentieren? Surft er noch ein fünftes Jahr in Folge auf der gigantischen Welle des Erfolgs? Und wie reagiert das erfolgsverwöhnte Umfeld auf mögliche, länger andauernde Schwächephasen? Auf Abstiegskampf, sofern er Realität wird? Szenarien, an die in den kommenden Wochen gedacht werden muss, wenn der Plan für die erste Saison in der Zweitklassigkeit aufgestellt wird.

Und, um den Bogen zum Beginn zu spannen: Es wäre schön, wenn der FCM und seine Fans seine größere mediale Aufmerksamkeit weiterhin positiv nutzen. Dass einen Tag nach dem Aufstieg die Schlagzeilen von Gewalt und Zerstörung bestimmt werden, ist schade. Es soll über die fantastische Stimmung, über die tollen Choreographien berichtet werden. Denn das passt viel besser zum neuen, erfrischenden und schlichtweg attraktiven Image des 1. FC Magdeburg.

   
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