Dauerbrenner, Schiri-Glück, Edeljoker: Der Saison-Rückblick

Wer auf- und abgestiegen ist, ist hinlänglich bekannt. Wer uns überrascht, aber auch enttäuscht hat, ebenfalls. Was bleibt noch übrig von dieser merkwürdigen Saison 2019/20, außer der Erinnerung an eine ziemlich schwierige Endphase? Wir blicken in spannenden Statistiken zurück auf das vergangene Jahr in der 3. Liga.

Die Dauerbrenner

In diesem Jahr schafften es ausschließlich Torhüter, alle 3.420 möglichen Einsatzminuten in 38 Spielen zu sammeln. Johannes Brinkies (Zwickau), Jakob Jakubov (Chemnitz), Leo Weinkauf (Duisburg) und Markus Kolke (Rostock) verpassten keine Sekunde ihrer Mannschaft. Bei den Feldspielern stand nur Florian Pick (FCK) in allen 38 Spielen in der Startformation. Da er jedoch hin und wieder ausgewechselt worden ist, kommt er auf "nur" 3.130 Spielminuten. Mehr haben Jan-Hendrik Marx (Waldhof/3.294) als auch Christian Beck (Magdeburg/3.171), die ebenfalls in allen Partien zum Einsatz kamen. Vierter "Dauerbrenner" ist Simon Handle von Viktoria Köln, der auf 2.871 Minuten kommt. Die meisten Feldspieler-Minuten sammelten Marco Schuster (Waldhof) und Julian Schauerte (Münster), die in 37 Partien über die volle Distanz (entspricht 3.330 Minuten) auf dem Platz waren, sie fehlten nur wegen Gelb-Sperren.

Die Edeljoker

Auch Kevin Koffi verbuchte auf 37 Saisoneinsätze für Waldhof Mannheim. Kurios: Er brachte es währenddessen nur auf knapp 1.500 Minuten. Der Grund ist simpel, denn er ist der meisteingewechselte Drittliga-Profi. Gemeinsam mit zwei anderen Spielern wurde Koffi insgesamt 22 Mal eingewechselt. Wenig verwunderlich sind auch seine Mitstreiter Stürmer: Julius Düker (Meppen) und Petar Sliskovic (Duisburg) kamen zu ebenso vielen Teileinsätzen. Der erfolgreichste "Joker" brauchte für seine Bilanz übrigens nur fünf Einwechslungen: Luca Pfeiffer aus Würzburg erzielte in dieser Zeit drei Tore und drei Vorlagen – mehr Scorerpunkte holte kein anderer Spieler nach Einwechslung.

Glück oder Pech mit dem Schiedsrichter?

Schon seit einigen Jahren analysiert Ex-FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati für liga3-online.de die strittigen Szenen, die ihm unsere Redaktion sowie unsere Leser nach jedem Spieltag vorschlagen. Und in jedem Jahr gibt es Gewinner und Verlierer, die bei Tor-, Elfmeter- oder Feldverweis-Entscheidungen oft bevorteilt oder benachteiligt wurden. In diesem Jahr hatte der FSV Zwickau beim Klassenerhalt offenbar doppelt Glück: Er wurde nur fünfmal benachteiligt, während er von satten 19 falschen Schiedsrichter-Pfiffen profitierte, darunter sieben Tor- und zehn Elfmeterentscheidungen. Andersherum erging es der Reserve des FC Bayern. Sie wurde 14 Mal benachteiligt und war sechs Mal im Vorteil – und wurde trotzdem Meister. Auch Sonnenhof Großaspach war oft im Pech, hatte zwölf Mal mit strittigen Entscheidungen zu haderten und wurde nur zweimal begünstigt.

Tormaschine 3. Liga

Starke Defensivreihen bestimmten in der Vergangenheit das Bild der 3. Liga, in der Regel fielen meist nur rund 2,5 Tore pro Spiel und damit deutlich weniger als etwa in der Bundesliga. In diesem Jahr hat die erste Liga zwar immer noch einen kleinen Torvorteil voraus, doch unsere Spielklasse holt in Siebenmeilenstiefeln auf: Mit 1.137 Toren in 380 Spielen wurde der bisherige Allzeitrekord um satte 99 Tore verbessert. Drei Treffer fehlten lediglich für einen Schnitt von exakt drei Toren pro Spiel, so sortierten wir uns bei 2,99 Toren ein – im Vergleich zu 2,73 Buden pro Partie in der Spielzeit 2017/18, die bislang den Bestwert stellte.

Aluminium-Abonnement

Nur 33 Tore erzielte Sonnenhof Großaspach in 38 Spielen und stieg damit frühzeitig ab. Nur lag die Torarmut nicht allein an mangelnder spielerischer Klasse, im Gegenteil. Oft war es die fahrlässige Chancenverwertung, die die SGA Punkte kostete. Das zeigt auch die Aluminium-Bilanz, die Großaspach mit 23 Pfosten- und Lattentreffern vor dem MSV Duisburg (21) und 1860 München (17) anführt. Glück hatte Carl Zeiss Jena, das gleich 27 Mal von einem gegnerischen Aluminiumtreffer profitierte – und dennoch 85 Gegentore kassierte. Die Statistik zeigt: Es hätte durchaus dreistellig werden können für die Thüringer.

Torreichster Spieltag

Bislang lag der Rekord bei 41 Treffern an einem Spieltag, aufgestellt wurde er im Jahr 2009. In der abgelaufenen Saison aber pulverisierten unsere Drittligisten diesen Bestwert eindrucksvoll am 6. Spieltag: 46 Mal schweißten die Spieler einen Ball ins Netz, an dieser Messlatte müssen sich die künftigen Drittliga-Wochenenden messen. Die meisten Tore fielen beim 5:3-Auswärtssieg des 1. FC Kaiserslautern in Zwickau. Doch auch in Mannheim (4:3 über Duisburg), Braunschweig (5:2 über Würzburg) und Magdeburg (5:1 über 1860 München) gab es Spektakel zu betrachten.

Die Karten-Könige

Der KFC Uerdingen führt die Sünderkartei an: 102 Gelbe Karten, fünf Ampelkarten und einen direkten Feldverweis toppt kein anderer Klub. Die meisten Verwarnungen sammelte dabei Chemnitz (105), die meisten Gelb-Roten Großaspach (6) und die meisten Roten Karten Magdeburg mit fünf Platzverweisen. Ganz ohne Unterzahl kam im Saisonverlauf übrigens kein Drittligist aus, Hansa Rostock und Viktoria Köln stellen mit jeweils einer Ampelkarte den niedrigsten Wert. Fairster Drittligist war indes der MSV Duisburg mit nur 61 Gelben Karten, die Zebras sahen allerdings auch zweimal direkt "Rot".

 

Zehn Rekorde in der Saison 19/20

Bayern II: Die Talente des FC Bayern München II sind die Herren der Rekorde: Zum ersten Mal seit Beginn der 3. Liga krönte sich eine Zweitmannschaft zum Drittliga-Meister. Dazu waren sie der erste Aufsteiger, dem dies gelang. 76 Tore sind zudem der Bestwert für einen Aufsteiger, aber gleichzeitig hatte ein Meister nach Saisonabschluss nie weniger Punkte (65) und mehr Gegentore (60) als die Bayern.

Zuschauer: Bis zur Corona-Pause lag die 3. Liga auf Zuschauer-Rekordkurs. Im Schnitt kamen 8.699 Zuschauer pro Partie zu den Spielen, was den Vorjahres-Bestwert nach 270 Spielen im Vergleich zum bisherigen Rekord um knapp 500 Gäste erhöhte. Hochgerechnet auf alle 380 Spiele beträgt der Schnitt immer noch 6.181 Besucher/innen – und damit trotz Geisterspiele mehr, als in acht von elf Drittliga-Spielzeiten.

Trainer: Pavel Dotchev ist der neue Rekordtrainer der 3. Liga. Am 28. Spieltag übernahm er mit seinem 238. Einsatz den Spitzenplatz in der Statistik. 1860-Kollege Michael Köllner sicherte sich dagegen einen ganz anderen Rekord: Mit 14 Spielen in Folge ohne Niederlage ist der Oberpfälzer nun der Coach mit dem erfolgreichsten Start bei einer Drittliga-Mannschaft.

Jena: Das Gegenteil erlebte der FC Carl Zeiss Jena: Sechs Niederlagen in Folge zum Saisonstart, nur zwei Punkte aus den ersten 13 Partien – so wenige Zähler gab es noch nie für ein Drittliga-Team. Am 33. Spieltag stiegen die Thüringer folglich aus der Spielklasse ab, so früh wie noch kein anderer Verein.

Karten: Wie bereits erwähnt, wurde es in dieser Saison auch farbenfroh: 13 gelbe Karten in einer Partie sind dabei Rekord im deutschen Profi-Fußball und den hält 1860 München gleich doppelt. Am 25. Spieltag gab es beim Duell mit Magdeburg die 13 Verwarnungen, ein Spieltag darauf sahen die Löwen und Chemnitzer ebenso viele gelbe Karten. Die Nummer 13 holte sich dort 1860-Coach Michael Köllner ab.

MSV: Zwei Rekorde stellte der MSV Duisburg auf, über beide werden sich die Zebras wenig freuen. Noch nie stieg eine Mannschaft, die zuvor 20 Mal die Tabellenführung innehielt, am Saisonende nicht auf. Zudem ist Abwehrspieler Arne Sicker nun der Feldspieler, der den frühesten Platzverweis (4. Spielminute im Spiel gegen Jena) der Drittliga-Geschichte kassierte.

Eigentor: Über die gefallenen Tore wurde schon viel gesagt, am ärgerlichsten sind für die Klubs aber immer die Gegentreffer durch den eigenen Mann. Mit 34 Treffern aus der Kategorie "Friendly Fire" wurde der Bestwert um neun Treffer erhöht. Während Magdeburg als einziges Team nicht in die eigenen Maschen traf, bleib Jenas Marian Sarr der absolute Unglücksrabe: Er schnürte am 1. Spieltag erstmals einen "Doppelpack" ins eigene Netz. 

Mannheim: Ein Auswärtsvorteil bei Geisterspielen? Diesen vermeintlichen "Vorteil" brauchte der SV Waldhof Mannheim nicht: Der Aufsteiger blieb in den ersten 15 Spielen in der 3. Liga unbesiegt und sicherte sich damit einen weiteren Rekord. Am Ende war dennoch der FC Ingolstadt die beste Auswärtsmannschaft.

Der jüngste Spieler: David Alaba galt mit 17 Jahren und 53 Tagen lange Jahre als jüngster Spieler der Drittliga-Geschichte, nun wurde er abgelöst: Viktor Zentrich von der SpVgg Unterhaching debütierte am 37. Spieltag für die Spielvereinigung im Alter von 17 Jahren und 18 Tagen.

Schlussphase: Unfassbar viele Tore fielen in dieser Saison erst in den letzten Minuten, gar in den letzten Sekunden. Freud und Leid lagen dabei besonders in der Partie zwischen Zwickau und Braunschweig ganz nah beieinander. Erst ging der BTSV in der letzten regulären Minute in Führung, dann drehten die Schwäne die Partie noch mit zwei Treffern in der Nachspielzeit. Drei Tore nach der 90. Minute? Gab es noch nie!

   

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